• 12.07.2009 19:13

  • von Dieter Rencken

Brawn: "So spricht ein frustrierter Rennfahrer"

Ross Brawn hat Verständnis für die hitzigen Aussagen von Rubens Barrichello, widerspricht aber: Ein Rennsieg war für Brawn in der Eifel einfach nicht drin

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rubens Barrichello erklärte nach dem Rennen, dass man heute an Brawn sehen konnte, wie man ein Rennen verliert. Wie ist deine Reaktion darauf?"
Ross Brawn: "Es war kein tolles Rennen für uns. Wir haben vielleicht zu sehr versucht, den Leistungsnachteil hier auszugleichen. Wir haben es mit drei Stopps probiert, dann hatten wir das Problem mit der Tankanlage bei Rubens - was es noch schlimmer machte. Und der Funk bei ihm war auch nicht gut im Rennen. Er bekam die normalen Hinweise im Rennen nicht, war also nicht so gut informiert. Er hatte nicht das ganze Bild von dem, was vorgefallen ist. Aber wir waren heute einfach nicht schnell genug."

Titel-Bild zur News: Ross Brawn (Teamchef)

Ross Brawn versteht die Aufgeregtheit von Rubens Barrichello

Frage: "Also gibst du ja zu, dass Ihr ihm den Sieg gekostet habt."
Brawn: "Ja, indem wir nicht schnell genug waren. Wenn wir schneller gewesen wären, dann hätten wir das Rennen gewonnen. Aber wir waren zu langsam."#w1#

Frage: "Es lag also nicht an Entscheidungen, die getroffen oder eben nicht getroffen wurden?"
Brawn: "Es gab keine Entscheidungen, die man treffen musste. Wir betankten ihn, damit er vor Rosberg wieder auf der Strecke ist. Dann gab es das Problem mit der Tankanlage. Als er auf die Strecke kam, war er hinter Rosberg. Solche Dinge passieren in der Boxengasse zuweilen. Das war Pech. Er ist sehr frustriert, aber das sind wir auch."

Brawn nicht schnell genug

Frage: "Seine Folgerung war aber, dass er das Rennen gewonnen hätte, wenn Ihr die richtigen Entscheidungen getroffen hättet."
Brawn: "Ich glaube nicht, dass das so ist. Wenn er sich die Zahlen ansieht, wird er sehen, dass wir heute zu langsam waren. Es gab keine Chance auf den Sieg. Mark (Webber) hatte eine Durchfahrtsstrafe und war nach einigen Runden dennoch vor uns. Wir waren einfach nicht schnell genug. Wenn man aber abgeschottet im Auto sitzt, dann hat man kein genaues Bild von dem, was vor sich geht. Das wird er sehen, wenn er versteht, wie das Rennen verlaufen ist. Dann wird er die Dinge etwas anders sehen."

Frage: "Als es über die Nachbetrachtung mit dem Team ging, sagte er, er wolle das Blabla des Teams gar nicht hören. Wie geht man damit um?"
Brawn: "So spricht ein frustrierter Rennfahrer. Wenn man so viel in ein Rennen investiert und es klappte nicht, dann ist das manchmal so. Wenn man aus dem Auto steigt und glaubt, man hätte das Rennen gewinnen sollen, man aber nicht alle Fakten hat, dann passiert das. Nun hat er die Tatsachen und versteht, was passiert ist."

Meisterschaft auf der Kippe

Frage: "Kannst du es akzeptieren, wenn ein Fahrer so offen spricht?"
Brawn: "Diese Leidenschaft haben einige Fahrer eben. Ich möchte schon wissen, was er genau gesagt hat, aber er versteht jetzt, was im Rennen passiert ist. Rubens fuhr heute die elftschnellste Runde im Rennen. Da kann man nicht das Rennen gewinnen, egal mit welcher Strategie. Das ist nicht möglich. Unser Problem ist, dass wir schneller sein müssen. Heute waren wir nicht schnell genug. Wir müssen nun antworten, sonst werfen wir die Meisterschaft weg."

Frage: "Wirst du mit Rubens über seine Aussagen noch einmal reden?"
Brawn: "Ehe wir etwas sagen, werde ich zunächst die gesamte Situation verstehen. In der Hitze des Gefechtes passieren solche Sachen. Wir sehen das gesamte Bild, aber auch das, was Rubens gesagt hat. Rubens ist ein sehr wichtiges Mitglied des Teams. In sehr schwierigen Zeiten blieb er dem Team treu. Er genießt viel Loyalität. Das geht nicht durch ein paar hitzige Worte nach dem Rennen kaputt."