Ferrari und Co. fahren schwere Geschütze auf
Tag eins der Berufungsverhandlung in Paris: Ferrari wirft Ross Brawn Arroganz vor, Renault kritisiert die FIA und Brawn selbst ist weiter optimistisch
(Motorsport-Total.com) - In Paris fand heute vor dem Internationalen Berufungsgericht der FIA die Verhandlung der Berufungen von Ferrari, Renault und Red Bull gegen die Entscheidung der Rennkommissare in Australien statt. Bekanntlich waren dort die umstrittenen Diffusoren von Brawn, Toyota und Williams in erster Instanz für legal erklärt worden.
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Darum geht es bei der Verhandlung in Paris: Doppelstöckiger Diffusor von Brawn
Dagegen gingen Ferrari, Renault und Red Bull in Berufung. Das BMW Sauber F1 Team legte erst in Malaysia einen formell sauberen Protest ein, der ebenfalls abgewiesen wurde, ging dagegen aber nicht mehr in Berufung. Daher ist das deutsch-schweizerische Team zwar in Paris vertreten, aber kein offizieller Ankläger. Gleiches gilt für McLaren-Mercedes: Die Silberpfeile sind eigenen Angaben nach als "Beobachter und Zuhörer" anwesend.#w1#
Ross Brawn übergab ein von seinem eigenen Team ausgearbeitetes Dossier zur Verteidigung der zweistöckigen Diffusoren an das Berufungsgericht und schickte ein Eröffnungsplädoyer hinterher, in dem er sich zuversichtlich äußerte, Recht zu bekommen: "Man kann sich nicht zu 100 Prozent sicher sein, aber ich hoffe, dass sich die Vernunft durchsetzen wird und dass das Berufungsgericht entscheidet, dass es eine Prozedur gibt, die von uns eingehalten wurde."
Rechtsanwalt schießt sich auf Brawn ein
Es handle sich außerdem um "eine sehr komplexe technische Angelegenheit", so der Brite, dessen Rennstall die ersten beiden Grands Prix gewonnen hat. Daher sei es für das Berufungsgericht möglicherweise schwieriger als für die Rennkommissare, die richtige Entscheidung zu treffen. Genau auf diese Worte schoss sich später Ferrari-Rechtsanwalt Nigel Tozzi ein, den man spätestens seit der Spionageverhandlung im Jahr 2007 kennt.
Tozzi bezeichnete den Brawn-Teamchef als "rachsüchtig", weil dieser gesagt haben soll, die berufenden Teams hätten "zu langsam kapiert", worum es eigentlich geht. Und der Rechtsanwalt fügte an: "Jeder, der des Englischen einigermaßen mächtig ist, wird Ihnen sagen, dass es sich hier um ein Loch handelt. Lassen Sie sich also nicht von jemandem in die Irre führen, der mit clever gewählten Worten argumentiert."
"Wir haben dieses Berufungsverfahren nicht, weil wir nicht das Maximum aus einer Möglichkeit gemacht, sondern weil sich Brawn, Toyota und Williams nicht innerhalb des Reglements bewegen", fügte Tozzi an. Gleichzeitig kritisierte er die FIA und insbesondere deren Technischen Delegierten Charlie Whiting, der laut Ferrari-Statement "nicht versteht, worum es geht". Man müsse die FIA vor sich selbst schützen, sagte Tozzi.
Kritik an der FIA
Außerdem sei ausgerechnet FIA-Präsident Max Mosley ein großer Verfechter der Kostenkontrolle in der Formel 1, was es für ihn schwer nachvollziehbar macht, dass sieben Teams gezwungen werden sollen, für teures Geld neue Diffusoren zu entwickeln. Das verwundert freilich gerade aus Ferraris Mund, schließlich sind es die Italiener, die bis zum Europaauftakt für mehrere Millionen Euro ein Leichtgewichtschassis entwickeln, um KERS besser nutzen zu können.
Renault wiederum beschwerte sich darüber, dass man selbst eine ähnliche Lösung wie Brawn bei Whiting angefragt hatte, aber ein Nein als Antwort bekam: "Es ist nicht so, dass Renault den Zug verpasst hätte, wie Brawn es darstellt, sondern Renault hat diese Lösung nicht umgesetzt, weil sie von der FIA damals als illegal eingestuft wurde. Dadurch hat Renault die Entwicklung eines solchen Diffusors eingestellt", erklärte Rechtsanwalt Andrew Ford.
Urteil wurde heute noch keines verkündet - dazu soll es erst morgen Nachmittag kommen. Somit haben die Entscheider genug Zeit, sich über Nacht Gedanken zu machen. Die Konsequenzen sind klar: Werden die Diffusoren für legal erklärt, dann müssen die anderen sieben Teams nachrüsten, werden sie jedoch nachträglich doch als illegal eingestuft, dann wird Brawn, Toyota und Williams nichts anderes übrig bleiben als auf eine konventionelle Lösung umzusteigen.