• 27.05.2006 20:28

Gesammelte Reaktionen auf Schumachers "Straßensperre"

Von Fernando Alonso über den aufgebrachten Keke Rosberg ("Drecksack!") bis hin zu Ross Brawn baten wir um Meinungen im Fall Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher mag der erfolgreichste Rennfahrer aller Zeiten sein, doch es sind Zwischenfälle wie in Adelaide 1994, Jerez 1997, Montréal 1998 oder heute im Qualifying in Monaco, die dazu führen, dass er von so manchem Fan zwar respektiert, aber nicht geliebt wird. Das FIA-Urteil in der Schuldfrage steht noch aus, doch im Fahrerlager ging es nach dem Qualifying schon heiß her. Dabei kam es zur üblichen Lagerbildung in solchen Fällen - mit dem feinen Unterschied, dass die Schumacher-Fürsprecher diesmal klar in der Unterzahl waren...

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher wurde in Monaco gleich zweimal zur Rennleitung zitiert

Fernando Alonso (Renault): "Ich habe zu der Situation sehr wohl meine Meinung, möchte sie aber lieber für mich behalten."#w1#

Flavio Briatore (Teamchef, Renault): "Es war Absicht. Das sage nicht nur ich, sondern das sagt jeder! Er hat alle hinter sich aufgehalten - uns, McLaren, alle! Das ist eines siebenfachen Weltmeisters nicht würdig. Das Märchen, dass das nur ein Fahrfehler war, kann er mir nicht auf die Nase binden. Michael hält uns alle für Narren! Wir sind doch nicht Schneewittchen und die sieben Zwerge! Er hat sich grob unsportlich verhalten. Unglaublich!"

"Wir sind doch nicht Schneewittchen und die sieben Zwerge!" Flavio Briatore

Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team): "Ich habe nur die Erzählungen gehört, habe es selbst nicht gesehen."

Christian Klien (Red Bull Racing): "Es sah schon danach aus, als hätte er das Auto dort geparkt, denn er hat nichts touchiert. In seinem Sinne hat es funktioniert - er steht auf der Pole Position! Ob er die auch behalten darf, müssen andere entscheiden."

Niki Lauda (Ex-Formel-1-Weltmeister): "Was mich erstaunt hat, sind Michaels Lenkradbewegungen - das Fernsehen zeigt ja heutzutage alles ganz genau. Dass er im ersten Kurventeil nach links lenkt, weil das Heck ausbricht, ist logisch. Dann lenkt er wieder nach rechts, dann macht er wieder auf - und am Schluss lenkt er wieder nach rechts, kommt aber natürlich nicht mehr um die Kurve herum und bleibt stehen. Ross Brawn hat gesagt, dass es kein technisches Problem gab, was eine Erklärung gewesen wäre. Wenn Michael nicht Argumente findet, die er bis jetzt noch nicht gesagt hat und die ich noch nicht kenne, dann schaut es wirklich blöd aus für ihn. Solange er nicht erklären kann, warum er diese Lenkbewegungen gemacht hat, die in dem Teil der Kurve völlig unnötig waren, war es für mich Absicht. Den Stewards wird er das aber schon richtig erklären. Es ist ja schwierig, ihm das Gegenteil zu beweisen. Dann startet er von der Pole Position - und das ist hier die halbe Miete. Ich wäre an Briatores Stelle auch aufgebracht, wenn ich Teammanager wäre. Das war vollkommen unnötig von Michael, seiner nicht würdig."

Helmut Marko (Berater, Red Bull): "Ich finde es billig, was da abgelaufen ist. Das hat ein siebenfacher Weltmeister nicht nötig! Es war so offensichtlich, was er da geplant hat - das ist nicht gut für den Sport."

Juan-Pablo Montoya (McLaren-Mercedes): "War es wirklich ein Fehler? Das bezweifle ich stark. Michael hat alle verarscht! Ich will nicht mehr dazu sagen, aber es würde mich schon sehr überraschen, wenn man ihn dafür nicht bestraft."

Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes): "Ich glaube nicht, dass er ein Problem hatte. Michael hätte die Cockpitkamera mit der einen Hand verdecken sollen! Er hat gelbe Flaggen heraufbeschwört und das Qualifying aller Fahrer zerstört, also sollte er bestraft werden."

