• 28.01.2002 21:15

  • von Fabian Hust

Alain Prost: Die Chronologie des Scheiterns

Von 1997 bis 2002: Durchleben Sie noch einmal die schwierige Zeit von Alain Prost als Teamchef in der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Als Alain Prost 1997 mit dem von ihm Ende 1996 gekauften Ligier-Team (9 Siege) unter dem Namen Prost Grand Prix in der Formel 1 als Teamchef sein Debüt gab, da träumte der vierfache Formel-1-Weltmeister von einem französischen Nationalteam, bestehend aus Piloten, Sponsoren und einem Motorenpartner aus der "Grande Nation". Doch so gut Alain Prost im Cockpit zu seiner aktiven Zeit war, so schlecht lief es für ihn als Dirigenten einer zuletzt rund 200 Mann starken Truppe. Nach 83 Grand Prix, 0 Siegen, 0 Pole Positions und 0 schnellsten Rennrunden heißt es nun "Au revoir Prost Grand Prix".

Titel-Bild zur News: Alain Prost

Alain Prost: Er hat gekämpft wie einst im Cockpit. Doch dieses Mal hat er verloren

Saison 1997
Nach dem letzten Sieg des Ligier-Teams in Monaco 1996 kauft Alain Prost den Rennstall auf und geht in Melbourne mit Olivier Panis und Shinji Nakano an den Start. Mit dem Mugen-Motor im Heck scheint Prost an die Ligier-Saison anknüpfen zu können, doch in Kanada erfolgt mit dem schweren Unfall von Panis, bei dem sich der Franzose beide Beine bricht, bereits der erste, herbe Rückschlag. Als Ersatz wird Jarno Trulli von Minardi geholt. Der Italiener geht beim Großen Preis von Australien in Führung, fällt dann aber mit einem Motorschaden aus. Die Saison beendet das Team mit 21 WM-Punkten auf WM-Rang 6. Die erste Saison sollte die beste bleiben.

Saison 1998
Olivier Panis kehrt zurück und Jarno Trulli bleibt nach dem starken Eindruck im Team. Das Team verpflichtet Stardesigner John Barnard. Zusammen mit Hoffnungsträger Peugeot, die den Traum vom französischen Siegerteam perfekt machen sollen, holt man einen einzigen Punkt und wird WM-Neunter.

Saison 1999
Mit dem Team scheint es wieder aufwärts zu gehen, mit Alan Jenkins kommt ein weiterer bekannter Techniker in das Team. Ein zweiter Platz von Trulli auf dem Nürburgring ist das Saisonhighlight. Mit von Panis und Trulli geholten neun WM-Punkten wird das Team WM-Siebter.

Saison 2000
17 technische Defekte und kein einziger Punkt ? das ist die traurige Bilanz. Für Nick Heidfeld eine schlechte Debütsaison, für Routinier Jean Alesi die schlechteste Saison seiner Formel-1-Karriere. Mitten in der Saison verlässt Alan Jenkins bereits wieder das Team. Nach Streitigkeiten trennt man sich nicht nur von Motorenpartner Peugeot, sondern auch von den Sponsoren Gauloises, Canal+, Bic, Agfa, Sodexho und Yahoo!. Ex-Formel-1-Pilot und Milliardärssohn Pedro Diniz erwirbt 40 Prozent Anteile am Team. Prost macht rund 3,8 Millionen Dollar Verlust. Joan Villadelprat wird als Managing-Direktor verpflichtet, McLaren-Mann Henri Durand als Technischer Direktor. Beide Routiniers sollen das Team auf Vordermann bringen. Als neuer Motorenpartner für 2001 wird Ferrari bekannt gegeben.

Winter 2000/2001
Mit einem untergewichtigen Auto blufft Prost die Konkurrenz und Sponsoren. Mit tollen Rundenzeiten hofft man neue Sponsoren auf sich aufmerksam zu machen. Im Heck des neuen AP04 steckt nun der nicht mehr kostenlose Ferrari-Motor, der ein riesiges Loch in den Haushalt reißt. Auf dem neuen Auto sind viele freie Flächen ohne Sponsoren zu sehen. Einzige Erfolgsmeldung: Prost kann sich Acer als Hauptsponsor sichern.

April 2001
Kurz vor dem Großen Preis von Spanien trennt sich Alain Prost von Gastón Mazzacane, der von Minardi zu Prost gewechselt war ? im Gepäck Sponsor 'PSN'. Der Argentinier war wegen mangelnder Leistungen jedoch im wahrsten Sinne des Wortes sein Geld nicht wert. Stattdessen setzte Prost auf Luciano Burti. Ein zweifelhafter Fahrertausch, wollte Jaguar doch seinerseits Burti trotz Vertrag loswerden und ersetzte den Brasilianer durch Pedro de la Rosa.

