• 21.09.2010 20:48

  • von Stefan Ziegler

Unterwegs mit Bruno Correia: Eine Fahrt im Safety-Car

Redakteur Stefan Ziegler durfte in Oschersleben einige schnelle Runden an der Seite von Bruno Correia im offiziellen Safety-Car zurücklegen

(Motorsport-Total.com) - Langsam aber sicher bricht die Dämmerung über die Magdeburger Börde herein, als ich mich auf den Weg mache, um in der Boxengasse der Motorsport Arena Oschersleben meinen Chauffeur zu treffen. Es ist Samstagabend und ich bin mit keinem Geringeren als Bruno Correia verabredet, dem offiziellen Safety-Car-Fahrer der WTCC, der seit einem Jahr das Sicherheitsfahrzeug der Rennserie pilotiert.

Titel-Bild zur News: Bruno Correia, Stefan Ziegler

Safety-Car-Fahrer Bruno Correia (re.) mit Redakteur Stefan Ziegler in Oschersleben

Der Portugiese, selbst leidenschaftlicher Rennfahrer und mit reichlich Erfahrung aus verschiedenen Meisterschaften ausgestattet, wurde unmittelbar nach dem Chaos-Wochenende in Pau 2009 zum Stammfahrer des Safety-Cars bestellt, das bis dato zumeist von lokalen Hobbypiloten bewegt wurde. Dies führte in der vergangenen Saison zu einem schweren Unfall - doch das ist längst Vergangenheit.#w1#

Seitdem Correia hinter dem Lenkrad des Sicherheitsautos sitzt, können sich Fahrer und Teams darauf verlassen, dass das Safety-Car den Umständen entsprechend bewegt wird - und genau davon möchte ich mir nun selbst ein Bild machen: Bruno hat mich eingeladen, heute Abend sein Beifahrer zu sein, wenn er einige schnelle Testrunden auf der 3,696 Kilometer langen Rennstrecke zurücklegt.

Das Safety-Car-Abenteuer beginnt!

Am Eingang der Boxengasse werde ich schon erwartet: Bruno begrüßt mich per Handschlag und einem "Kann's losgehen?". Was für eine Frage! Doch noch ist es nicht ganz soweit, denn gemeinsam schlendern wir erst einmal um den komplett in Weiß gehaltenen BMW M3 herum, der in Oschersleben als Safety-Car dient. Bruno erklärt mir in wenigen Worten, was es mit diesem Auto auf sich hat.

Dann reicht mir mein portugiesischer Begleiter einen Helm und unser kurzes Rennabenteuer beginnt. Wir nehmen unsere Plätze im Cockpit des Fahrzeugs ein - das Safety-Car der WTCC wird übrigens als einziges Auto dieser Art eigens von einem Unternehmen aus der automobilen Zuliefererindustrie gesponsert - und nach einer kurzen Verständigungsprobe lenkt uns Bruno hinaus in die Fastlane.

In gemütlichem Tempo zuckeln wir die Boxengasse der Motorsport Arena Oschersleben entlang, bis an deren Ende die extra für unsere Ausfahrt auf Grün gestellte Boxenampel zu sehen ist. Wenige Meter vorher fragt mich Bruno fast beiläufig: "Aber angeschnallt bist du, oder?" Natürlich. Und noch während ich meinem Chauffeur antworte, geht mir durch den Kopf, dass er wohl nicht grundlos fragt.

Die Hotel-Kurve nehmen wir im Drift

Diese Gedanken hätte ich mir aber sparen können, denn auf der Höhe der Boxenampel wird mir schlagartig klar, was mein Nebensitzer mit mir vorhat: Brunos Gasfuß wird gleich richtig schwer und er bugsiert das Safety-Car der Tourenwagen-WM schnell und sicher durch den Leitplanken-Kanal und hinaus auf die fast vier Kilometer lange Rennstrecke, die seit 2005 Anlaufstelle für die WTCC ist.

Bruno genießt unsere kleine Spritztour sichtlich und hat viel Freude daran, unser Gefährt schon in der Hotel-Kurve quer zu stellen und die Reifen kräftig zum Quietschen zu bringen. In der Hasseröder-Kurve wiederholt sich dieses Schauspiel, doch dann schaltet Bruno auf Rennmodus um, nimmt den Randstein am Ausgang leicht mit und schießt unseren BMW M3 in Richtung des Triples ab.

Safety-Car

Das Safety-Car in Oschersleben: Ein BMW M3 - einzigartig, weil mit TRW-Sponsoring Zoom

Ich weiß, was dort auf uns lauert, schließlich hatte ich in diesem Jahr schon die Gelegenheit, im ADAC-Cruze-Cup an den Start zu gehen - wobei sich die just vor uns liegende Kurvenkombination als ziemlich tückisch herausstellte. Ich bin also gespannt, wie Bruno diese und die folgenden Passagen meistert. Weitaus besser als ich, wie ich gestehen muss: Das Safety-Car fährt wie auf Schienen.

