• 19.05.2015 17:53

  • von Bernd Mayländer

Bernd Mayländer: Anekdoten aus dem Fürstentum Monaco

Mit offenem Mund durch Monaco: Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer schreibt über die atemberaubendste Rennstrecke der Welt und das verrückte Treiben rundherum

Hallo, liebe Leser,

Titel-Bild zur News: Charlie Whiting

Bernd Mayländer mit FIA-Mann Herbie Blash vor dem Rennen in Monaco 2010 Zoom

in meiner letzten Kolumne habe ich euch von meinen Begegnungen mit Stirling Moss, Hans Herrmann und der Steilkurve von Monza berichtet. Jetzt, nach dem Grand Prix von Spanien in Barcelona, haben wir auch an der "echten" Mille Miglia teilgenommen. Ich mit einem Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer und Beifahrer Bruce McCoy. 1.600 Kilometer durch eine phänomenale Landschaft, dann auch noch eine Zeitprüfung auf dem alten Grand-Prix-Kurs in Monza mit der Steilkurve - es war ein wirklich tolles Erlebnis!

Mille Miglia: Zwischen Rallye und Parmaschinken

Bei einer Classic-Rallye wie der Mille Miglia geht es nicht darum, das Ziel in möglichst kurzer Zeit zu erreichen, sondern darum, eine vorgegebene Strecke möglichst genau in einer vorgegebenen Zeit zu absolvieren. Man fährt über einen Schlauch und muss dann pünktlich über den nächsten Schlauch fahren - aber man darf kurz vor dem Ziel nicht mehr anhalten, sondern das Fahrzeug muss sich bewegen. Das erfordert ein gutes Gespür. Die Profis beherrschen das so gut, dass sie auf der Mille Miglia nur eine Abweichung von ein paar Zehntelsekunden erreichen. Sehr beeindruckend.

So sollte es eigentlich keine Raserei geben. Gibt es manchmal trotzdem, wenn die Herrschaften nicht widerstehen können, mit ihren tollen Autos mal ein bisschen Gas zu geben und dafür zwischendurch einen Kaffee zu trinken. Raserei ist vielleicht das falsche Wort - nennen wir es zügig fahren... ;-) Und man plaudert natürlich viel mit dem Beifahrer. Wobei man mit Roadbook lesen und gleichmäßig fahren schon auch gut beschäftigt ist und sich konzentrieren muss.

Mein Beifahrer Bruce McCoy ist ein wohlhabender Mann, ein Racer aus Leidenschaft, im Motorsport unglaublich gut vernetzt. Er kennt Gott und die Welt. Früher hatte er ein eigenes IndyCar-Team, heute steht zum Beispiel ein 300 SLR in seiner Garage. Abends haben wir dann ein gemütliches Glas Wein getrunken, dazu Parmaschinken und Parmesan. Nur war ich nach dem Wochenende wirklich geschlaucht, weil ich bei der Heimfahrt stundenlang im Stau gestanden bin. Aber das kann meine Vorfreude auf Monaco nicht trüben.

1993: Als Gaststarter erstmals in Monaco

Meine erste Begegnung mit Monaco hatte ich 1993, als Gaststarter im Porsche-Supercup. Davor kannte ich die Strecke nur aus dem Fernsehen. Wenn ich mich recht erinnere, hat Mika Häkkinen das Rennen damals gewonnen, noch bevor er in die Formel 1 aufgestiegen ist. 1994 wurde ich Zweiter und bin danach direkt in die Leitplanke gefahren. Seither weiß ich: Monaco verzeiht dir nicht einmal die kleinste Unachtsamkeit.

Beim allerersten Mal stand ich mit offenem Mund in Monaco. Ich hatte keine Ahnung, wie steil es wirklich zum Casino rauf geht, ich wusste nicht, dass der Knick im Tunnel eine echte Kurve ist, in der man die Arschbacken zusammenkneifen muss, und ich hätte nie gedacht, wie spektakulär sich die Passage bei Tabak und Schwimmbad anfühlt. Man kann nie durchatmen, denn eine Kurve folgt auf die nächste. Monaco ist die speziellste Rennstrecke, die ich kenne - eigentlich völlig verrückt.