27. Mai 2001
Mit einer tollen Fahrt holt Jean Alesi beim Großen Preis von Monaco als Sechster den ersten WM-Punkt des Jahres für Prost.

07. Juni 2001
Das südamerikanische Fernsehnetzwerk 'PSN' bestätigt entgegen anders lautender Gerüchte, dass man die Zusammenarbeit mit Prost fortsetzen wird. Aufgekommen waren die Gerüchte nachdem der Argentinier Gastón Mazzacane, der PSN als Sponsor mit zu Prost gebracht hatte, beim Großen Preis von Spanien durch Luciano Burti wegen zu schwacher Leistungen ersetzt worden war.

10. Juni 2001
Jean Alesi holt beim Großen Preis von Kanada zwei WM-Punkte für das Team von Alain Prost. Prost spricht von einer "Bestätigung unserer zuletzt gezeigten Leistungsfähigkeit".

20. Juni 2001
Das Team reist ohne neue Teile zum Nürburgring. Zuvor hatte das Team einen seiner letzten Tests in Silverstone absolviert. Für die Weiterentwickelung des AP04 fehlt es an Geld.

24. Juni 2001
Motorenhersteller Asiatech kündigt den Vertrag mit Arrows. Die Asiaten werden mit einem Wechsel zum Prost-Team in Verbindung gebracht. Alain Prost soll die Ferrari-Motoren nicht länger bezahlen können. Ein Indiz dafür sind immer noch klaffende Sponsorenlücken auf dem AP04.

11. Juli 2001
Das Team kann erst im Freien Training zum Großen Preis von Frankreich neue Teile für den AP04 ausprobieren, weil das Geld für Testfahrten fehlt. Burti und Alesi kommen außerhalb der Punkte ins Ziel. Marketingleiterin Patrizia Spinelli verlässt das Team und geht in Richtung Renault.

22. Juli 2001
Jean Alesi gibt in einem Interview zu, dass er sein Team beim Heimrennen in Magny-Cours aufs Äußere kritisiert hat. "Das gesamte Wochenende hat das Team mich beschuldigt, bevor sie am Dienstag herausfanden, dass der neue Unterboden auf Grund eines Fehlers im Design der eigentliche Grund war", so Alesi über seinen 19. Startplatz. Der Franzose forderte das Team auf, professioneller an die Arbeit zu gehen.

26. Juli 2001
Nun kritisiert auch Luciano Burti das Prost-Team. In einem Exklusiv-Interview mit F1Total.com meint der Brasilianer: "Die schlimmste Sache bei der gegenwärtigen Situation ist die, dass wir den AP04 nur geringfügig weiterentwickeln können, weil wir zu wenig testen. Ich würde deshalb gerne mehr Testfahrten bestreiten."

29. Juli 2001
Jean Alesi holt als Sechster in Hockenheim den letzten WM-Punkt in der Geschichte des Prost-Rennstalls. Luciano Burti überlebt einen Überschlag, nachdem er beim Start auf den mit Problemen kämpfenden Michael Schumacher aufgefahren war.

30. Juli 2001
Das Gerücht taucht auf, wonach Jean Alesi noch in der Saison 2001 zu Jordan-Honda wechseln könne. Angeblich, weil ihm Alain Prost wegen finanzieller Sorgen das Gehalt nicht rechtzeitig ausbezahlt.

31. Juli 2001
Alain Prost reagiert auf die Gerüchte und schließt aus, dass Jean Alesi zu Jordan wechselt: "Jean hat mit uns einen Vertrag bis Ende der Saison und den muss er einhalten. Nächstes Jahr kann er tun und lassen was er will."

04. August 2001
Alesi-Manager Mario Miyakawa bestätigt, dass Jean Alesi das Prost-Team verlassen möchte und dass man eine "freundschaftliche Lösung" sucht. Erstmals taucht eine Zahl auf, wonach Prost mit 17 Millionen Dollar bei seinen Vertragspartnern säumig sein soll. Pedro Diniz wird als Retter des Teams gehandelt.

07. August 2001
In einem Exklusiv-Interview mit F1Total.com verrät Alesis Manager, dass sein Schützling beim Großen Preis von Ungarn nicht mehr für Prost an den Start gehen wird.

08. August 2001
Das Prost-Team gibt die Verpflichtung von Heinz-Harald Frentzen als Alesi-Nachfolger bekannt, der ein Rennen zuvor von Jordan gefeuert wurde. Der Mönchengladbacher fährt für die Blauen ohne Gehalt.