"Michael hätte die Cockpitkamera mit der einen Hand verdecken sollen!" Kimi Räikkönen

Keke Rosberg (Managervater und Ex-Formel-1-Weltmeister): "In meiner Welt gibt es so eine Tat nicht. Keine Ahnung, wie er auf die Idee gekommen ist, so etwas zu machen. Das gehört nicht in die Formel 1! Er wird aber hoffentlich seine Konsequenzen ziehen, aufhören und uns in Ruhe lassen. Er versteht bestimmt, dass man so etwas nicht macht. Das war sicher sein persönlicher Einfall. Für mich ist er ein Drecksack! Er soll mit der Formel 1 aufhören, denn er schadet unserem Sport. Das ist der unsportlichste Tag, den ich jemals in der Formel 1 erlebt habe!"

Nico Rosberg (Williams): "Man muss einmal abwarten, denn es ist nicht klar, ob Michael das absichtlich gemacht hat oder nicht. Die Situation muss aber analysiert werden, denn ich kann mir schon vorstellen, dass es Absicht war. Es ist dadurch ideal gelaufen für ihn. Ich darf dazu nichts sagen, bis die Sache geklärt ist. Wenn es Absicht war, dann alle Achtung! Er ist Direktor der 'GPDA' (Fahrergewerkschaft; Anm. d. Red.) und sollte eigentlich ein Vorbild an Fairness sein. Es wäre schade. Man muss lernen, wie die Mentalität in der Formel 1 ist. Da gibt es kein Miteinander, sondern das sind alles volle Egoisten. Ich glaube nicht, dass Michael so ein Fehler passieren kann, denn er fuhr die Kurve schon ganz anders an als sonst. Ich habe mir die Bilder angesehen. Vielleicht war am Auto was falsch."

Ralf Schumacher (Toyota): "Ich möchte das nicht kommentieren. Natürlich passieren solche Fehler mal, aber Michael weiß am besten, was da passiert ist. Ich verlasse mich darauf, dass die Rennleitung die richtige Entscheidung treffen wird."

Jackie Stewart (Ex-Formel-1-Weltmeister): "Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es hätte nicht passieren dürfen. Es war zu offensichtlich! Ich glaube, dass er nach rechts lenken und an die Box abbiegen hätte können. So, wie es gekommen ist, hat es mich sehr überrascht. Die Geschwindigkeit war nicht hoch, sondern es war ein langsamer Zwischenfall. Schade ist halt, dass so etwas genau passiert ist, als Leute wie Alonso und Rosberg auf einer schnellen Runde waren. Klar, so etwas kann schon mal vorkommen, aber in dem Fall sah es für mich so aus, als hätte man die Sache vermeiden können, um es vorsichtig zu sagen. Alle wundern sich, dass nicht einmal sein Frontflügel beschädigt wurde. Zufall? Ich wäre an Alonsos Stelle jedenfalls stinksauer."

"So etwas kann schon mal vorkommen, aber in dem Fall sah es für mich so aus, als hätte man die Sache vermeiden können." Jackie Stewart

Jacques Villeneuve (BMW Sauber F1 Team): "Ich hoffe, dass es Absicht war, denn wenn nicht, dann steht ihm keine Superlizenz zu! Wenn man so einen Fehler machen kann, sollte man sich nicht in ein Rennauto setzen. So etwas passiert nicht einfach so. Ich könnte mir niemals vorstellen, so etwas selbst zu machen. Als er sich dazu entschieden hat, das zu machen, muss er doch gewusst haben, dass ihm die ganze Welt auf die Finger schaut! Solche Aktionen rufen einem wieder in Erinnerung, dass hinter allem etwas steckt, was manche Menschen machen. Ob ihn die Rennleitung bestrafen wird? Aber er fährt doch einen Ferrari! So etwas ist einfach nur peinlich für einen Weltmeister. Das wäre sogar für Yuji (Ide; Anm. d. Red.) peinlich."

