Resümee: Wie hat die Formel 1 2014 funktioniert?

Die erste Saison der "neuen" Formel 1 ist in den Büchern: Fahrer und Teamverantwortliche blicken zurück und gleichzeitig voraus

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hat ihre erste Saison nach einer der massivsten Regeländerungen ihrer Geschichte hinter sich gebracht. Der Wechsel vom bewährten 2,4-Liter-V8-Saugmotor zum völlig neuen 1,6-Liter-Turbomotor mit kompliziertem Energie-Rückgewinnungssystem sorgte 2014 für veränderte Vorzeichen. Schwere Autos mit weniger Abtrieb, dafür aber mehr Top-Speed und Motoren mit mehr Drehmoment ließen die Akteure vor zwölf Monaten mit Spannung auf die neue Saison blicken.

Titel-Bild zur News: Start zum Grand Prix der USA 2014 in Austin

Mercedes ist der klare Gewinner der ersten Saison des neuen Turbo-Zeitalters Zoom

Wie fällt das Urteil nach einem Jahr aus? "In Interlagos waren wir im Qualifying im Vergleich zu vergangenem Jahr viel schneller", bemerkt Felipe Massa, um anzufügen: "Ich glaube also nicht, dass die Formel 1 zu langsam geworden ist. Die Strecke in Interlagos war speziell. Wenn man aber die Rundenzeiten generell vergleicht, waren wir nur ein wenig langsamer, weil das Auto weniger Abtrieb hat."

"Die Herausforderung ist die gleiche geblieben", meint der Williams-Pilot beim Vergleich der fahrerischen Anforderungen in der V8-Saugmotor-Ära und der V6-Turbo-Ära. Daniil Kwjat merkt an, dass es "sicherlich gewisse Aspekte gibt, die verbessert werden können, aber als Fahrer gebe ich immer alles und versuche natürlich, am Limit zu fahren".

Raum für Verbesserungen vorhanden

"Die letztjährigen Autos hatten mehr Abtrieb, die diesjährigen mehr Top-Speed. So oder so: Man muss immer hart arbeiten als Fahrer", stimmt Kwjat gegenüber 'ServusTV' den Worten von Massa zu. Der Toro-Rosso-Pilot fasst die Anforderungen an einen modernen Formel-1-Piloten in Worte: "Die Kommunikation über Funk ist ja in diesem Jahr etwas eingeschränkt worden. Da war man als Fahrer schon ein bisschen mehr auf sich gestellt. Man musste in diesem Jahr als Fahrer schon relativ viel überlegen - zum Beispiel, wie man einen Angriff startet."

Zusammenfassend kommt Kwjat zum Schluss: "Es gibt sicherlich ein paar Verbesserungsmöglichkeiten, aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass es das erste Jahr nach so einer massiven Änderung der Regeln war. Es liegt jetzt an den cleveren Leuten, das noch genauer zu analysieren." So würde sich der Russe "natürlich mehr PS" wünschen, "denn dann würde mir das mit Sicherheit noch mehr Spaß machen".

"Es liegt jetzt an den cleveren Leuten, das noch genauer zu analysieren." Toro-Rosso-Pilot Daniil Kwjat

Adrian Sutil, der mit dem Sauber-Ferrari C33 keinen Blumentopf gewinnen konnte, stellt heraus, dass die Regeländerungen im Winter das Kräfteverhältnis verändert haben. "Einige Teams haben profitiert, andere verloren. Es war technisch eine sehr schwierige Saison, vor allem zu Beginn. Es war für mich sicher eine der größten Herausforderungen in der Formel 1."

Horner drängt auf Veränderungen

Aufgrund des veränderten Kräfteverhältnisses gibt nach der ersten Saison der neuen V6-Turbo-Formel zwangsläufig Gewinner und Verlierer. Während man sich im Lager von Weltmeister Mercedes über eine Rekordsaison freut, überlegt man beim ehemaligen Weltmeisterteam Red Bull bereits, wie man das Ruder wieder herumreißen kann.

"Die Formel 1 muss natürlich der Gipfel der technologischen Entwicklung sein, aber wir haben natürlich auch die Kostenverantwortung", wie Christian Horner gegenüber 'ServusTV' betont. Der Red-Bull-Teamchef plädiert für den Weg: "Die Basis dessen, was wir haben, nehmen und mit standardisierten Teilen vereinfachen." Also ähnlich wie es in der V8-Ära mit der standardisierten elektronischen Motorsteuerung (ECU) der Fall war.

Horners Vorschlag für die Zukunft: "Man könnte den Turbo und das Energie-Rückgewinnungssystem standardisieren. Das würde die Entwicklungskosten für die Hersteller drastisch reduzieren, was sich wiederum auf die unabhängigen Teams auswirken würde. Die Kosten würden sinken." Mehr noch: "Die Autos wären wieder lauter und würden mehr Spektakel bieten. Und wir hätten mehr Leistung."

Lewis Hamilton, Sebastian Vettel

Red Bull hatte 2014 nur dann eine Siegchance, wenn Mercedes patzte Zoom

Helmut Marko stimmt zu. "Wir müssen global denken. Die Einschaltquoten sind rückläufig und das generelle Interesse schwindet", verweist der Red-Bull-Motorsportberater im Gespräch mit Formel-1-Reporter Adam Cooper auf die jüngsten Entwicklungen, die inzwischen die Gründung einer Arbeitsgruppe zur besseren Vermarktung der Formel 1 nach sich gezogen haben.

"Leider sind die aktuellen Motoren nicht der richtige Weg", pflichtet Marko wenig überraschend Horner bei. Der Österreicher ist überzeugt, dass die V6-Turbo-Aggregate mit Hybrid "gezeigt haben, welche Technologien in der Formel 1 möglich sind, mittelfristig müssen wir aber wieder auf einen Rennmotor setzen". Bei Mercedes sieht man dies freilich ganz anders.

Hat man sich bei Red Bull bereits damit abgefunden, dass sich für 2015 - wenn überhaupt - nur wenig ändern wird? Marko jedenfalls spricht bereits von der übernächsten Saison, wenn er sagt: "2016 werden die Karten neu gemischt." In welcher Form, bleibt abzuwarten. In Reihen der Strategiegruppe und der Formel-1-Komission ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Die Frage, wie die Saison 2014 verlaufen wäre, wenn man an den V8-Saugmotoren festgehalten hätte, ist im Nachhinein müßig. Sauber-Pilot Sutil versucht sich trotzdem in einer Einschätzung. "Mercedes hat einen sehr guten Antriebsstrang entwickelt. Davon haben die Mercedes-Teams profitiert. Vielleicht wäre es mit den alten Motoren für uns besser gewesen, aber ich lebe nicht in einer Welt mit 'wenn und aber'".


Fotostrecke: Die zehn spektakulärsten F1-Deals

Der Deutsche, der für 2015 ohne Cockpit dasteht, war in der vielleicht letzten Saison seiner Formel-1-Karriere nicht nur aufgrund des Ferrari-Antriebs gehandicapt. "Ich hatte sicherlich auch durch mein Gewicht einen Nachteil", spricht Sutil das Mindestgewicht von 691 Kilogramm für die Kombination Auto/Fahrer an. Bitter für ihn: Für die kommende Saison wird das Mindestgewicht um zehn Kilogramm angehoben.