• 21.07.2011 16:55

  • von Dieter Rencken

Barrichello: "Ich habe einfach Spaß daran"

Williams-Fahrer Rubens Barrichello spricht im Interview über seine Pläne für 2012, den Nürburgring und das Fahren auf einer nassen Rennstrecke

(Motorsport-Total.com) - Für Rubens Barrichello verlief die Rennsaison 2011 bislang nicht nach Wunsch. Statt mit Williams regelmäßig um Punktepositionen zu kämpfen, findet sich der brasilianische Routinier zumeist im breiten Mittelfeld wieder, um letztendlich doch knapp die Top 10 zu verpassen. Barrichello setzt aber große Hoffungen in die Saison 2012, in der er erneut für Williams an den Start gehen möchte. In seiner Medienrunde nennt er den aktuellen Stand der Dinge bei den Vertragsverhandlungen.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello möchte auch 2012 in einem Williams-Rennauto Platz nehmen

Frage: "Rubens, sprechen wir über deine Pläne für 2012. Kannst du uns etwas Neues zu deinen Vertragsverhandlungen mit Adam Parr und Williams sagen?"
Rubens Barrichello: "Nein. Wir schickten uns Emails und machten aus, dass wir die Gespräche hier am Nürburgring fortsetzen werden. Darauf freue ich mich natürlich."

Frage: "Ist Williams deine erste Wahl für 2012?"
Barrichello: "Ja. Daran hat sich nichts verändert."

Frage: "Erwartest du, dass sich schon hier am Nürburgring etwas Konkretes ergibt?"
Barrichello: "Da bin ich mir nicht so sicher. Wir werden hier bestimmt noch nichts unterschreiben. Es geht nämlich um einen brandneuen Vertrag. Der Kontrakt würde sich auf die gleichen Grundlagen stützen wie schon die vergangenen Abmachungen, also sollte es vermutlich nicht allzu lange dauern."

"Ich habe nicht den Druck, den ich noch 2008 oder 2009 verspürte." Rubens Barrichello

"Ich befinde mich an einem Punkt meiner Karriere, an dem mir das Fahren sehr viel Spaß macht. Ich habe nicht den Druck, den ich noch 2008 oder 2009 verspürte. Damals hatte ich einige Monate lang kein Cockpit. Alles, was ich in meiner Formel-1-Karriere haben wollte, ist, wieder ein konkurrenzfähiges Auto zu haben, für das ich all mein Wissen einsetzen kann."

"Ich möchte mein Tempo dazu nutzen, um einen Angriff auf den Titel zu wagen. Ich bin nicht hier, weil ich das Geld oder dieses und jenes bräuchte. Ich will nichts weiter, sondern bin zufrieden mit meiner Freude am Fahren. Das stimmt mich insofern gelassen, als dass es eine späte Entscheidung geben könnte. Dann ist es halt so. Ich habe einfach Spaß daran, das Auto zu fahren."

Barrichello möchte bei Williams bleiben

Frage: "Es scheint recht einfach zu sein: Du würdest gerne bleiben..."
Barrichello: "Es ist wirklich recht einfach. Es sollte eine recht unkomplizierte Angelegenheit sein."

"Es wird besser." Rubens Barrichello

Frage: "Wie optimistisch bist du im Hinblick auf die kommende Saison - jetzt, wo du einige Rahmenbedingungen kennst? Siehst du eine bestimmte Richtung, in die sich das Team entwickelt?"
Barrichello: "Es wird besser. Ich fände es klasse, wenn das Auto einen großen Fortschritt machen würde. Die Motorensituation wird meiner Meinung nach besser sein."

"Der Renault-Motor ist sehr fortschrittlich. Es regnet jetzt aber richtig (ein heftiger Platzregen geht plötzlich über dem Fahrerlager am Nürburgring nieder; Anm. d. Red.)! Ich liebe solches Wetter, wenn ich im Auto sitze. Wenn es aber am Sonntag so ähnlich ist, haben wir leider keine Möglichkeit, ein Rennen zu fahren. Doch zurück zum Thema: Ich denke, die Lage wird sich deutlich verbessern."

"Es gibt drei oder vier Dinge, ein paar Probleme an diesem Auto, die ich aus meiner Erfahrung von anderen Teams erkenne. Ich sprach mit Mike (Coughlan; Anm. d. Red.) darüber und er kann es für die Zukunft verbessern. Wir kommen gut miteinander aus und liegen auf einer Wellenlänge. Kurzum: Das Fahrzeug kann besser werden. Um wie viel, das zeigt sich vermutlich erst im Februar."

"Der Verschleiß der Hinterreifen ist zu groß." Rubens Barrichello

Frage: "Die Geschwindigkeit von Williams scheint da zu sein, um in die Punkteregion vorzudringen. Woran liegt es, dass es nicht immer klappt, dies auch in die Tat umzusetzen?"
Barrichello: "Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Wir haben aber noch immer das gleiche Problem wie im vergangenen Jahr: Der Verschleiß der Hinterreifen ist zu groß. Das ist die größte Hürde, die es zu nehmen gilt."

Frage: "Konnte das Team diese Situation seit Saisonbeginn bereits etwas verbessern?"
Barrichello: "In Silverstone kam ich nicht so oft zum Reifenwechsel herein, doch von den Pneus war zum Schluss nicht mehr sehr viel übrig. Ich denke nicht, dass eine wirklich große Verbesserung eingetreten ist. Das Auto an sich ist aber schneller geworden. Daran gibt es keinen Zweifel."¿pbvin|512|3893|inside|0|1pb¿

Teamordern sind überaus frustrierend

Frage: "Kannst du dich noch an das bisher letzte Rennen auf dem Nürburgring erinnern? Damals waren sich Jenson Button und du nicht ganz grün..."
Barrichello: "Ich würde nichts anders machen. Ich tat mir leid, als ich damals nach dem Rennen aus dem Auto stieg."

