Alonso gewinnt Chaos-Grand-Prix in Australien

Dramatik pur im Albert Park: Alonso gewinnt vor Räikkönen und Ralf Schumacher - Crash von "Schumi" - Safety-Car viermal auf der Strecke

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2006 hält weiterhin, was von den Verantwortlichen versprochen wird - und wie: Im idyllischen Albert Park im Herzen von Melbourne entschied Weltmeister Fernando Alonso heute bei bewölkten Bedingungen eines der spannendsten Autorennen der vergangenen Jahre für sich. Von der ersten bis zur letzten Runde wurde beim Grand Prix von Australien Action und Dramatik geboten.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Jubelpose: Fernando Alonso ist auf dem besten Weg zu seinem zweiten Titel...

Renault-Pilot Alonso hatte seine Nase auf der Ziellinie 1,8 Sekunden vor Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes), der ganz zum Schluss in 1:26.045 Minuten noch die schnellste Runde fuhr, und 24,8 Sekunden vor Überraschungsmann Ralf Schumacher (Toyota) auf Platz drei. Insgesamt wurden nur 13 von 22 gestarteten Teilnehmern gewertet, wobei eigentlich nur zwölf durchkamen, weil Jenson Button (Honda) etwa zehn Meter (!) vor der schwarz-weiß karierten Flagge ausrollte.#w1#

Dramatik schon vor dem eigentlichen Start

Schon vor dem eigentlichen Start zeichnete sich das vielleicht chaotischste Rennen aller Zeiten in Melbourne ab, als Juan-Pablo Montoya beim Anwärmen der Reifen in der Aufwärmrunde auf der Start- und Zielgerade einen Dreher fabrizierte. Gleichzeitig riss Giancarlo Fisichella (Renault) in der ersten Startreihe die Hände in die Luft, weil er seinen Motor abgewürgt hatte. Das Feld ging daraufhin in eine zweite Aufwärmrunde, die Gesamtdistanz wurde auf 57 Runden verkürzt.

Montoya pflügte rechtzeitig vor dem Start auf seinen Startplatz nach vorne, während Fisichella aus der Box ins Rennen gehen musste. Vorne behauptete Polesetter Button mit einigen Metern Luft hinter sich seine Führung vor Alonso, doch dahinter ging es ordentlich zur Sache: Die "Silberpfeile" bekämpften sich über mehrere Kurven, während der Platz im Mittelfeld noch knapper wurde und sich einige Autos in und nach der ersten Kurve ins Gehege kamen.

Die ersten Leidtragenden dieses Tumults waren Jarno Trulli (Toyota), Felipe Massa (Ferrari) und Nico Rosberg (Williams-Cosworth), die nicht einmal die erste Runde überstanden. Auch sonst war einiges los: Fisichella drehte sich beim Herausfahren aus der Box, Montoya, gegen den wegen seiner Aufholjagd während der zweiten Aufwärmrunde Protest eingelegt werden könnte, ließ sich plötzlich um einige Positionen zurückfallen, und erst dann sortierte sich das Feld.

Alonso überholte Button beim ersten Restart

In der vierten Runde dann der erste Restart, bei dem sich Alonso problemlos an Button vorbeischob, der daraufhin seine Position auch gegen Räikkönen nur mit Mühe verteidigen konnte und offensichtliche Probleme hatte. Später ließ der Brite seinen Frontflügel an der Box verstellen, doch seine sagenhafte Pace aus dem Qualifying konnte er heute zu keinem Zeitpunkt reproduzieren. Ebenfalls in dieser Phase schoben sich Mark Webber (Williams-Cosworth) und Montoya am anfangs viertplatzierten Ralf Schumacher vorbei.

Felipe Massa, Christian Klien und Nico Rosberg

Diese Kollision bedeutete heute das sehr frühe Aus für Felipe Massa Zoom

Alonso setzte sich gnadenlos vom Feld ab, holte in einer einzige Runde 2,7 Sekunden Vorsprung heraus, während es weiter hinten schon das nächste Mal krachte: Christian Klien verlor seinen Red-Bull-Ferrari beim Anbremsen einer Rechtskurve mit Verdacht auf technisches Gebrechen plötzlich außer Kontrolle, wirbelte dabei einige Teile auf die Strecke und verursachte so die nächste Safety-Car-Phase.

