Wind- statt Funkstille: Mercedes-Piloten kämpfen nur verbal

Sportlich war der Große Preis von Mexiko eine souveräne Angelegenheit für Nico Rosberg, Lewis Hamilton attackiert nur am Funk und an den Mikrofonen

(Motorsport-Total.com) - "Nico ist wirklich gut gefahren, hat keinen Fehler gemacht. Heute gab es keinen Windstoß." Mit einer kleinen Stichelei musste Lewis Hamilton anerkennen, dass Teamkollege Nico Rosberg beim Großen Preis von Mexiko nicht zu schlagen war. Der Wiesbadener feierte in Mexiko-Stadt einen Start-Ziel-Sieg und konnte seine vierte Pole-Position in Folge endlich auch einmal in einen Erfolg umwandeln - da konnte dem Weltmeister nicht einmal der Wettergott helfen.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton, Nico Rosberg

Mercedes war in Mexiko wieder einmal der große Gewinner Zoom

"Das Wetter war heute gut", ließ Rennsieger Rosberg seinen Teamkollegen wissen, nachdem er vor Wochenfrist in Austin aufgrund einer Windböe abgeflogen war und Hamilton so den vorzeitigen Titelgewinn ermöglichte. Auch heute hing der Sieg nach einem Ausritt am seidenen Faden, doch weil auch Hamilton wenige Meter später kurz von der Strecke abkam, kostete Rosbergs einziger Fehler des Tages nicht gleich den Sieg.

Und so konnte der Deutsche nach dem Verlust des WM-Titels und dem Verspielen von der Poles in Folge doch noch beweisen, dass er das Siegen nicht verlernt hat. "Alle Puzzleteile haben gepasst. An den Wochenenden zuvor gab es immer ein Teil, das nicht gepasst hat, und das ist der Unterschied", erklärt Rosberg strahlend. "Das ganze Wochenende lief gut. Ich habe mich von der ersten Runde an wohl gefühlt und habe das Setup hinbekommen."

Diesmal klappt's auch am Start...

Diesmal ließ sich Rosberg auch nicht am Start von Hamilton düpieren, sondern behielt einen kühlen Kopf und auch nach der ersten Kurve die Führung. Anschließend kontrollierte er das Renngeschehen souverän: "Ich habe immer ein Auge auf ihm gehabt, und wenn er versucht hat ein wenig heranzukommen, dann habe ich ein wenig mehr Gas gegeben und die Lücke aufgemacht. Ich war zufrieden, dass ich die Kontrolle hatte", so Rosberg.

Für so eine Glanzleistung nach ein paar schwierigen Wochen gibt es auch Lob von oben: "Wenn einer von ihnen abgeschrieben wird, schlägt er am nächsten Wochenende umso stärker zurück. Genau das ist Nico heute gelungen", zollt Motorsportchef Toto Wolff Respekt. "Es war ein unglaubliches Wochenende: In ihm loderte nach Austin das Feuer und er war ab der ersten Runde voll da. Er hat heute Nachmittag eine perfekte Leistung abgerufen."

"Aber Lewis hat ihm das Leben keinesfalls leicht gemacht: Er war den ganzen Tag da, wartete auf einen Fehler, der aber nie kam, und fuhr einen starken zweiten Platz ein", gibt es auch für Hamilton heute Zuckerbrot vom Österreicher. Der Brite fuhr heute keineswegs überhart und sicherte den Doppelerfolg für die Silberpfeile ab. Zwar hätte er gerne selber als erster Comeback-Sieger in Mexiko in den Siegerlisten gestanden, doch er muss einsehen, dass Rang zwei heute das Maximum war.

Wolff will keine Roboter

"Ich habe gepusht, aber sobald ich nah dran war, habe ich Abtrieb verloren. Und weil es ohnehin nicht viel Grip gab, hat es das schwierig gemacht. Ich habe jede Runde Gas gegeben, um nahe ranzukommen, ohne meine Bremsen zu überhitzen, aber näher ran ging nicht", sagt der Weltmeister, der trotz der kontrollierten Situation noch einmal Schärfe bei Mercedes reinbrachte, als er sich zunächst weigerte, zu seinem zweiten Stopp zu kommen und die Entscheidung des Teams hinterfragte, bevor er sich schließlich beugte.

"Lewis hatte dazu einige Fragen, aber das ist ganz normal", winkt Wolff ab und ist froh, dass seine Fahrer keine Roboter sind. "Rennfahrer haben Emotionen und wenn sie nicht jedes Mal gewinnen wollten, wären sie nicht die Talente, die sie sind", sagt er. "Aber wir haben am Kommandostand den Überblick und Lewis folgte unserer Anweisung, an die Box zu gehen. Danach kam das Safety-Car heraus und machte das Thema obsolet: Wir hätten ohnehin mit beiden Autos frische Reifen abgeholt."


Fotostrecke: GP Mexiko, Highlights 2015

Es ist ein kleiner Makel, denn Hamilton fühlt sich womöglich um seine Siegchance gebracht, doch Technikchef Paddy Lowe sieht keinen Grund für Diskussionen: "Technisch gesehen ist es falsch, nicht hereinzukommen, wenn wir es sagen", meint der Brite. "Er hat nicht verstanden, warum wir das machen. Aber wenn ein Kerl mit 350 km/h herumfährt, kann man ihm keine technische Erklärung von mehreren Minuten geben."

Rosberg rockt auf dem Podium - und am Funk

Doch weil Hamilton nach zwei Runden Fragespielchen doch zur Box kam, war das restliche Rennen für die Silberpfeile ziemlich einfach. Na ja, zwei kleinere Aufreger gab es doch noch: Zum einen pflaumte auch Nico Rosberg seinen Renningenieur an, er solle aufhören, die Abstände zu Hamilton durchzugeben. "Aber ich sehe ihn ja. Das brauche ich nicht", meint Rosberg.

Nico Rosberg, Lewis Hamilton

So nah kamen sich die zwei Mercedes-Piloten im Rennen selten Zoom

Das andere waren die zwei kleinen Fehler kurz vor Rennende. "Ich hatte kalte Reifen, und die Ecke ist schwer. Der Asphalt ist einfach unvorhersehbar", meint Rosberg zu seinem Abstecher in die Auslaufzone und verweist auf Sebastian Vettel, der an dieser Stelle ebenfalls mehrmals Probleme hatte - und sogar vorzeitig aufgeben musste. Nico Rosberg musste das am Sonntag allerdings nicht. Denn frischer Wind wehte nur auf dem Podium, wo sich der Deutsche heute "wie ein Rockstar" fühlte.