Personal: Ferrari bleibt Branchenführer

Mehrere Teams gehen mit mehr Mitarbeitern in die Saison 2012 als noch vor einem Jahr - Genaue Eigentumsverhältnisse einiger Teams erstmals bekannt

(Motorsport-Total.com) - Von wegen Sparen: Obwohl sich die westliche Welt einige Jahre nach der großen Wirtschaftskrise schon wieder mitten in einer Rezession befindet, scheinen es die Formel-1-Teams mit dem Einsparen von Arbeitsplätzen und damit auch ihren Personalkosten trotz Ressourcen-Restriktions-Abkommen (RRA) nicht so genau zu nehmen. Denn viele haben seit 2011 nicht Personal abgebaut, sondern zugelegt.

Titel-Bild zur News: Ferrari-Belegschaft in Maranello

Ferraris Gestione Sportiva ist immer noch die personalstärkste Formel-1-Fabrik

'Motorsport-Total.com' recherchiert jedes Jahr vor Saisonbeginn intensiv für die Erstellung der Teamporträts. Die Daten der britischen Handelskammer dienen uns dabei ebenso als Quelle wie der Branchenmonitor 'Formula Money' von unseren Business-Experten Christian Sylt und Caroline Reid, frühere und aktuelle Interviews mit Teamverantwortlichen und natürlich offizielle Angaben der Pressestellen. Zehn von zwölf Teams machen aus ihren Mitarbeiterzahlen nämlich gar kein Geheimnis.

Ferrari und McLaren geben sich schweigsam

Keine offiziellen Angaben machen nur Ferrari und McLaren. Es sind sich jedoch alle Experten einig, dass Ferrari am meisten Mitarbeiter für die Formel 1 beschäftigt - unserer Schätzung nach rund 850 (inklusive Motorenabteilung). Bei McLaren kann man sich an den Handelskammer-Zahlen orientieren, die allerdings über ein Jahr alt sind und sich seither geändert haben können. Nach Meinung von Branchenkennern arbeiten derzeit circa 600 Mitarbeiter am Formel-1-Projekt in Woking.

Damit sind Ferrari und McLaren auch die Spitzenreiter, was Personal angeht. Weltmeister Red Bull benennt 525 Mitarbeiter bei den Formel-1-Firmen Red Bull Racing und Red Bull Technology in Milton Keynes. Was das Budget angeht, hat das österreichisch-britische Team dank der Erfolge seit 2009 dramatisch aufgestockt. Nicht weit unter 300 Millionen Euro sollen den Mannen von Christian Horner zur Verfügung stehen - damit spielt man in der gleichen Liga wie McLaren.

Ferrari-Budgetdaten ausfindig zu machen, ist deutlich schwieriger, weil man nur die Daten der in Großbritannien stationierten Teams bei der britischen Handelskammer abfragen kann. Wie viel der Betrieb der Gestione Sportiva in Maranello pro Jahr kostet, kann also nur erahnt werden, doch Indizien und Schätzungen deuten auf einen Wert um oder sogar jenseits der 300 Millionen Euro hin. Einen großen Teil tragen externe Sponsoren wie Santander und Marlboro bei.

Was die Budgets angeht, spielt ansonsten nur noch Mercedes in der Liga über 200 Millionen Euro. Lotus und Sauber müssen den Gürtel im Vergleich zur vergangenen Saison enger schnallen, weil sie in eine finanzielle Schieflage geraten sind, wie 'Motorsport-Total.com' aus verlässlicher Quelle erfahren hat. Dafür steht Caterham deutlich mehr Geld als bisher zur Verfügung, weil man dank zweier zehnter WM-Ränge 2010 und 2011 nun stärker an den Concorde-Geldern mitnaschen darf.

Williams: Es scheitert nicht an der Größe

Die vielleicht größte Überraschung der Personal-Rangliste ist, dass Williams mit 520 Mitarbeitern auf Platz vier liegt, nur knapp hinter Weltmeister Red Bull. Doch während bei Red Bull am Standort Milton Keynes die komplette Belegschaft für die Formel 1 zur Verfügung steht, stehen auf der Williams-Payroll auch die Experten der Tochterfirma Williams Hybrid Power (WHP) und des Forschungszentrums in Katar.