"Ich tat mir leid, als ich damals nach dem Rennen aus dem Auto stieg." Rubens Barrichello

"Es hatte alles prima begonnen, denn mein Start war klasse. Ich überholte meine Rivalen und führte das Rennen an. Ich wusste: Mein Auto war spitze. Damit wäre ich mindestens Zweiter geworden, zumal Jenson ungeheuer weit zurücklag."

"Urplötzlich fand ich mich aber hinter ihm wieder, weil wir unter anderem unterschiedliche Strategien hatten. Das pisste mich tierisch an, ganz klar. Ich bin eigentlich ein ruhiger Typ. Ich lasse vielleicht mal kurz Dampf ab, doch direkt danach ist alles wieder in bester Ordnung. Damals irritierte mich diese Situation so sehr, dass es einfach aus mir heraussprudelte."

Frage: "Sprechen wir über die Situation, die Mark Webber in Silverstone widerfuhr. Ihm wurde gesagt: 'Halte deine Position' und er durfte Sebastian Vettel nicht angreifen. Wie schwierig ist es in einem solchen Augenblick, professionell zu bleiben und eine solche Anweisung zu befolgen?"
Barrichello: "Ganz ehrlich: Jeder behauptet doch von sich, professionell zu sein und Anweisungen zu befolgen, die im Interesse des Teams liegen. Ich glaube, niemand fühlt sich gut, wenn er Anweisungen befolgen muss."

"Ich war enttäuscht, um ehrlich zu sein." Rubens Barrichello

"Mark sah, dass er zurücklag, gleichzeitig witterte er seine Chance. Du musst tun, was du tun musst. Ich war oft genug ein Teamplayer und konnte mich damit arrangieren. Bei anderen Gelegenheiten hatte ich das Gefühl, dass sie nicht das Recht hatten, mir so etwas anzutun. Ich war enttäuscht, dergleichen im Rennen von Silverstone zu sehen, um ehrlich zu sein."

Frage: "Welche Situation ist schlimmer: 'Lass deinen Teamkollegen vorbei' oder 'Halte deine Position'?"
Barrichello: "Das ist doch das Gleiche."


Fotos: Rubens Barrichello, Großer Preis von Großbritannien


Frage: "Wenn du deinen Teamkollegen überholen lassen sollst, bekommt das die Öffentlichkeit wenigstens mit..."
Barrichello: "Damals mit Michael fiel das nur auf, weil ich ihn in der letzten Kurve passieren ließ. Hätte ich es acht Runden eher getan, hätte man geglaubt, ich hätte ein Problem oder dergleichen. Es ist auf jeden Fall frustrierend, wenn du mit deiner Frage darauf hinauswolltest."

Wird in Ungarn 2011 mehr überholt?

Frage: "Es regnet noch immer. Sprechen wir einmal darüber, wie man das Auto unter solchen Bedingungen kontrolliert. Wie schwierig ist es, am Nürburgring im Nassen zu fahren?"
Barrichello: "Es ist eigentlich nicht gar so wild, doch es gibt auf dieser Strecke an manchen Stellen kleine Flüsschen. Ich kann mich spontan nicht daran erinnern, dass es irgendwo größere Pfützen oder dergleichen gab, wenn es regnete. Unterm Strich ist es eh immer rutschig."

"Wenn ich mich nicht irre, wäre Jenson beinahe auf den Tribünen gelandet." Rubens Barrichello

Frage: "Kurve eins ist hier im Nassen immer eine neuralgische Stelle..."
Barrichello: "Das war damals aber nur der Fall, weil wir nicht damit gerechnet hatten, dass es derart nass sein würde. Wir kamen mit Vollgas in dieser Passage an. Wenn ich mich nicht irre, wäre Jenson beinahe auf den Tribünen gelandet. Da waren wohl auch die falschen Reifen für diesen Zeitpunkt drauf."

Frage: "Wie würdest du den Nürburgring einschätzen? Lässt sich die Strecke mit anderen Kursen aus dem Rennkalender vergleichen?"
Barrichello: "Auf dem Nürburgring ist eine gute Aerodynamik gefragt. Die Geschwindigkeiten sind aber nicht so hoch, weil die Kurven ziemlich direkt aufeinander folgen. Eine falsche Linienwahl kann dir zum Beispiel gleich zwei Kurven zunichte machen."

Frage: "Unterhalten wir uns noch ein bisschen über Budapest, wo die Formel 1 in einer Woche zu Gast ist. Wie wird sich der Grand Prix dort gestalten, wenn du die jüngsten Regeländerungen bedenkst?"
Barrichello: "Aufgrund der Reifensituation sollten wir in Ungarn deutlich mehr Überholmanöver sehen. Die Pneus werden auf diesem Kurs ziemlich stark beansprucht."

"Hast du dort keine gute Balance, wird es schwierig. Ich denke, dadurch ergeben sich mehr Möglichkeiten. Es sollte viel unterhaltsamer werden als Monaco. Dort stehen die Reifen zwar nicht so sehr im Fokus, aber selbst mit dem verstellbaren Heckflügel war da nicht viel zu machen. In Ungarn sollten wir mehr Freude am Fahren haben."