• 07.10.2008 09:13

Bell: "Glauben wieder an uns selbst"

Renaults Technischer Direktor Bob Bell im Interview über den Sieg in Singapur und die Aussichten für die verbleibenden Saisonläufe

(Motorsport-Total.com) - In Singapur hat Renault endlich wieder gewonnen. Während Fernando Alonso die Umstände auf dem 'Marina Bay Circuit' optimal umsetzen und sich schließlich gegen die gesamte Konkurrenz durchsetzen konnte, erlebte Nelson Piquet erneut ein durchwachsenes Wochenende, das am Schluss in einem Ausfall mündete. Der Technische Direktor der Équipe, Bob Bell, nahm im Interview Stellung zu diesen Themen und unterstrich die große Bedeutung des Rennsieges für Renault, die unbedingt P4 in der WM erreichen möchten.

Titel-Bild zur News: Bob Bell

Endspurt: Bob Bell will mit Renault auch weiterhin die Muskeln spielen lassen...

Frage: "Bob, seit Singapur zählt auch der Renault R28 zu den Siegerautos. Das gesamte Team muss sehr stolz sein auf das Erreichte..."
Bob Bell "Genauso ist es. Zu Beginn der Saison hinkten wir mehr als eine Sekunde pro Runde hinter den Spitzenteams her. Trotzdem haben wir angekündigt, dass wir bis zum Saisonende das Auto soweit entwickeln würden, dass wir aus eigener Kraft um Podestplätze kämpfen können - genau das haben wir jetzt geschafft. Uns ist klar, dass wir McLaren und Ferrari in diesem Jahr nicht mehr überholen werden, doch wir sind in der Lage, aufs Podium zu fahren. Das halte ich für einen riesigen Entwicklungssprung und eine enorme Leistung des Teams über die gesamte Saison."#w1#

Singapur-Sieg als großer Motivationsschub

Frage: "Warum war der Renault R28 in Singapur so schnell?"
Bell: "Das lag meiner Ansicht nach an einem Zusammentreffen mehrerer Faktoren. Einer davon war die Tatsache, dass die Strecke für alle neu war und sowohl Fernando als auch unser Team extrem gut darin sind, mit neuen Herausforderungen umzugehen. Das Team kam sehr gut vorbereitet nach Singapur, sodass wir gleich das Optimum aus dem Auto herausholen konnten. Dann hatten wir ein Aerodynamik-Upgrade im Gepäck und gingen bei der Abstimmung andere Wege, was sich definitiv auszahlte. Wir machten also in allen Bereichen Fortschritte, die darin mündeten, dass unser Auto perfekt zur Strecke und zu den Bedingungen passte."

Frage: "Sicherlich spielte auch das Glück eine Rolle, aber Fernando hat die gute Strategie auch taktisch brillant umgesetzt. Wie beurteilst du seine Leistung?"
Bell: "Das war wieder der alte Fernando - einer, der niemals aufgibt, voll attackieren kann, wenn es die Rennsituation erfordert und immer das maximal Mögliche herausholt. Bei der Safety-Car-Phase hatten wir sicher etwas Glück, aber Fernando war schon das gesamte Wochenende über bei der Musik. Als das Rennen wieder freigegeben wurde, konnte er Nico Rosberg und Lewis Hamilton sofort distanzieren. Das unterstreicht die gute Performance des Autos und seine fahrerische Extraklasse."

Frage: "Was bedeutet dieser Sieg für das Team und für die Stimmung der Mitarbeiter?"
Bell: "Der Triumph in Singapur war natürlich ungemein wichtig, denn nach den beiden WM-Titeln 2005 und 2006 hatten wir eine schwierige Phase zu überstehen. Wir mussten uns neu aufstellen, neues Selbstvertrauen finden und zeigen, dass wir als Team immer noch ein konkurrenzfähiges Auto bauen und Rennen gewinnen können. Das haben wir jetzt geschafft. Dieses Ergebnis hat jedem bei Renault noch einmal einen Motivationsschub für die letzten drei Saisonrennen gegeben. Aber noch wichtiger: Wir glauben wieder an uns selbst, was im Hinblick auf das kommende Jahr sehr wichtig ist."

Renault für Japan in 'Bullish Mood'

Frage: "Nelsons Rennwochenende verlief weniger erfolgreich. Wie fühlt er sich im Moment?"
Bell: "Er hatte in Singapur Schwierigkeiten, die Streckenführung zu verinnerlichen. Vielleicht lernt er neue Strecken nicht so schnell wie Fernando, aber spätestens Samstag hat er jeden Kurs im Griff. In Singapur lag er gemessen an Fernando auf seinem üblichen Niveau. Im Qualifying hatte er jedoch Probleme und schaffte es nicht in den zweiten Teil. Daher stand ihm von vornherein ein schwieriges Rennen bevor. Doch er ist ein Kämpfer und wird sich schon in Japan zurückmelden. Sein Talent steht außer Frage, er muss bloß ein gleichmäßigeres Leistungsniveau erreichen."

Frage: "Wie bewerten Sie das erste Nachtrennen der Formel 1-Geschichte generell?"
Bell: "Ich halte es für einen fantastischen Event, und gerade für Renault lief es ja auch großartig. Es ist wichtig für die Formel 1, in dieser Region anzutreten, und einfach wundervoll, dass wir jetzt auch ein Nachtrennen haben. Alles lief glatt, und das spricht für die tadellose Leistung der Organisatoren, die wirklich tolle Arbeit leisteten. Ich glaube, die ganze Formel 1 wurde durch den Singapur-Grand Prix nachhaltig gestärkt."

Frage: "Jetzt geht es nach Fuji, wo Renault im Vorjahr Rang zwei erreichte. Wie bereitet sich das Team auf dieses Rennen vor?"
Bell: "Nach dem Sieg in Singapur fahren wir natürlich sehr optimistisch nach Fuji. Aber wir haben keine neuen Entwicklungsteile dabei oder bereiten uns irgendwie anders vor als üblich. Vergangenes Jahr haben wir erlebt, dass es in diesen Breiten jederzeit regnen kann - das könnte uns wieder in die Karten spielen."

Frage: "Vor den letzten drei Saisonrennen hat Renault fünf Punkte Vorsprung auf Toyota und liegt auf Rang vier der Hersteller-Wertung. Wie wird sich dieser Zweikampf in den nächsten Wochen entwickeln?"
Bell: "Wir müssen diesen Kampf gewinnen. Er ist für uns genauso wichtig wie das Duell um den Titel für Ferrari und McLaren. Deswegen nehmen wir ihn auch sehr ernst. Wir haben vor der Saison klar gesagt, dass wir mindestens WM-Vierter werden wollen und bis Saisonende das drittschnellste Auto im Feld stellen werden. Wir haben die Absicht, diese Ziele zu erreichen."

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