• 09.04.2011 19:07

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Kampfansage von McLaren: Noch 17 Entwicklungsschritte

Martin Whitmarsh ist nicht zufrieden, solange McLaren keine Rennen gewinnt, und kündigt für 2011 ein extrem aggressives Entwicklungsprogramm an

(Motorsport-Total.com) - Noch vor einem Monat tippten die meisten Experten auf Red Bull und Ferrari als stärkste Teams, doch McLaren hatte nach einem verkorksten Testwinter kaum jemand auf der Rechnung. Dann stellten die Briten ihren radikalen Auspuff wieder in den Keller, wechselten auf ein konventionelleres System, überraschten in Melbourne und fighteten heute in Sepang schon um die Pole-Position.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh kündigt ein äußerst aggressives Entwicklungsprogramm an

Auch wenn es am Ende um eine Zehntelsekunde nicht gereicht hat, kann McLaren zufrieden sein. "Wir sind zu diesem Zeitpunkt der Saison konkurrenzfähiger als 2010, näher an Red Bull dran", findet zum Beispiel Jenson Button, der den morgigen Grand Prix von Malaysia als Vierter in Angriff nehmen wird. Lewis Hamilton fällt die Steigerung vor allem in schnellen Kurven auf: "Definitiv! In den schnellen Kurven waren wir schon im letzten Rennen viel näher an ihnen dran als alle anderen", lobt er.

Neuer Unterboden nicht im Einsatz

Aber der Weltmeister von 2008 weiß auch: "Trotzdem hatte Red Bull noch einen Vorsprung. Seit Melbourne haben wir noch einmal ein paar neue Teile bekommen, die uns in den schnellen Kurven helfen. Wir sind schon fast so gut wie sie, aber im Mittelsektor sieht man, dass sie immer noch ein bisschen Zeit in den schnellen Kurven gewinnen. Wahrscheinlich gibt es Kurven, die sie voll fahren können, wo wir leicht lupfen müssen. So etwas macht gleich mal ein halbes Zehntel aus."

"Vom Anpressdruck her sind wir nicht weit weg, aber wir brauchen noch mehr. Das Team hat aber einen Megajob gemacht und es ist wirklich klasse, dass wir es mit Red Bull aufnehmen können", so Hamilton. Dass der Rückstand vom eher untypischen Stadtkurs in Melbourne zum sehr repräsentativen Aerodynamik-Parcours in Sepang nicht größer, sondern deutlich kleiner geworden ist, obwohl Red Bull jetzt endlich auch KERS hat, ist ebenfalls ein positives Zeichen.

¿pbvin|512|3576||0|1pb¿Die große Steigerung gelang aber erst heute. Martin Whitmarsh erklärt: "Wir hatten hier einige neue Teile dabei, deren Potenzial wir am Freitag noch nicht entfalten konnten. Es gibt daher noch ein paar aerodynamische Updates, die wir noch nicht montiert haben - zum Beispiel den neuen Unterboden, den wir am Freitag in Schanghai erneut testen werden. Hier fahren wir den gleichen Unterboden wie in Melbourne, aber da und dort ein paar aerodynamische Neuerungen."

"Wir haben schon Verbesserungen geschafft, aber da muss noch mehr kommen", fordert der McLaren-Teamchef, der sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen will: "Vom letzten Test bis zum ersten Rennen haben wir große Fortschritte gemacht. So gesehen sind wir zufrieden, aber klar ist auch, dass wir gewinnen wollen. Wir haben Fortschritte gemacht. Wenn wir die weiterhin machen, dann werden wir bald vorne sein, aber darauf können wir uns nicht verlassen - Red Bull steht ja auch nicht still."

Karten völlig neu gemischt

Die Erkenntnisse von Melbourne mit denen von Sepang zu vergleichen, hält er übrigens für eine gefährliche Angelegenheit, denn: "Die zwei Strecken sind völlig unterschiedlich. Die hier ist anspruchsvoller mit schnellen Kurven", gibt Whitmarsh zu Protokoll. "Ich glaube, wir sollten zufrieden sein, dass wir aufgeholt haben, und ich würde hoffen, in Melbourne schneller zu sein als beim letzten Mal, wenn wir jetzt noch einmal dort fahren würden."

Jenson Button

Jenson Button glaubt, dass McLaren schon weiter ist als vor einem Jahr Zoom

"Wir haben Verbesserungen geschafft, sollten aber auch nicht vergessen, dass unsere Fahrer am Freitag in Australien zum ersten Mal mit dem neuen Paket gefahren sind. Das heißt, sie und die Ingenieure mussten das Paket erst kennenlernen. Das war nicht die beste Vorbereitung", erinnert er an die ungeplante Express-Einführung des aktuellen Auspuffsystems. Ist damit das radikale Auspuffsystem von den Wintertests ad acta gelegt, Martin? "Nein", entgegnet er.

Begründung: "Weltmeisterschaften werden nicht an den ersten zwei Rennwochenenden gewonnen. Wir haben noch viel Arbeit vor uns, müssen das Auto noch 17 Mal schneller machen. Dazu gehört eine Menge Forschung und Entwicklung - und ausschließen möchte ich im Moment gar nichts. Es stimmt aber, dass es im Moment andere Prioritäten gibt, um das Paket zu verstärken. Auf die konzentrieren wir uns erstmal."

Dass Christian Horner behauptet, Red Bull habe in den vergangenen zwei Jahren schneller entwickelt als McLaren, lässt ihn relativ kalt: "Es ist ein sehr interessantes Entwicklungsrennen. Ich habe diese Analyse noch nicht gemacht, mache mir aber mehr Sorgen über das Entwicklungsrennen in diesem Jahr", winkt er ab und ergänzt: "Es hat keinen Sinn, Vorhersagen zu machen. Aber das ist ja gerade das Aufregende am Motorsport, oder?"