Eau Rouge: Anspruchsvoller geworden, aber immer noch voll

Die berühmteste Kurve der Formel 1 geht zwar auch mit den 2014er-Autos voll, ist aber dank des neuen Reglements wieder anspruchsvoller geworden

(Motorsport-Total.com) - Vor dem Grand Prix von Belgien wurde in Expertenkreisen darüber diskutiert, ob die legendäre Senke Eau Rouge auch mit dem neuen Reglement noch locker voll gehen würde. Seit der Umstellung von V10- auf V8-Motoren vor der Formel-1-Saison 2006 hatte die Kurvenkombination in Spa-Francorchamps wegen der reduzierten PS-Leistung viel von ihrer ursprünglichen Herausforderung für die Fahrer verloren. Plötzlich ging Eau Rouge nämlich nicht nur im Qualifying auf der letzten Rille voll, sondern auch im Rennen mit viel Benzin an Bord.

Titel-Bild zur News: Andre Lotterer

Die Kurvenkombination Eau Rouge hat durch die neuen Regeln an Reiz gewonnen Zoom

Durch die Umstellung auf die aktuellen Turbo-Hybridantriebe, durch die die Leistung der Formel-1-Boliden fahrerisch wieder schwieriger zu kontrollieren ist, herrschte vor dem Grand Prix am vergangenen Wochenende große Spannung, ob Eau Rouge weiterhin voll gehen würde oder nicht. Und tatsächlich ist das Durchfahren der Senke wieder schwieriger geworden - wenn auch nicht im Qualifying, mit weichen Reifen und wenig Benzin an Bord.

"Eau Rouge geht zwar noch voll, aber sie ist jetzt wirklich wieder viel anspruchsvoller geworden", berichtet McLaren-Pilot Jenson Button, der im Rennen beim Geschwindigkeits-Messpunkt ausgangs der Senke mit 311,5 km/h geblitzt wurde und damit Viertschnellster war. Mutigster Fahrer beim Grand Prix von Belgien: Nico Rosberg mit 314,1 km/h vor Daniel Ricciardo mit 312,4 und Sebastian Vettel mit 312,3. Letzter dieser Wertung: Marcus Ericsson (Caterham) mit 290,4 km/h.

"Ganz ehrlich: Wir Fahrer sind bescheuert, wie wir dort durch die Senke jagen", sagt Button. "Man hat in dem Rechtsbogen Übersteuern, wenn man oben ankommt, will das Heck wieder in die Gegenrichtung stellen. Das ist alles nicht normal, macht aber unheimlich viel Spaß. Es gibt wenige Strecken, auf denen ich immer wieder das Gefühl habe, dass es mal wirklich knapp war. In Spa ist das der Fall. Durch Blanchimont ist es bei Nässe auch so."

Auch Teamkollege Kevin Magnussen empfindet Eau Rouge als "etwas ganz Besonderes. Die Kurve ist einzigartig. In keiner anderen Kurve hast du so ein Gefühl. Man nimmt sich immer vor, gleich in der ersten Runde voll auf dem Gas zu bleiben, aber es dauert immer ein wenig, bis man sich das traut." Hat man sich jedoch einmal dazu überwunden, ist die Links-Rechts-Links-Kombination jedoch auch mit den besseren Formel-1-Autos der Generation 2014 kein Problem mehr.

Ob das allerdings erst jetzt, auf Entwicklungsstand August, so ist oder ob die Boliden schon Stand März so weit gewesen wären, Eau Rouge voll zu fahren, das möchte Felipe Massa offen lassen: "Das Auto hat sich vom ersten Rennen an verbessert. Beim ersten Rennen wäre ich mir nicht sicher gewesen, aber jetzt ist es möglich. Ich bin nicht überrascht. Ich habe erwartet, dass es etwas schwieriger wird. Aber es ist okay", berichtet der Williams-Pilot.

Für Formel-1-Experte Marc Surer "ist die gefährlichste Stelle nicht Eau Rouge selbst, sondern der Ausgang davon. Warum? Man kommt hier über eine Kuppe, und den Extra-Grip, den man von der Senke hatte, wo das Auto auf den Boden gepresst wird, geht hier plötzlich verloren, und das Auto fängt an zu rutschen. Wer nicht optimal auf der Linie ist, kommt links auf den Randstein und fliegt gegenüber in die Absperrung."

"In Wirklichkeit sind es drei Kurven", so Surer. "Man kommt den Berg runter und fährt eine Linkskurve in die Senke. Die ist da am Schlimmsten, wo man für die Rechtskurve bergauf einlenken muss. Da wird das Auto zusammengepresst. Jetzt, wo FRIC verboten ist, muss man Scheiben bei den Stoßdämpfern unterlegen, damit das Auto nicht so hart durchschlägt. Es ist ganz wichtig, dass das Auto auf die Lenkung reagiert, damit man die Rechtskurve optimal nehmen kann."