Strategieschlacht bahnt sich an: "Kein klar schnellster Weg"

Welche Unsicherheitsfaktoren in Bahrain einen Strategiepoker versprechen, welche Möglichkeiten zur Auswahl stehen und warum Kreativität belohnt werden könnte

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von Bahrain wird zum Strategiepoker. Das steht schon jetzt fest. Die niedrigen Temperaturen, die für Graining sorgen könnten, die drei verschiedenen Reifenmischungen, die freie Reifenwahl ab Platz neun und vermutlich viele Stopps - all das könnte für einen spannenden Strategie-Cocktail im Rennen sorgen.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Diffuse Lage: Welche Strategie führt in Bahrain zum Sieg? Zoom

"Ich rechne mit vielen verschiedenen Strategien und Überraschungen", ist sich WM-Leader Nico Rosberg, der neben Lewis Hamilton als Zweiter in der ersten Reihe steht, sicher. "Die Piloten werden womöglich davon überrascht, dass ihre Strategie nicht wie gewünscht funktioniert, weil es so kühl ist", verweist er auf die ungewohnten Temperaturen im Bereich von 20 Grad.

Viele unterschiedliche Strategien erwartet

Im Gegensatz zu Melbourne, wo die Teams nur einen Stopp planten, sind in Bahrain zwei oder mehr Reifenwechsel angedacht. "Unsere Berechnungen besagen, dass es eine Reihe unterschiedlicher Herangehensweisen an dieses Rennen gibt, von denen keine Strategie klar als schnellste heraussticht", kennt auch Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery keinen optimalen Plan.

"Diese Nacht wird die Datenanalyse im Vordergrund stehen, was morgen für ein aus taktischer Sicht fesselndes Rennen sorgen sollte - mit vielen unterschiedlichen Denkansätzen." Außerdem spielt es eine Rolle, welche Reifen den Teams überhaupt noch zur Verfügung stehen. "Die meisten Teams haben keine frischen Reifensätze für das Rennen gespart", weiß Hembery. "Das sorgt für einen weiteren interessanten Aspekt. Die Top 8 werden auf benutzten Supersoft-Reifen losfahren."

Laut Nico Hülkenberg kein Nachteil, auch wenn er im Gegensatz zu seinen Verfolgern, die es nicht in Q3 geschafft haben, die Reifen nicht frei wählen darf. Eine Analyse der noch verfügbaren Reifen der Teams Mercedes, Ferrari und Williams ergibt folgendes: Die Piloten der Silberpfeile und der Scuderia verfügen noch über je drei benutzte Supersoft-, zwei frische Soft- und einen frischen Medium-Reifensatz. Bei Williams ist die Sache anders gelagert: Drei benutzten Supersoft-Sätzen und einem benutzten Softsatz stehen zwei frische Medium-Sätze gegenüber.

Zwei oder drei Stopps?

Die Gefahr ist also, dass die Top-8-Piloten nach einem frühen ersten Boxenstopp, der rund um die 14. von 57 Runden erfolgen wird, hinter Piloten zurückfallen, die durch die freie Reifenwahl auf einen langen ersten Stint setzen. Das wäre aber noch kein Drama, da es in Bahrain durch die langen Geraden durchaus Überholmöglichkeiten gibt.

Außerdem haben die besten Acht des Qualifyings abgesehen von Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo, dessen Auto aber besonders reifenschonend ist, starke Antriebseinheiten, was im Zweikampf von Vorteil ist. Die spannende Frage wird also sein: Fährt man auf Tempo oder auf Position? "Bahrain war immer ein Zweistopprennen, diesmal sind aber vielleicht drei besser", denkt Jenson Button laut nach. Ricciardo sieht dies anders: "Eine Zweistoppstrategie will wohl jeder machen. Wir in den Top 8 müssen versuchen, mit dem Supersoft besonders lange zu fahren."

Laut Pirelli-Computer wäre eine Dreistopp-Strategie theoretisch am schnellsten: Er schlägt einen Start auf Supersoft-Reifen vor, dann drei Wechsel in den Runden 14, 29 und 43 auf Soft-Reifen vor. Die Zweistopp-Strategie wäre im Vergleich langsamer, man müsste aber weniger Positionen zurückerobern: Pirelli schlägt einen Start auf Supersoft-Reifen, einen Wechsel auf Medium-Pneus in Runde 12 und einen finalen Wechsel auf Soft-Reifen in Runde 37 vor.

Unberechenbares Rennen

"Wir könnten aber auch Graining an der Vorderachse bekommen", fürchtet Rosberg. "Und das sorgt immer für jede Menge unvorhergesehene Dinge, denn wenn man Graining hat, dann verliert man viel Zeit. Außerdem gibt es viele unterschiedliche Varianten. Wenn dann auch noch das Safety-Car herauskommt, dann wird es verrückt."

Bei Ferrari wird sich ebenfalls erst während des Rennens die optimale Strategie herauskristallisieren. "Es hängt davon ab, wie der Start verläuft, wo man nach der ersten Kurve liegt, wie die erste Runde läuft - und dann muss man schauen", sagt Sebastian Vettel, der hinter Mercedes in Lauerposition liegt.

Das Vorjahr hat seiner Meinung nach gezeigt, dass man auch mit einer unkonventionellen Wahl den Joker ziehen kann. "Da war Kimi auf einer spiegelverkehrten Strategie zu Nico, Lewis und mir, und am Ende hat es funktioniert." Beinahe hätte Räikkönen damals Hamilton noch den Sieg abgejagt. "Es ist also immer Platz vorhanden, um etwas anders zu machen. Wenn man morgen klug sein kann, dann hoffe ich, dass wir es sein werden."