• 01.11.2012 10:41

  • von Christian Sylt & Caroline Reid

Marussia unter Druck: 61 Millionen Pfund Schulden fällig

Das Marussia-Team gibt zu, dass es nach Investoren, Bezahlfahrern und Sponsoren sucht, um am Jahresende fällige Schulden zurückzahlen zu können

(Motorsport-Total.com) - Marussia gibt zu, in Gesprächen mit potenziellen Investoren zu sein, um den Betrieb nach einem Verlust von 49,3 Millionen Pfund (umgerechnet 61,2 Millionen Euro) nach Steuern aufrechterhalten zu können. "Die Direktoren befinden sich in aktiven Gesprächen mit potenziellen neuen Investoren und verfolgen auch andere Einnahmequellen wie zum Beispiel Sponsoren und Fahrer", bestätigt Team-Geschäftsführer Andy Webb. "Einige dieser Gespräche sind weit fortgeschritten, wenn auch noch nicht abgeschlossen, daher bleibt ihr Ausgang ungewiss."

Titel-Bild zur News: Andy Webb und Timo Glock

Marussia-Geschäftsführer Andy Webb im Gespräch mit Fahrer Timo Glock Zoom

Das Team stieg 2010 (damals noch unter dem Namen Virgin) in die Formel 1 ein und wird auf einen Wert von rund 45 Millionen Pfund (56 Millionen Euro) geschätzt. Das entspricht etwa einem Viertel des Werts des einzigen börsennotierten Teams der Formel 1, Williams. Während Williams insgesamt 16 WM-Titel (neun bei den Konstrukteuren, sieben bei den Fahrern) vorweisen kann, stehen Timo Glock und Charles Pic noch ohne einen einzigen Punkt da.

Ein desaströser Auftakt im Jahr 2010, als das damalige Virgin-Team Letzter in der Gesamtwertung wurde, wirkte sich auf die Finanzen des nächsten Jahres aus. Der Umsatz, der sich vor allem aus Sponsorenzahlungen und Preisgeldern zusammensetzt, schrumpfte 2011 um fünf Prozent auf 28,6 Millionen Pfund. Gleichzeitig stiegen die Kosten um elf Prozent auf 70 Millionen Pfund, sodass unterm Strich ein Nettoverlust von elf Millionen Pfund (14 Millionen Euro) stehen blieb.

Webb führt den Kostenanstieg auf "erhebliche Investitionen in das Teampersonal, die Infrastruktur und die Fabrik" zurück. Der Personalstand wurde verdoppelt, indem 46 Mitarbeiter in der Produktions- und Technikabteilung neu dazukamen. Der größte einzelne Kostenpunkt war Forschung und Entwicklung mit einer Verdreifachung auf 31 Millionen Pfund (38 Millionen Euro), weil das Team sein Auto erstmals selbst designte, wohingegen es diesen Prozess bis dahin stets ausgelagert hatte.

Das Team finanziert seinen Betrieb mit Schulden bei Lloyds Development Capital (LDC), der Private-Equity-Abteilung der britischen Lloyds-Bank. Im Vorjahr stellte LDC dem Team 38,4 Millionen Pfund zur Verfügung, womit die Gesamtverbindlichkeiten auf 77,7 Millionen Pfund (96,4 Millionen Euro) stiegen. LDC investierte 2009 ins Team und verkaufte im November des Folgejahres eine Kontrollmehrheit an Marussia, den russischen Sportwagenhersteller, nach dem der Rennstall benannt ist. Marussia kontrolliert jetzt 70,6 Prozent des Teams.

2011 reduzierten sich die Nettoschulden des Teams auf 76,9 Millionen Pfund, von denen 61 Millionen (76 Millionen Euro) am Ende dieses Jahres fällig werden. Aber Webb versucht zu beruhigen: "Nachdem wir alle verfügbaren Optionen in Betracht gezogen haben, sind die Direktoren zuversichtlich, dass eine Kombination aus weiteren Finanzierungen durch bestehende und potenzielle neue Investoren gemeinsam mit anderen potenziellen Einnahmen von Sponsoren, Fahrern und Formula One Management (FOM) der Firma und der Gruppe ermöglichen werden, ihre Schulden fristgerecht zu begleichen."

Das erhöhte Investment im vergangenen Jahr trägt erste Früchte, denn Marussia liegt derzeit in der Konstrukteurs-WM so gut wie noch nie, nämlich auf dem zehnten Platz. Sollte das Team das Jahr auf dieser Position beenden, winkt eine Vervierfachung des Preisgelds, im vergangenen Jahr zehn Millionen US-Dollar (7,7 Millionen Euro). Das könnte dem Team genau den Schub verleihen, den es benötigt, denn Webb enthüllt, dass das erklärte Ziel ist, bei der Premiere des Russland-Grand-Prix im Jahr 2014 auf dem Podium zu stehen. Bis dahin ist der Weg noch weit, aber zumindest stimmt die Richtung.


Fotos: Marussia, Großer Preis von Abu Dhabi