In Führung lag zu jenem Zeitpunkt Alonso, gefolgt von Button, Räikkönen, Montoya, Webber, Ralf Schumacher, Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team) und Michael Schumacher (Ferrari), der trotz seiner Strategie, mit viel Benzin ins Rennen zu gehen, mit den Fahrern um ihn herum recht gut mithalten konnte. Die Möglichkeit, schon während der zweiten Safety-Car-Phase an die Box zu gehen, nutzte allerdings nur MF1-Toyota-Pilot Tiago Monteiro.

Räikkönen mit Supermanöver gegen Button

Beim zweiten Restart ging Räikkönen mit qualmenden Reifen vor der ersten Kurve beherzt an Button vorbei, der wohl dachte, dass der "Iceman" mit dem Geschwindigkeitsüberschuss abfliegen würde, damit jedoch falsch lag. Der Honda-Pilot wollte ein paar Meter später kontern, geriet dabei aber unter Druck von Montoya, ehe sich die Situation nach etwa einer halben Runde wieder abkühlte. Großer Profiteur: Alonso, der sich dadurch weiter absetzen konnte.

Zwischen der zehnten Runde und der ersten Serie der Boxenstopps gab es mehrere Überholmanöver - darunter auch Vitantonio Liuzzi (Toro-Rosso-Cosworth) vorbei an Michael Schumacher, der sich zuvor verbremst und dabei seine Vorderreifen beschädigt hatte, im Kampf um Platz acht -, während Alonso seinen Vorsprung auf Räikkönen auf fünf Sekunden ausbauen konnte. Button und Montoya büßten im Zweikampf binnen weniger Runden zehn Sekunden ein.

Alle Topfahrer auf einer Zweistoppstrategie

Die Boxenstopps wurden in der 18. Runde von Montoya eröffnet, eine Runde später kamen Button, Ralf Schumacher und Fisichella herein, wieder eine Runde später Alonso und im 21. Umlauf schließlich Räikkönen. Montoya schob sich kurz nach dem Stopp spektakulär an Button vorbei, während Ralf Schumacher wegen einer Überschreitung des Geschwindigkeitslimits zu einer Durchfahrstrafe verdonnert wurde.

Unfallauto von Michael Schumacher

Für Michael Schumacher war der heutige Grand Prix Ende der 33. Runde vorbei Zoom

Als einziger der Topfahrer musste Lokalmatador Webber nicht so früh zum Tanken hereinkommen, wodurch der Australier kurzfristig sogar die Führung erbte - doch wie gut er abgeschnitten hätte, werden wir nie erfahren, da in der 23. Runde ein technischer Defekt seinen Arbeitstag beendete. Heidfeld gewann in jener Phase mit einem langen ersten Stint einige Positionen, während sich herauskristallisierte, dass nur Jacques Villeneuve (BMW Sauber F1 Team), David Coulthard (Red-Bull-Ferrari) und Rubens Barrichello (Honda) auf einer Einstoppstrategie waren.

Michael Schumacher änderte nach seiner schwierigen Anfangsphase die Strategie, tankte nur wenig, wollte einen Zwischensprint einlegen - und leistete sich immer wieder kleinere Fahrfehler. Auch der Wind machte es den Fahrern immer schwieriger, ehe es nach einer kurzen Durchschnaufperiode zu den nächsten Crashes kam: Erst kam Montoya in der Zielkurve mit zwei Rädern von der Strecke ab, ein paar Sekunden später verunfallte Schumacher an derselben Stelle.

Schumacher nach Fahrfehler mit schwerem Unfall

Der Deutsche kam links auf die Wiese, verlor auf einer Welle seinen Ferrari außer Kontrolle und schlug heftig in die Betonmauer ein. Zum Glück blieb er dabei unverletzt, aber natürlich musste das Safety-Car wieder auf die Strecke - und praktisch das gesamte Feld nutzte diese Gelegenheit, um die letzten regulären Boxenstopps zu absolvieren. Räikkönen bekam dabei eine neue Frontpartie, während sich Montoya hinter ihm anstellen musste.

