• 19.09.2008 16:32

  • von Stefan Ziegler

Thompson im Interview: "Wollten definitiv weiter vorne stehen"

Der Brite James Thompson im Exklusivinterview über seine Saison, die Situation bei N.Technology und die Aussichten für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - James Thompson und sein Honda-Accord gehören im WTCC-Feld nicht gerade zu den Frontrunnern, konnten aber bei einigen wenigen Gelegenheiten durchaus positiv überraschen. Dennoch zog Thompson nach den beiden Rennen in Oschersleben kein positives Fazit. Die Saison 2008 hätte er sich etwas anders vorgestellt, wie er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' betonte. Doch dem N.Technology-Team mangelt es hauptsächlich an einem gesunden Budget, um ganz vorne mitzumischen.

Titel-Bild zur News: James Thompson

Sorgenfalten: James Thompson hadert mit seiner WTCC-Saison...

Frage: "James, P16 und ein Ausfall - wie würdest du dein Wochenende in Oschersleben zusammenfassen?"
James Thompson: "Naja, das war natürlich nicht besonders toll. Deswegen gehen wir bestimmt nicht an die Rennstrecke! Wir wollen gewiss nicht auf Rang 16 ins Ziel kommen oder auch nur den 14. Startplatz belegen. Aber so ist die Lage momentan nun einmal, da können wir jetzt nicht einfach davon weglaufen."#w1#

Kaum Fortschritte bei N.Technology

Frage: "Die beiden Rennen in Oschersleben waren ziemlich hart und wurden beinhart ausgetragen. Dein Kommentar dazu?"
Thompson: "Das ist eigentlich ziemlich normal. In der Weltmeisterschaft sind die Rennen meist kein Zuckerschlecken. Für uns liefen einige Dinge leider nicht besonders gut, zum Beispiel der Vorfall mit Porteiro (Félix Porteiro, Anm. d. Red.). Manchmal wird halt nicht überholt sondern nur abgeräumt. Das zehrt natürlich schon an den Nerven. Die Ergebnisse stehen aber fest - P16 und ein Crash. Mehr gibt's dazu nicht zu sagen."

Frage: "Wie gehst du mit so einer Situation um? Du hattest ein eher schlechtes Wochenende in Oschersleben..."
Thompson: "Leider habe ich mich so langsam an diese Situation gewöhnt (lacht; Anm. d. Red.). Ich hatte bislang einige schlechte Wochenenden. Wir waren lange Zeit an der Spitze des Feldes unterwegs, da ist es dann schon sehr hart, auf einmal ziemlich weit hinten zu stehen. Leider können wir nicht mit den Schnellsten mithalten, das ist der Stand der Dinge. Wir haben auch nicht das Budget, um Testfahrten zu bestreiten oder das Auto weiterzuentwickeln. Bei uns dreht sich im Prinzip alles darum, im ersten Rennen den achten Platz zu holen. Und danach müssen wir einfach schauen, wo wir im zweiten Rennen bleiben."

Frage: "Wie würdest du deine Saison bisher beschreiben? Bist du zufrieden mit deinen Leistungen?"
Thompson: "Natürlich nicht. Wir wollten definitiv weiter vorne stehen und deutlich konkurrenzfähiger sein. Die Realität ist aber, dass wir im Qualifying nur um die Top 10 kämpfen können. Dann können wir nur noch auf einen guten Start hoffen und darauf, P8 zu erreichen. Das ist niemals genug, garantiert nicht. Das Auto ist unterm Strich einfach nicht schnell genug."

Was macht Thompson 2009?

Frage: "Würde sich eure Situation verbessern, wenn du einen Teamkollegen an deiner Seite hättest? Du bekommst ja bald einen Mitstreiter..."
Thompson: "Ich glaube nicht, dass ein Teamkollege da sonderlich viel ändern kann. Die Lücke zwischen der Pole-Position und unserer eigenen Quali-Zeit ist ungefähr eine Sekunde pro Runde. Ich bin nicht der Ansicht, dass ein zweiter Wagen diesen Rückstand wettmachen würde. Eine Sekunde pro Runde holt man nur durch ein gutes Entwicklungsprogramm auf, aber nicht durch ein weiteres Fahrzeug. Das sind zwei paar Stiefel."

Frage: "Hättest du aber dennoch gerne einen Teamkollegen, um beispielsweise Setupfragen zu klären?"
Thompson: "Du kannst mir glauben: Sollten wir das Geld für ein zweites Auto haben, dann wäre uns sicherlich mehr geholfen, wenn wir diese Summen zur Entwicklung des Wagens einsetzen würden anstatt es in ein weiteres Fahrzeug zu pumpen. Zwei Autos schlucken doch nur Ressourcen und wir haben momentan nicht einmal ein Budget um zu testen und die Entwicklung voranzutreiben. Hätten wir also das nötige Kleingeld, dann sollten wir es dazu verwenden, ein Auto schneller zu machen als mit zwei Autos einfach auf Ankommen zu fahren. Das kann nicht der Sinn der Sache sein."

Frage: "Um bei der finanziellen Situation zu bleiben: 2009 kommt ein weiteres Überseerennen hinzu. Wird das eure Lage noch zusätzlich verschärfen?"
Thompson: "Ich kann noch nicht wirklich über 2009 sprechen. Wir wissen noch nicht, was wir da anstellen werden. Momentan habe ich dahingehend jedenfalls noch keine Vorstellungen."