09. August 2001
Alain Prost verspricht eine schnelle Lösung für die Probleme des Teams: "Ich bin im Begriff eine Lösung zu finden, die es mir erlaubt, die Situation zu entspannen. Das ist nur eine Frage von Tagen", so der Franzose. Alesi kritisiert sein Ex-Team erneut: "Ich habe erfahren, dass in der Vergangenheit in meinem Auto einige Teile eingebaut waren, die zuvor gar nicht getestet wurden."

12. August 2001
Alain Prost reagiert auf Alesis öffentlich geäußerte Kritik: "Wir hatten ausgemacht, dass weder er noch das Team eine persönliche Erklärung über die Gründe abgeben würde. Zehn Minuten später hat er in seiner kindlichen Art Radio- und Fernsehstationen alles erzählt."

01. September 2001
Heinz-Harald Frentzen schafft mit dem vierten Starplatz im Regenchaos-Qualifying von Spa ein echtes Saisonhighlight.

02. September 2001
Frentzen bleibt am Start stehen und Luciano Burti kracht mit weit über 200 km/h nach einem Auffahrunfall in die Streckenbegrenzung. Der Brasilianer kommt wie durch ein Wunder mit Prellungen und einer Gehirnerschütterung davon.

10. September 2001
Finanzdirektor Jean-Luc Gripond verlässt das Prost-Team. Der arabische Scheich Al Walid wird als Retter des Teams gehandelt.

10. September 2001
Alain Prost verpflichtet den Tschechen Tomas Enge als Ersatzfahrer für Luciano Burti.

10. Oktober 2001
Frentzen macht der Prost-Mannschaft mit seinen Aussagen über das Team ("Ich glaube, dass die Jungs Potenzial haben und nicht viel fehlt, um Erfolg zu haben") Mut. Die Saison beendet Prost mit vier WM-Punkten als WM-Neunter.

18. Oktober 2001
Alain Prost trifft sich mit der französischen Jugend- und Sportministerin Marie-George Buffet zu einem Krisengespräch. Man spricht über die schwierige Lage des Teams und das fehlende Engagement französischer Unternehmen. Staatshilfe lehnt Prost jedoch ab.

19. Oktober 2001
Alain Prost regt sich über Gerüchte auf, wonach sein Team kurz vor der Pleite stehe: "Die Verbreitung dieser erfundenen Geschichte ist einfach nicht zu akzeptieren. Es schadet uns, denn eine Einigung mit einem großen Sponsor würde Wunder bewirken."

20. Oktober 2001
Heinz-Harald Frentzen, der solange nicht bei einem anderen Team unterschreiben möchte, wie die Zukunft von Prost nicht geklärt ist, versucht erneut, mit positiven Aussagen dem Team zu helfen: "Das Prost-Auto für 2002 wird deutlich besser. Mit dem Neuen wird man näher an die Spitzengruppe herankommen."

02. November 2001
Ex-Formel-1-Pilot und Milliardärssohn Pedro Diniz, mit 40 Prozent am Prost-Team beteiligt, trennt sich von Prost: "Die Zukunft des Teams liegt nun wieder ganz in seinen Händen." Diniz wollte für einen symbolischen Dollar die restlichen 60 Prozent des Teams aufkaufen und dafür die Schulden des Teams tilgen ? Prost lehnte ab.

16. November 2001
Ex-Prost-Pilot Luciano Burti wechselt zu Ferrari als Testfahrer. Brauereigigant Interbrew wird als neuer möglicher Retter des Teams gerettet.

22. November 2001
Alain Prost muss vor dem Versailler Handelsgericht ein Sanierungsverfahren beantragen. Die Verschuldung des Teams wird auf 30 Millionen Euro beziffert. Prost gibt die roten Zahlen öffentlich zu: "Wir werden weiter kämpfen und haben noch nicht das Handtuch geworfen. Wir müssen in der Lage sein, einen Plan auszuarbeiten, der die Präsenz des Teams für die komplette Saison 2002 sichert."

26. November 2001
Alain Prost klagt der Presse sein Leid: "Ich mache eine wirklich furchtbare Zeit durch. Es ist schrecklich, ich arbeite die ganze Zeit, inklusive den Wochenende, und kann mir keinen Urlaub leisten."

27. November 2001
Prost-Testfahrer Jonathan Cochet gewinnt den Formel-3-Cup in Korea. Prosts Pressemitteilung klingt nach einem Überlebenskampf: "Dieser Sieg sollte ohne Zweifel viel Interesse der Sponsoren und auch der Öffentlichkeit wecken, da die französische Öffentlichkeit mehr denn je auf eine Wiedergeburt eines französischen Talentes in der Formel 1 wartet."