Die Ruhe nach dem Restart war nur von kurzer Dauer, denn der sensationell auf Punktekurs liegende Liuzzi kam bei hoher Geschwindigkeit von der Strecke ab und krachte ebenfalls heftig in die Mauer. Coulthard konnte nur knapp ausweichen, doch - wie könnte es anders sein - das Safety-Car musste ein viertes und letztes Mal auf die Strecke gehen. Zuvor hatte es unter gelben Flaggen einige strittige Überholmanöver gegeben, bei denen der bärenstarke Heidfeld von Platz zwei auf fünf zurückgereicht wurde.

In der letzten Phase konnte es somit nur noch auf der Strecke Überholmanöver geben, doch Alonso setzte sich gleich wieder von Räikkönen ab, hatte den Grand Prix zu jedem Zeitpunkt unter Kontrolle. Der Renault-Pilot verlangsamte zwar in den letzten Runde das Tempo, schonte den Motor bei maximal 18.000 Umdrehungen pro Minute, zehrte aber von seinem Vorsprung von zehn Sekunden, von dem er 1,8 Sekunden über die Linie trug.

Merkwürdiger Ausfall von Montoya in Runde 45

Durch den turbulenten Rennverlauf wurde Ralf Schumacher auf Platz drei gespült, Montoya war Vierter - und schied in der letzten Kurve nach einem merkwürdigen Schlenker, bei dem ihm der Motor abgestorben sein dürfte, aus. Dadurch rückte Heidfeld auf Platz vier auf, gefolgt von Button, Fisichella, der farblos blieb, Villeneuve und Barrichello, der anfangs lange hinter Takuma Sato (Super-Aguri-Honda) steckte, dann aber trotz Bremsproblemen aufholte und heute endlich seine ersten Punkte holte.

Podium in Australien 2006

Auf dem Podium waren heute drei sehr zufriedene Gesichter zu sehen... Zoom

Als in der Schlussphase alles längst entschieden schien, gab es dann noch einen Paukenschlag: In der allerletzten Kurve begann Buttons Honda-Motor plötzlich zu brennen, wodurch Fisichella fast nichts mehr sehen konnte. Button rollte noch auf die Zielgerade, verlor aber seinen sicher scheinenden fünften Platz - und wurde nur als Zehnter gewertet, weil ihm am Ende läppische zehn Meter fehlten, als er stehen blieb!

Erster WM-Punkt für jungen Amerikaner Speed

Dadurch rückte Scott Speed (Toro-Rosso-Cosworth) nach einer starken Vorstellung noch auf den letzten Punkterang auf, 0,1 Sekunden vor Coulthard. Platz zehn ging an Button. Außerdem noch gewertet: Christijan Albers (MF1-Toyota), Sato und Yuji Ide (Super-Aguri-Honda), der dreimal überrundet wurde, aber wenigstens keinen ähnlich peinlichen Bock schoss wie im Qualifying, als er nach einem Dreher den Rückwärtsgang nicht fand...

Die große Erkenntnis des dritten Saisonlaufs, der die besten Seiten der Formel 1 hervorkehrte, ist, dass Weltmeister Alonso auch dieses Jahr kaum zu schlagen sein wird, wobei McLaren-Mercedes und Honda immer mehr gute Ansätze zeigen. Erfreulich aus deutscher Sicht: Toyota und Ralf Schumacher sind wieder da - und Heidfeld mausert sich mit dem BMW Sauber F1 Team nach und nach zu einem ernstzunehmenden Punktesammler.

In der Weltmeisterschaft sieht es nun sehr gut aus für Alonso, der 28 von 30 möglichen Punkten auf seinem Konto hat und bereits 14 Zähler vor Fisichella und Button führt. Michael Schumacher ist auf Platz vier der Gesamtwertung zurückgefallen. Bei den Konstrukteuren liegt indes Renault (42) an der Spitze, gefolgt von McLaren-Mercedes (23), Ferrari (15) und Honda (13). Ohne Punkte sind nach drei von 18 WM-Läufen nur noch MF1-Toyota und Super-Aguri-Honda.

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