Lotus kommt in Enstone auf 500, Mercedes in Brackley auf 450 Mitarbeiter - 50 mehr als noch 2011. Dazu kommen 400 Motorenexperten in Brixworth, die die V8-Triebwerke für das eigene Werksteam, McLaren und Force India entwickeln und bauen. Zum Vergleich: Renault Sport hat in Viry-Chatillon 170 Mitarbeiter. Obendrein beschäftigt Mercedes 20 weitere Mitarbeiter am Standort Stuttgart, die allerdings rein administrative Positionen für das gesamte Motorsport-Programm wahrnehmen.

Sauber operiert von Hinwil aus zwar ohne Technischen Direktor, weil der Posten von James Key nicht mehr nachbesetzt wird, aber dafür mit 300 anderen Mitarbeitern - genau wie Toro Rosso in Faenza. Der ehemalige Minardi-Rennstall benötigt in der stressigsten Entwicklungsphase im Winter bis zu 310 Mitarbeiter, kommt im Sommer aber mit 280 aus. 280 gibt übrigens auch Force India als derzeitigen Personalstamm in Silverstone an.

Beinahe schon zu diesen drei Teams aufgeschlossen hat Caterham, denn nach der jüngsten Aufstockung an den Standorten in Hingham und der ehemaligen Arrows-Fabrik in Leafield stehen auf der Payroll des ehemaligen Lotus-Rennstalls schon 253 Namen. Da können die anderen beiden neuen Teams nicht mithalten: Marussia gibt derzeit 171 Mitarbeiter an, HRT gar nur 75. Auch in Sachen Budget liegen diese beiden Rennställe klar hinter allen anderen.

Marussia-Eigentumsverhältnisse endlich geklärt

Ebenfalls erstmals offen liegt indes das genaue Anteilseigner-Verhältnis von Marussia. Dem Sportwagenhersteller selbst gehören demnach 70,6 Prozent des ehemaligen Virgin-Teams, der Bank Lloyds Development Capital 24,3 Prozent. Die restlichen 5,1 Prozent liegen in den Händen einer Firma namens OBS 2009. Diese wird laut unseren Informationen von Management-Mitgliedern wie John Booth und Graeme Lowdon kontrolliert.

Von den "beiden" Lotus-Teams (nur eines trägt 2012 noch den Namen des britischen Sportwagen-Herstellers) gehört keines tatsächlich Lotus. Lotus liegt zu 100 Prozent im Besitz von Gravity Racing International, einer Tochterfirma von Genii Capital. Caterham wiederum gehört nicht nur Tony Fernandes (25 Prozent), sondern auch zu je einem Viertel dessen malaysischen Geschäftspartnern Zahri bin Ismail, Kamarudin bin Meranun und Scheich Mohd Nasarudin.

Wegen des Börsengangs eigentlich kein Geheimnis mehr, aber dennoch erstmals gründlich recherchiert wurden die Eigentumsverhältnisse bei Williams. Demnach fällt die Kontrollmehrheit von 50,8 Prozent der zehn Millionen Aktien immer noch auf Frank Williams. Der Österreicher Toto Wolff kontrolliert mit seinen Firmen Williams Invest Holdings und Williams Holdings insgesamt 15,6, Mitgründer Patrick Head nur noch 9,3 Prozent.

3,5 Prozent werden einer Firma namens WGP Trustees zugeschrieben. Dabei handelt es sich um eine Beteiligungsgesellschaft, die hochrangigen Mitarbeitern wie etwa dem Vorstandsvorsitzenden Adam Parr eine Aktienbeteiligung am Team sichert und sie somit moralisch an Williams bindet. Weitere 20,8 Prozent befinden sich im öffentlichen Streubesitz an der Frankfurter Börse. Der Aktienkurs liegt derzeit bei 19,3 Euro (Jahreshoch: 21,1 Euro, Jahrestief: 12,1 Euro).