Puig: "Es gibt immer Raum für Verbesserungen"
SEAT-Sportdirektor Jaime Puig im Interview über die anvisierte Titelverteidigung, das neue WTCC-Reglement und die unveränderte Teamstruktur
(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr hat SEAT in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC all das erreicht, was sich die Spanier vorgenommen hatten: Mit dem Gewinn des Teamtitels in Japan ging ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung, der zwei Wochen später in Macao noch durch den WM-Triumph von Yvan Muller komplettiert wurde. Diese Erfolge gilt es 2009 zu wiederholen. Im Teaminterview nimmt SEAT-Sportdirektor Jaime Puig Stellung zu den wichtigsten Themen vor dem Saisonauftakt der WTCC.

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SEAT-Sportchef Jaime Puig schickt auch 2009 ein fünfköpfiges Team in die WTCC
Frage: "Herr Puig, SEAT hat in der vergangenen Saison beide Titel geholt. Was hat sich ihr Team für 2009 vorgenommen?"
Jaime Puig: "2008 war das große Ziel, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Das haben wir geschafft, daher wollen wir auch in diesem Jahr mindestens einen WM-Titel gewinnen."#w1#
SEAT nach wie vor Diesel-Solist in der WTCC
Frage: "Wird die Titelverteidigung eine schwierigere Aufgabe werden?"
Puig: "So ist es für gewöhnlich. Wir haben wirklich schwer dafür gearbeitet und sind letztendlich Erster geworden. Es ist also nur natürlich, dass unsere Konkurrenten jetzt mit aller Macht versuchen werden, uns zu schlagen. Wir haben nicht mit dem Arbeiten aufgehört, denn die Eingriffe der FIA werden für eine größere Balance im Feld sorgen."
Frage: "Das Tourenwagenbüro der FIA hat einige Regeländerungen vorgenommen. Was halten sie davon?"
Puig: "Noch sind die Regeländerungen nicht verbindlich. Das Tourenwagenbüro analysiert viele Zahlen, um danach einige Regeln aufzustellen, die im gesamten Verlauf der Saison angewendet werden können. Wir stimmen den meisten Änderungen zu, denn so hat keine Marke zu viele Vorteile - auch wenn uns das etwas schadet. Wir werden das aber zum Wohle der Meisterschaft opfern."
Frage: "Aktuell scheint es unwahrscheinlich, dass jemand ebenfalls einen Dieselmotor an den Start bringt. Ist das ein Vorteil oder eher ein Nachteil?"
Puig: "Das unterstreicht doch ganz klar, dass der Diesel kein Allheilmittel darstellt und nicht automatisch den Sieg bedeutet. Es ist richtig schwierig, so etwas zu entwickelnd, denn es verlangt viel technische Expertise und einiges an Hingabe. Das wird dadurch belegt, dass niemand anders diesen Weg eingeschlagen hat, was noch einmal deutlich macht, welch hohes technisches Niveau SEAT damit erreicht hat."
Geringe Veränderungen bei SEAT für 2009
Frage: "Wird der SEAT Leon TDI in dieser Saison mit größeren Veränderungen aufwarten?"
Puig: "Die wichtigste FIA-Regel ist, dass wir unseren Lufteinlass am Motor von 35 auf 34 Millimeter verkleinern mussten. Das verringert unsere Leistungsfähigkeit um etwa 18 PS. Daher haben wir im Winter hart daran gearbeitet, diesen Nachteil wieder wettzumachen. Ausgleichend dazu gibt es ein Kompensationsgewicht. Beide dieser Veränderungen verlangen allerdings viel harte Arbeit, um die richtigen Einstellungen zu finden. Eine radikale Neuerung in diesem Sinne gibt es nicht."
Frage: "Auch nicht in der Teamstruktur?"
Puig: "Nein. Das Team hat in der vergangenen Saison hervorragend gearbeitet. Wir wissen dennoch, dass es einige Bereiche gibt, in denen wir uns noch verbessern können und denen widmen wir uns auch verstärkt. Aber an einem Siegerteam muss man keine größeren Veränderungen vornehmen."