Mark Webber (Williams): "Ich hoffe, dass es nur ein Zwischenfall war, denn wenn nicht, dann war das wirklich eine unsportliche Aktion von ihm. Es kann schon mal passieren, dass man die Vorderräder blockiert und ein bisschen von der Linie abkommt. Auf anderen Strecken fährt man dann halt ins Kiesbett, aber mit den Leitplanken kann man das hier nicht machen. Die Wahrheit kennen wahrscheinlich nur zwei oder drei Leute. Wir werden nie erfahren, was da wirklich passiert ist. Michael hat aber schon Recht, wenn er sagt, dass die Gegner immer etwas gegen einen haben, wenn man auf Pole Position steht. Die anderen hätten im ersten Run einfach besser als er sein sollen, dann würde sich jetzt niemand darüber aufregen. Michael hatte in der Vergangenheit ein paar gute Tricks, aber ich weiß nicht, ob das einer davon war. Wenn es Absicht war, dann war es kindisch, nicht wahr? Warum muss so etwas immer wieder passieren? Reicht es denn nicht, dass Mike Tyson jemandem das Ohr abgebissen hat?"

Martin Whitmarsh (Geschäftsführer, McLaren-Mercedes): "Michaels Zeit in der Runde war schlecht, daher kann man spekulieren, dass er sich am Funk erkundigt hat, wo alle anderen gerade waren. Wir wissen es aber nicht. Die Optik ist jedenfalls sehr schief. Auf den Cockpitkameras sieht man, dass er in die Kurve fährt und das Auto nicht außer Kontrolle verliert. Er lenkt von der Kurve weg, wackelt ein bisschen, hört damit auf, schafft es gerade noch um die Kurve - und dann bleibt er stehen. Für einen so großartigen Fahrer ist das schon ein ziemlich stümperhafter Fehler. Wir haben nicht alle verfügbaren Daten, aber wir haben Augen. Er muss schon außergewöhnliche Erklärungen liefern, warum das Auto nicht mehr beschädigt wurde und warum auf einmal der Motor abstarb."

" Wir haben nicht alle verfügbaren Daten, aber wir haben Augen." Martin Whitmarsh

Alexander Wurz (Testfahrer, Williams): "Ich mag nichts unterstellen, aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mir so vorkommt, als hätte er es mit Absicht gemacht. An der Stelle der FIA würde ich jetzt zu Ferrari gehen, schauen, ob er vorher einen Funkspruch erhalten hat, denn durch die Onboardkamera hat man gesehen, dass in der Kurve nichts war. Er hätte einfach herumfahren können. Das sind Strategien, die teilweise eingesetzt werden, aber ich finde das nicht okay. Vielleicht bin ich zu sehr mit dem Fahrerherzen dabei und rege mich mehr auf als notwendig. Ich muss mich vielleicht ein bisschen zügeln."

Gerhard Berger (Teilhaber, Scuderia Toro Rosso): "Kein Kommentar. Es gibt eine FIA, die sich alles genau anschauen wird und die alle Informationen hat. Ich habe mich nicht genau damit befasst, weil wir mit unseren eigenen Sachen beschäftigt sind."

Ross Brawn (Technischer Direktor, Ferrari): "Ich denke, dass man erst einmal abwarten sollte, bis die Fakten am Tisch sind. Momentan schwappen die Emotionen über. Später kann man sich immer noch eine Meinung bilden. Michael hat in Rascasse die Kontrolle über das Auto verloren. Er hat die Bremsen blockiert und kam dadurch von der Linie ab. Am Funk konnten wir ihn wegen des vielen Fluchens erst gar nicht hören! Wir würden so etwas jedenfalls niemals absichtlich machen! Er war auf einer sehr schnellen Runde mit wenig Benzin und hätte sich ja selbst verbessert.

"Wir würden so etwas niemals absichtlich machen." Ross Brawn

Hans-Joachim Stuck ('F1Total.com'-Experte): "Michael war auf einer sehr schnellen Runde, war voll am Attackieren und hatte in der Rascasse eine etwas andere Linie. Er hatte leichtes Übersteuern, musste dann gegenlenken - aber dann reichte der Radius nicht mehr. Man kann natürlich schon sagen, dass so etwas einem Schumacher normalerweise nicht passiert, aber ich will ihm keine Absicht unterstellen. Das war nicht geplant - und er hat es in keiner Weise nötig. Von der Box kam auch sicher keine Anweisung, denn so schnell können die dort nicht reagieren."

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