Frage: "Das heißt, du hast für das kommende Jahr noch keine Pläne geschmiedet?"
Thompson: "Ich kann jetzt nicht kommentieren, was wir tun oder lassen werden."

Thompson würde Volvo-Einstieg begrüßen

Frage: "Volvo wird in Monza erneut am Start sein und weitere Tests durchführen. Denkst du, es ist ein positives Zeichen für die WTCC, dass ein weiterer Hersteller Interesse zeigt?"
Thompson: "Klar. Ich weiß zwar nicht genau, was Volvo im Einzelnen vor hat. Aber wenn das Auto konkurrenzfähig ist, dann spricht doch eigentlich nichts gegen einen Einstieg. Sie waren gut dabei in Brands Hatch und scheinen einen guten Motor zu haben. Und je mehr Hersteller, desto besser. Das ist doch überall so: Die Meisterschaft muss wachsen, nicht schrumpfen."

Frage: "Wie würdest du die Tourenwagen-WM im Vergleich zu anderen Rennserien einschätzen? Du kennst ja die BTCC ziemlich gut..."
Thompson: "Das sind eigentlich zwei ziemlich verschiedene Meisterschaften. Es ist zwar schon ein Weilchen her, aber in der BTCC läuft der Hase etwas anders. Da gab es keinen Zusatzballast oder Erfolgsgewichte. Wenn du das beste Auto hattest, dann hast du einfach alle Rennen gewonnen. Das war einfach eine andere Herangehensweise, purer Rennsport eben. Jetzt ist unsere Aufgabe, zu unterhalten. Die Meisterschaft muss einen gewissen Unterhaltungswert bieten. Die Leute müssen es verstehen und mögen können."

"Es gibt so viel professionelles Racing in anderen Serien, doch Tourenwagensport kann da mit ganz anderen Werten glänzen - alleine schon die umgekehrte Startreihenfolge der Top 8 sorgt doch für reichlich Action. Um das geht es doch, denn für unterhaltende Zwecke ist das Fernsehen ja da. Ich halte diese Meisterschaft also für echt klasse, wobei es ein paar Sachen gibt, mit denen ich nicht unbedingt einverstanden bin. Wir arbeiten aber Schritt für Schritt auf ein besseres Reglement hin."

Faszination WTCC

Frage: "Du hast eben das Regelwerk erwähnt. Würdest du es besser finden, wenn nur ein Motorentyp zugelassen wäre? Momentan gibt es ja Dieselfahrzeuge und Benziner im Feld..."
Thompson: "Nein. Darüber kann ich nicht wirklich ein Urteil fällen. Die Regeln sind nun einmal so, wie sie sind. SEAT hat in diesem Jahr einen herausragenden Job gemacht und sie haben wirklich verdient, zu gewinnen. Das wäre nur gerecht. Sie haben ja nichts Illegales gemacht. Da stimmt einfach alles, also sollten sie auch gewinnen."

"Was die Zukunft angeht, muss wohl jeder seine Optionen in Betracht ziehen und schauen, wo er bleibt. Das Technische Büro nimmt dieses Jahr genau unter die Lupe. Was sie daraus dann für Schlüsse ziehen, ist ganz ihre Sache. Ich setze mich nur ins Auto und gebe Gas, egal was für ein Fahrzeug ich wann unter meinem Hintern habe. Aber natürlich wünscht man sich, im besten Auto zu sitzen, denn dann gewinnt man auch Rennen."

Frage: "Kannst du dir bei einem Blick auf die Gesamtwertung vorstellen, wer den Titel einfahren wird? Hast du einen heißen Tipp?"
Thompson: "Ich hoffe sehr, dass SEAT am Ende ganz vorne steht. Sie haben es einfach verdient, wenn man sieht, wie viel Ballast sie herumschleppen und wie viel Handicapgewichte ihnen zuteil wurden. Sie leisten einfach Großartiges, denn sie sind ja trotz allem noch konkurrenzfähig. Das gibt aber allen anderen eine faire Chance. Auf der anderen Seite wäre es nicht richtig, dass das möglicherweise beste jemals in dieser Serie eingesetzte Fahrzeug am Ende nicht gewinnt."

Frage: "Bist du der Ansicht, dass diese ganze Ballast-Thematik nicht wirklich gerechtfertigt ist?"
Thompson: "Nein, das habe ich nicht gesagt. Darüber müssen sich andere Gedanken machen. Würde ich in einem SEAT sitzen, dann würde ich diese Frage aber ganz sicher bejahen. Aber das macht ja gerade diese Meisterschaft aus, denn nur so entsteht der Eindruck, dass alle eine Siegchance haben."

Frage: "Was sind die speziellen Herausforderungen der WTCC im Vergleich zu anderen Rennserien? Verspürst du eine gewisse Faszination?"
Thompson: "Naja, ich bin bislang ausschließlich Tourenwagen gefahren. Ich möchte vom Motorsport leben können und die Leute bezahlen mich dafür, dass ich Gas gebe. Die engen Rennen sind auf alle Fälle eine schöne Sache und auch Gewinnen ist echt prima. Die Siege sind hier auf keinen Fall leicht - niemals. Man kann hier wirklich viel mit dem Auto anstellen, man arbeitet ja kontinuierlich daran. Und schlussendlich bin ich damit aufgewachsen, daher liebe ich es so sehr."

Folgen Sie uns!

Eigene Webseite?

Kostenlose News-Schlagzeilen und Fotos für Ihre Webseite! Jetzt blitzschnell an Ihr Layout anpassen und installieren!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!