In der Schikane fährt Bruno am Limit

Selbst das Anbremsen auf den Kerbs bringt unser Fahrzeug nicht aus der Balance, aber in der Ammann-Schikane wird Bruno doch spätestens Vorsicht walten lassen? Weit gefehlt, denn selbst die Reifenbanden an den Scheitelpunkten lassen den Portugiesen kalt. Ich halte meine Nase ans Fenster und nehme zur Kenntnis, dass meine Hand wohl kaum zwischen Hindernis und Auto gepasst hätte.

Noch während ich über das Fahren am Limit nachsinne, hat Bruno das Safety-Car mit einem leichten Drift schon auf die Gegengerade geschickt, an deren Ende die Mibau-Kurve auf uns wartet. Auch auf diesen Abschnitt bin ich gespannt, erfordert diese Schikane doch einiges an Geschick beim Umsetzen des Autos. Bruno steigt an der Brücke sehr spät in die Eisen, dafür aber mit ordentlich Schmackes.

Ein paar Mal betätigt mein Chauffeur die Schaltwippen an seinem Lenkrad und schon nehmen wir die Kerbs auf der Innenseite mit, ehe Bruno - für meinen Geschmack - etwas zu sehr über die Randsteine am zweiten Scheitelpunkt räubert. Vom Kiesbett am Ausgang der Mibau-Kurve hat er augenscheinlich Respekt, denn dort nutzt er nicht die gesamte Streckenbreite. In der vorletzten Ecke aber schon.

Das schwierige Bremsmanöver vor Kurve eins

An dieser Stelle bewegt er den BMW M3 bis auf den Kunstrasen hinaus und bleibt möglichst weit links, um die Zielkurve mit viel Geschwindigkeit angehen zu können. Dieses Manöver gelingt perfekt und nachdem wir die kurveninneren Kerbs passiert und die Streckenbegrenzung eingangs der langen Geraden ausgenutzt haben, brausen wir der Ziellinie entgegen - unsere erste Runde ist vorüber.

"Das war das Warmup", witzelt Bruno vom Pilotensitz. Wir müssen nun durchaus etwas lauter sprechen, um uns an Bord zu verständigen, denn der Motorensound, die Fahrgeräusche und natürlich die Helme zerstreuen unsere Worte ziemlich stark. Soviel habe ich aber verstanden: Nun geht's richtig zur Sache - und Bruno hält schon in der kniffligen Kurve eins, was er versprochen hat. Die Bremszone naht!

Bruno Correia

Bruno Correia ist seit Brünn 2009 der offizielle Fahrer des WTCC-Safety-Cars Zoom

Im Cruze-Cup leitete ich den Bremsvorgang an der Stelle ein, wo am rechten Fahrbahnrand ein kleiner Versorgungsweg in den Kursverlauf einmündet. An diesem Asphaltstück sind wir eben vorbeigesaust, doch wenige Augenblicke später verzögert auch Bruno und nimmt Maß für die Linkskurve, die früher wesentlich offener war. Links über die Kerbs, rechts über die Kerbs, und durch.

Bruno lässt fliegen und ich halte mich fest

Dieses Mal verzichtet der Safety-Car-Fahrer der WTCC auf Drifts und Quersteher - wir fliegen auf einer schnellen Runde um die nördlichste Rennstrecke Deutschlands, die im Abendlicht und in meinen Augen eine besonders schöne Kulisse darstellt. Ich muss mich nun seitlich abstützen, um in den Kurven nicht hin- und hergeworfen zu werden, was Bruno ziemlich amüsiert, wie ich feststellen muss.

Aber auch ich habe meinen Spaß und kann die Kilometer genießen, die wir gemeinsam im BMW M3 zurücklegen. Leider ist unser Ausflug schon nach wenigen Umläufen beendet, denn die Teams der Tourenwagen-WM wollen ihren VIP-Gäste zum Abschluss des Tages durch einige Taxifahrten noch echtes Rennfeeling vermitteln - und auch Bruno muss später noch einmal auf die Strecke gehen.

Bis dahin bleibt aber noch genug Zeit, um ein erstes Fazit zu ziehen. Und dieses fällt durchweg positiv aus, denn Bruno Correia bewegt das Safety-Car mit einer spielerischen Leichtigkeit und so souverän wie seine Fahrerkollegen, die tags darauf die beiden deutschen WM-Sprintrennen bestreiten. Keine Frage: In meinen Augen ist Bruno definitiv ein Gewinn für die WTCC und die Sicherheit auf dem Kurs.

"Hat dir unsere kleine Spritztour gefallen?", fragt er mich, als wir in der Boxeneinfahrt sind und langsam zurück zum Boxengebäude der Arena rollen. "Allerdings", antworte ich begeistert. "Gegen eine Wiederholung hätte ich rein gar nichts einzuwenden." Auch Bruno scheint diese Idee zu gefallen, denn er erwidert: "Na dann lass uns doch mal wieder gemeinsam auf die Strecke gehen!" Sehr gerne...