Mut ist in Monaco wichtiger als auf anderen Rennstrecken. Der Fahrer kann dort mehr bewegen als woanders, wenn er ein bisschen mehr Risikobereitschaft hat als die anderen. Ich glaube nicht, dass man in Monaco wirklich 100 Prozent aus dem Auto herausholen kann. Deswegen gibt es dort immer wieder Überraschungen, wenn einer mehr riskiert - und das auch gut geht. Denn nirgendwo sonst klebst du schon nach dem kleinsten Fehler so schnell in der Leitplanke.

Monaco selbst im Safety-Car eine Herausforderung

Am verrücktesten finde ich die Passage Tabak bis Schwimmbad. Unglaublich schnell um die Ecken. Wenn es da kracht, fährst du mit Untersteuern geradeaus in die Mauer. Selbst für mich im Safety-Car ist der Abschnitt eine Herausforderung. Man könnte eigentlich schneller, aber man traut sich nicht, weil man genau weiß: Wenn man nur einen Meter zu spät bremst, kannst du dort nichts mehr retten. Dann kannst du nur noch den Winkel entsprechend anstellen, weil du weißt: Jetzt gibt es gleich einen heftigen Schlag. Und beim Safety-Car brauchst du dann keinen Karosseriespengler mehr.

Nico Rosberg, Safety-Car

Das Safety-Car kommt auf der schwierigen Strecke häufig zum Einsatz Zoom

Eine echte Monaco-Anekdote habe ich übrigens im Jahr 2002 erlebt. Ich habe es wirklich hinbekommen, morgens meinen Track-Test zu verschlafen! Klar, ist der Mayländer um die Häuser gezogen, werdet ihr euch jetzt denken! :-) Aber nein, so war es nicht. Ich hatte einfach meinen Wecker falsch gestellt, bin durch Zufall aufgewacht, habe sofort den Rennoverall angezogen und bin vom Hotel runtergelaufen. Aber als ich dort (übrigens trotzdem gerade noch rechtzeitig) ankam, saß schon jemand im Auto.

Nämlich mein damaliger Chef, FIA-Präsident Max Mosley. Er wollte sowieso schon immer mal mit dem Safety-Car in Monaco fahren - er fährt ja auch viele Wettbewerbe mit historischen Fahrzeugen und ist ein hervorragender Autofahrer. Max war mir gar nicht böse, sondern eher dankbar, dass er diese Gelegenheit unverhofft einmal hatte. Seither kontrolliere ich jedes Mal, ob ich den Wecker richtig gestellt habe, und so etwas ist mir nie wieder passiert. Einmal in 16 Jahren ist ja wohl auch kein Weltuntergang.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Monaco

Mit einer Gräfin im Auto

Ich muss aber zugeben, dass ich in Monaco auch mal ein bisschen versackt bin. Das war noch in meiner Porsche-Zeit, als ich Supercup gefahren bin. Freitag war trainingsfrei, also bin ich am Donnerstagabend mit dem Motorroller zu einem Freund gefahren, der ein kleines Schiff außerhalb von Monaco ankern hatte. Es ist dann doch später geworden als zunächst geplant, also habe ich den Roller lieber stehen lassen und auf dem Schiff übernachtet.

Michael Douglas, Bernie Ecclestone

Immer ein Ereignis: Zum Rennen kommen Promis wie Michael Douglas... Zoom

Heute ist der Freitag für mich nicht mehr frei, denn da fahren GP2, Supercup und Formel Renault 3.5. Also ist inzwischen eher Sonntagabend die Nacht der Nächte, wenn alles vorbei ist und keiner mehr arbeiten muss. Und da viele ohnehin in Monaco wohnen oder zumindest ein Appartement haben, erlebt man da dann schon mal den einen oder anderen Sonnenaufgang unter Rennfahrern.

