• 02.04.2012 14:16

  • von Dominik Sharaf

Rocquelin geht nur das Qualifying auf die Nerven

Sebastian Vettels Renningenieur liebt die Formel 1, weil sie Leistung sofort sichtbar macht - Racing-freies Relaxen mit dem Nachwuchs

(Motorsport-Total.com) - Am Rennsonntag in Sepang stand Guillaume Rocquelin ausnahmsweise im medialen Rampenlicht, als er Sebastian Vettel im Funk erklärte, er solle in der letzten Runde die Box ansteuern und das Rennen aufgeben. Oder doch nicht. Oder doch. Sonst arbeitet der französische Renningenieur im Hintergrund und zieht vom Kommandostand aus die Fäden. "Mein Job ist es, Sebastians Auto zum Laufen zu bringen", sagt er über seinen Beruf.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Die Stimme in Vettels Ohr: Renningenieur Guillaume Rocquelin (rechts)


"In der Fabrik überwache ich den Aufbau des Wagens, im Rennen müssen wir das bestmögliche Resultat herausholen", so Rocquelin weiter. Sich selbst beschreibt die englischsprachige Stimme mit dem französischen Touch, die früher unter dem Helm von David Coulthard schallte, als "nicht leicht zugänglich, ernsthaft und professionell". Bluthochdruck bekommt Rocquelin nicht in der Startaufstellung, sondern - typisch Techniker - vor dem Qualifying: "Kurz bevor es losgeht ist es viel stressiger als im Rennen. Wenn die Session erstmal gestartet ist, ist alles in Ordnung", erklärt er. Gleichzeitig sei das Zeittraining aber der Teil des Wochenendes, auf den er sich am meisten freue: "Es ist stressig und nervenaufreibend, aber auch einträglich und lohnend."

Lieber Ingenieur als Banker

Seinem Beruf spricht "Rocky" eine Liebeserklärung aus - weil in der Formel 1 Resultate im Mittelpunkt stehen. "Es ist nicht wie bei einem Job in der Bank. Diesen Beruf kann man jahrelang ausüben und hat keine Ahnung, ob man ihn gut macht oder nicht." Der Motorsport hingegen biete ständig Rückkopplung: "Es geht um Ergebnisse. Man erfährt jeden Tag, ob man das Ziel erreicht oder nicht." Rocquelin hat es sich nach eigener Aussage zur Maxime gemacht, immer seinen Part des Jobs in der Red-Bull-Mannschaft zu erfüllen: "Es ist schwierig, sich nicht ablenken zu lassen, weil Dinge nicht laufen, wie sie laufen sollten. Aber das kann außerhalb der eigenen Kontrolle liegen."

Die enge Zusammenarbeit mit Vettel, die im Jahr 2009 begann, genießt Rocquelin. Er erkenne bereits am Klang der Stimme des Doppelweltmeisters, was im Cockpit los sei, schließlich verbringe er mit seinem Fahrer mehr Zeit als mit seiner Frau, hatte er schon in der ersten gemeinsamen Saison gesagt. Daran dürfte sich in der Zwischenzeit genauso wenig geändert haben wie am Erfolg der deutsch-französischen Kooperation, die Vettel einst mit einem dicken "Rocky"-Schriftzug auf seinem Helm würdigte.

Reisestrapazen als Schattenseite

Doch in der Formel 1 ist selbst für den technikverliebten Rocquelin nicht alles Gold, was glänzt: "24 Stunden in einem Flugzeug - das ist niemals schön", schnauft er. Um in der Freizeit auf andere Gedanken zu kommen, widmet sich Rocquelin seinen drei Kindern und sieht darin die perfekte Gelegenheit abzuschalten: "Sie scheren sich noch nicht um die Formel 1. Sobald ich zu Hause bin, kann ich ihnen über meinen Job erzählen, was ich will - es interessiert sie nicht. So relaxe ich." Hätte es ihn nicht zum Motorsport verschlagen, wäre er wohl Zimmermann geworden, ist sich Rocquelin sicher. Eben ein Beruf, der Resultate sofort sichtbar macht.

"Ohne Motorsport wäre ich Zimmermann geworden." Guillaume Rocquelin