• 07.06.2009 20:35

  • von Helgert, Nimmervoll & Rencken

Barrichello: "Das war ein Witz"

Ein frustrierter Brasilianer ärgerte sich über Kupplung, Getriebe und Begrenzer und beschwor die eigene Kampfeslust und die intakten WM-Chancen

(Motorsport-Total.com) - An jedem Rennwochenende gibt es offenbar eine feste Wiederholung: Rubens Barrichello möchte auf den Teamkollegen Jenson Button aufholen - und dürfte das auch. Doch irgendwas passiert dann. In der Türkei war es die Kupplung. Beim Start quittierte diese - aus welchen Gründen auch immer - kurzfristig den Dienst, ein Notprogramm griff ein. Als alles wieder funktionierte, war Barrichello schon in der hinteren Hälfte des Feldes.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello hat ein nächstes Ziel: Zurückschlagen in Silverstone

"Sie hat einfach nicht gegriffen, das Auto bewegte sich nicht. In diesem Fall geht der Motor in das Notprogramm, damit er nicht ausgeht", beschrieb der Brasilianer. "Als ich da wieder raus war, war ich mitten im Drama." Teamchef Ross Brawn bestätigte, dass dies nicht das erste Mal so war. "Es war genau das gleiche Problem wie in Melbourne", erklärte er.#w1#

"Es kann ein Fahrfehler sein oder aber auch der Versuch, mit der Optimierung der Kupplung zu nahe ans Limit zu gehen, sodass der Schleifpunkt zu schwierig zu finden ist", fuhr er fort. Letztlich war es für das weitere Rennen aber auch zweitrangig, denn Barrichello fuhr eingeklemmt im Feld seine Runden. "Ich habe gehört, dass Jenson gesagt hat, er hatte ein tolles Auto. Ich hatte das auch. Ich fuhr im Rennen auch Kurve acht auch voll", erklärte er.

Begrenzter siebter Gang

Und hier kommt das zweite Problem von Barrichello zum Tragen. Sein siebter Gang war zu kurz übersetzt, wohl eine Folge des Windes, der gegenüber den Vortagen um 180 Grad drehte. "Wir haben es mit dem siebten Gang völlig verbockt", erklärte er. "Ich war ausgangs der achten Kurve schon im Begrenzer noch ehe es auf die Gerade ging. So konnte ich niemanden überholen. Das war ein Witz."

"Wir haben es mit dem siebten Gang völlig verbockt." Rubens Barrichello

Das wiederum führte dazu, dass er sich an Gegnern vorbeikämpfen wollte. "So musste ich Risiken eingehen und es endete in Kollisionen", so Barrichello. "Gegen Ende stiegen die Getriebetemperaturen immer weiter an und wir hatten Angst, dass sie eingeht. Also kam ich rein." Somit kann er für Silverstone auch straffrei das Getriebe wechseln.

Der Schlag in der Türkei aber sitzt tief, denn Button enteilte um weitere zehn Punkte. "Das ist sehr enttäuschend. Jenson machte sich schon Gedanken, wie er nach dem Start den Platz mir wieder abluchsen könnte, denn es gab Hinweise, dass der Grip auf meiner Seite besser war. Und dann geriet ich beim Start in den Anti-Stall und konnte dagegen nichts tun. Es ist enttäuschend, wenn man dann nicht das Auto voll nutzen kann, weil man im Begrenzer hängt", so der Brasilianer kopfschüttelnd.

Freie Fahrt im Team

Vor dem Rennen fragte er extra noch an, ob denn freies Fahren - auch gegen den Teamkollegen - gestattet sei. "Heute Morgen sprach ich mit Jenson und wir kommen ja sehr gut miteinander aus. Wir beide wollen gewinnen. Wir wollten einfach wissen, ob wir nach dem zweiten Boxenstopp gegeneinander kämpfen können, wenn man eigentlich das Auto schon schont", erklärte er. "Wir gingen zu Ross und fragten ihn. Wir beide wollten frei fahren. Das war ganz anders als zu meiner Ferrari-Zeit."


Fotos: Rubens Barrichello, Großer Preis der Türkei


"Es wäre ein guter Tag gewesen, um einige Punkte wiedergutzumachen. Jenson ist glücklich, ich nicht", fuhr er fort. "Das einzig Positive, das ich von diesem Rennen mitnehme, ist, dass ich bis zum Ende gekämpft habe. Ich habe nicht aufgegeben. Ich wusste, dass ich wieder in die Punkte hätte kommen können."

Barrichello macht sich Mut

Nun wird die Aufgabe in der Meisterschaft noch schwerer, doch der Routinier macht sich Mut. "Rechnerisch ist sie ja noch offen", erklärte er. "Momentan bin ich angepisst, aber morgen sieht das schon wieder anders aus. Ich mag Silverstone und möchte dort gewinnen. Ich möchte dort alles holen, nicht nur gewinnen, sondern auch die Pole-Position und die schnellste Rennrunde sichern."

"Ich rechne damit, dass er zurückschlagen wird." Ross Brawn

Dass die Weichen schon in Richtung Button gestellt sind, glaubt er indes nicht. "Das könnte man zwar denken, aber ich glaube nicht, dass er mir wegzieht", erklärte er. "Dafür waren wir drei Jahre viel zu eng beisammen. In einem Jahr war er besser, im anderen Jahr ich. Irgendwann wird er nachlassen, dann bin zur Stelle. Ich glaube nicht, dass er jedes Rennen gewinnt. Wenn er nicht gewinnt, muss ich da sein."

Auch Brawn glaubt nicht, dass sein zweiter Mann plötzlich die Flinte ins Korn werfen wird. "Es ist mental eine große Herausforderung für ihn und sicher eine große Enttäuschung", erklärte er. "Aber ich bin mir sicher, dass er beim nächsten Rennen wieder entschlossen bei der Sache sein wird. Das nächste Rennen ist Silverstone - eine Strecke, die er liebt und auf der er immer sehr gut fährt. Ich rechne damit, dass er zurückschlagen wird."