Frage: "Was halten sie vom neuen Ballastsystem, dem Kompensationsgewicht?"
Puig: "Ich verspreche mir davon eine Verbesserung. Ich hätte zwar gerne, dass es überhaupt keinen Ballast geben würde, doch dieses System kommt ganz klar den Fahrern zugute - schließlich werden die Hersteller, welche die Autos bauen und einsetzen, künftig mit den Zusatzgewichten belastet. In meinen Augen ist das ein Schritt nach vorn."
WTCC-Konzept kommt gut an bei Puig
Frage: "Die WTCC ist eine von drei FIA-Weltmeisterschaften. Denken sie, die WTCC hat die Stellung, die sie haben sollte?"
Puig: "Es gibt immer Raum für Verbesserungen. Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass die WTCC von den drei Weltmeisterschaften die wenigste Erfahrung aufweisen kann. Die Formel 1 gibt es nun schon seit 60 Jahren, seit 30 Jahren werden Rallyes gefahren und die Tourenwagen-WM kommt erst auf fünf Jahre. Wir haben in diesen fünf Jahren einiges auf die Beine gestellt. Wir machen weiter Fortschritte, denn mittlerweile haben wir schon fünf Hersteller im Feld."
Frage: "Fehlt der WTCC noch etwas oder müsste man ihrer Meinung nach etwas streichen?"
Puig: "Die Meisterschaft entwickelt sich gut. Da muss man überhaupt nichts verändern - höchstens die Regeländerungen des Tourenwagenbüros für diese Saison. Es wäre wohl etwas zuviel, sollte sich das wiederholen. Ich glaube aber fest daran, dass es soweit nicht kommen wird, denn es wurde viel getan, damit eben das nicht passieren kann. Wir werden also in diesem Jahr ein stabiles Regelpaket haben."
Frage: "Hat der Eurocup alle Erwartungen erfüllt?"
Puig: "Die Erwartungen würden nicht nur erfüllt sondern sogar übertroffen. Selbst meine eigenen und ich bin stets ein Optimist. Wir hatten wirklich ein fantastisches Lineup mit Fahrern aus zehn verschiedenen Ländern - im europäischen Rahmen, versteht sich. Abgesehen davon waren die Piloten mit den Events hochzufrieden. Das kann man schon an der großen Zahl der Einschreibungen für diese Saison erkennen. Viele Leute wollen es noch einmal wissen - auch unter diesen schwierigen Bedingungen."
Wirtschaftskrise als Chance für die Automobilhersteller
Frage: "Wird es Änderungen am Eurocup oder der Supercopa geben?"
Puig: "Einige Dinge, welche die Teilnehmer vorgeschlagen haben und die wir umsetzen können. Wir arbeiten daran, denn Eurocup zu stabilisieren und wollen das Niveau der Supercopa halten. Unsere Teilnehmer sind im Großen und Ganzen mit dem Format zufrieden, also wird sich da nur wenig tun."
Frage: "Was kann der Motorsport der Automobilindustrie in diesen schwierigen Zeiten geben?"
Puig: "Der Rennsport verleiht uns ein gewisses Image und steigert noch dazu den Bekanntheitsgrad unserer Marke. Außerdem profitieren alle Beteiligten von dieser Meisterschaft. Der Beweis dafür ist, dass wir weder Rennen noch Rennfahrer verloren haben - ganz im Gegenteil. Die Meisterschaft weiß um die speziellen Umstände Bescheid."
"Wir werden in diesem Jahr mit grünerem Sprit fahren und unser Dieselauto ist schon jetzt das umweltfreundlichste in der gesamten Meisterschaft. Dieser Wettbewerb ist noch immer am Wachsen, also kann er sich schnell an gesellschaftliche Veränderungen anpassen. Das gleiche gilt für SEAT, denn wir wollen der Öffentlichkeit und der Gesellschaft das zeigen, was sie von uns erwarten."