Im Jahr 2000 war ich bei einer solchen Partie mit ein paar Formel-1-Fahrern dabei, als wir am Montagmorgen auf der Terrasse saßen und ich dann feststellte, dass ich ja noch ins Hotel und Koffer packen muss, um den Flieger um 13:30 Uhr zu erwischen. Schaffte ich natürlich nicht mehr. Also habe ich dann im Hotel jemanden angesprochen, von dem ich wusste, dass er Mercedes-Limousinen, die für den Event angeliefert wurden, nach Stuttgart zurück fährt. Das war dann die Mitfahrgelegenheit für mich und eine recht hübsche Gräfin, die damals ebenfalls dabei war.

Von den Reichen und denen, die es gerne wären...

Wenn man so am Hafen entlangschlendert, sieht man manchmal schon verrückte Geschichten. Jeder kennt ja das Video, wo Kimi (nicht mehr ganz nüchtern) auf einer Jacht stürzt. Oder die Anekdote, über die ich schon vor einem Jahr geschrieben habe, als ein wirklich prominentes Supermodel in leicht derangiertem Zustand kurzzeitig die Fähigkeit verloren hat, ihre Stöckelschuhe zu koordinieren - dummerweise genau neben dem Hafenbecken...

Cameron Diaz

...oder Kollegin Cameron Diaz, die 2013 mit von der Partie war Zoom

Ich finde immer besonders spannend, mir anzuschauen, welche und wie viele Jachten so vor Anker liegen. Der Grand Prix von Monaco ist da ein Spiegel der wirtschaftlichen Lage in Europa. Seit ein paar Jahren kommt mir vor, dass die großen Schiffe immer größer werden und die kleinen nach und nach verschwinden. Eigentlich ist es nicht nachvollziehbar, so viel Geld für ein Autorennen auszugeben, aber es gibt offenbar immer noch genug reiche Menschen, die sich das leisten können.

Und dann gibt es neben den wirklich Reichen und Schönen natürlich auch noch die, die nur vorgeben, reich zu sein. Die kratzen dann ihre Reserven zusammen, um sich eine Jacht oder ein teures Auto mieten zu können, mit dem sie dann ein Wochenende lang auf dicke Hose machen. Auch das ist Monaco. Kann man mögen oder nicht.


So feiern die Stars in Monaco

Es muss nicht immer teuer sein

Übrigens muss Monaco nicht immer sündteuer sein - auch am Rennwochenende nicht. Klar wird rund um die Rennstrecke der Cappuccino von Mittwoch an jeden Tag teurer, aber oben am Hügel, in der Altstadt von Monte Carlo, gibt es ein paar wirklich schöne Lokale, in denen man zu vernünftigen Preisen bei einheimischem Flair gut essen kann. Dort ist es dann auch relativ ruhig und man kann dem Trubel unten in der Stadt ein wenig entgehen. Wir machen das jedes Jahr mindestens einmal.

Valentino Rossi

Auch MotoGP-Rekordchampion Valentino Rossi ließ sich im gleichen Jahr blicken Zoom

Rein sportlich ist die Formel 1 nach Barcelona wieder ein bisschen spannender geworden. Nico hat 20 Punkte Rückstand auf Lewis, und jetzt kommt Monaco, eine seiner Lieblingsstrecken. Er hat Barcelona (in überzeugender Manier) gewonnen, er hat Monaco die vergangenen beiden Jahre gewonnen - die Chancen stehen also gut. Und wenn er Monaco ein drittes Mal gewinnt, dann sieht es auch in der Weltmeisterschaft wieder ganz anders aus.

Ich selbst war heute noch bei einer Veranstaltung für die Allgäu-Classics in Obersdorf, und am Abend geht's dann mit meiner Freundin zu einer Filmpremiere in einem Kino in Fellbach. Ich habe ja kürzlich mit dem SWR einen Film über meine Heimatregion gedreht, der am Freitagabend im Dritten ausgestrahlt wird. Heute um 18:30 Uhr findet eine Premiere mit 200 geladenen Gästen statt. Mal sehen, ob ich auf der Leinwand mit der High Society von Monaco mithalten kann! ;-)

Euer

Bernd Mayländer

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