28. November 2001
Vector Motor Sport wird als neuer Retter des Prost-Teams genannt. "Die Gewinnausschüttung dieser Investition könnte überraschend hoch sein ? 50 Prozent über fünf Jahre hinweg", so der Finanzspezialist des kanadischen Unternehmens. Angeblich hatte man einen neuen Formel-1-Motor in der Pipeline. Doch der Deal scheiterte ? angeblich wegen fehlenden Budgets. Prost gibt auf einer Pressekonferenz bekannt, dass man mit dem alten Auto in die neue Saison start wird.

6. Dezember 2001
Nach einem Treffen mit Zwangsverwalter Frank Michel gibt sich das Team "pessimistisch", dass man Sponsoren finden wird, die das Team retten können.

9. Dezember 2001
Alain Prost wendet sich in einem offenen Brief an seine Clubmitglieder: "Wenn ich kämpfe, so tue ich das auch für Euch, die Ihr mir seit meiner ersten Stunde zur Seite gestanden seid und uns in jeder schwierigen Lage unterstützt habt. Wir haben in Prost Grand Prix ein solides Team, dessen Potenzial bei weitem noch nicht völlig ausgeschöpft ist. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass wir die notwendigen Zutaten für eine erfolgreiche Saison 2002 zusammentragen können."

19. Dezember 2001
Alain Prost spricht von "zwei oder drei ernsthaften Angeboten" und muss eingestehen, dass es nun ums Ganze geht: "Sollten wir nicht bis zum 14. Januar einen Partner gefunden haben, so dürfte das die Auflösung von Prost Grand Prix und das Ende bedeuten."

21. Dezember 2001
Das Team meldet, dass zahlreiche Fans mit Anrufen und eMails das Team moralisch unterstützen. Alain Prost muss zugeben, dass Verhandlungen mit Prinz Al-Waleed gescheitert sind, angeblich wegen den Nachwirkungen des 11. Septembers. Gleichzeitig übt Prost einen Seitenhieb gegen den Ex-Motorenpartner Peugeot aus: "Wenn ich einen Fehler gemacht habe, dann war es der, dass ich in ein französisches Projekt eingestiegen bin, welches nicht genügend motivierte Partner besaß."

25. Dezember 2001
Benetton-Teammanager Flavio Briatore und Formel-1-Boss Bernie Ecclestone werden als mögliche Retter des Prost-Teams gehandelt.

04. Januar 2002
Rund 200 Angestellte des Prost-Teams gehen in Paris auf die Straße. Sie versuchen so, private Investoren auf das Team aufmerksam zu machen.

07. Januar 2002
Die Meldung, wonach eine Gruppe französischer Investoren das Team retten soll, macht Mut.

9. Januar 2002
Alain Prost erklärt, warum man derzeit keine Meldungen kommentiert und dass er angeblich schon kurz davor war, einen Retter für sein Team zu finden: "Schon vor einem Monat haben wir zwei Verträge unterzeichnet. Bei einem dieser beiden Interessenten sah es wirklich aus als wäre es ernst gemeint, jedoch blieb dann leider das Geld aus. Im Anschluss an diese Erfahrung einigten wir uns mit dem Konkursverwalter dann darauf, dass wir keine der derzeitigen Meldungen kommentieren werden."

10. Januar 2002
Alain Prost macht Hoffnung: "Ich glaube daran, dass wir das Team retten können und hoffe, dass am 3. März in Melbourne zwei Prost auf der Startlinie stehen werden."

15. Januar 2002
Zum zweiten Mal wird eine Entscheidung über die Zukunft des Prost-Teams vom Zwangsverwalter Frank Michel auf zunächst unbestimmte Zeit verschoben.

16. Januar 2002
Ex-Ferrari-Sportchef Cesare Fiorio soll angeblich Sponsoren für das Prost-Team gefunden haben.

23. Januar 2002
Das Prost-Team muss einmal mehr eine Bekanntgabe über die Zukunft des Teams verschieben. Angebote konnten noch nicht ausreichend geprüft werden, Garantien für Kredite waren noch nicht verfügbar: "Sollten die genannten Garantien als nicht ausreichend bewertet werden, so wird das Gericht im Einverständnis mit Alain Prost und dem Zwangsverwalter die Liquidation des Teams erklären", heißt es in der Pressemitteilung des Teams.

26. Januar 2002
Alain Prost bietet seinen Rücktritt bei Prost an, sollte dies ein Investor fordern.

28. Januar 2002
Die Entscheidung des Versailler Handelsgerichtes steht fest: Das Prost-Team darf den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten, es wurden keine passenden Investoren gefunden: "Wir sind bankrott, und ich muss die Entscheidung akzeptieren. Meine ersten Gedanken gelten jetzt dem Team", erklärt ein bleicher Alain Prost. Für Prost kam die Entscheidung des Gerichts "nicht überraschend". Prost kündigt an: "Nach einer kurzen Pause werde ich zurückkommen."