Muller: "Zolder sollte uns in die Karten spielen"
Chevrolet-Pilot Yvan Muller im Interview über seinen Sieg in Monza, die Tabellenführung in der WTCC und die beiden anstehenden Belgien-Rennen
(Motorsport-Total.com) - Für Yvan Muller hat die Saison 2010 überaus gut begonnen: Der französische Rennfahrer konnte bereits an seinem ersten Wochenende für Chevrolet zum Sieg fahren und feierte damit einen gelungenen Einstand bei seinem neuen Team. Nach drei WM-Events führt der 40-Jährige zudem in der Gesamtwertung und weist einen komfortablen Vorsprung auf seine Verfolger auf. Im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht Muller über seine ersten Rennen für Chevrolet.

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Yvan Muller durfte in Monza bereits seinen zweiten WTCC-Saisonsieg bejubeln
Frage: "Yvan, in Monza hast du deinen zweiten Saisonsieg eingefahren. Dieser Erfolg kam aber etwas überraschend..."
Yvan Muller: "Überraschend? Ja und nein. Wir wussten ja, dass uns die Reifen eventuell vor Probleme stellen könnten. Die Temperaturen waren hoch und diese Strecke nimmt den linken Vorderreifen überaus hart ran. Von Freitag an haben uns die Pneus einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Mit diesem Problem haben wir uns also sehr intensiv auseinander gesetzt."#w1#
"Aus diesem Grund haben wir ein sehr konservatives Setup gewählt. Dabei ging es darum, die Reifen etwas zu entlasten. Gleichzeitig haben wir uns dadurch aber selbst etwas Leistung genommen. Nach dem ersten Rennen haben wir das Setup noch einmal verändert, um noch einen Tick konservativer zu sein - speziell nach dem Reifenschaden bei Rob."
"Wir mussten uns eben fragen: Nehmen wir etwas Leistung heraus oder riskieren wir, nicht ins Ziel zu kommen? Mein Standpunkt ist aber: Wenn du nicht ins Ziel kommst, kannst du das Rennen auch nicht gewinnen. Mir ist es also lieber, etwas langsamer zu sein, wenn ich dafür nicht Gefahr laufe, einen Reifenschaden zu haben."
Frage: "Durch deinen zweiten Rennerfolg in diesem Jahr hast du nun einhundert Punkte auf dem Konto und führst in der Fahrerwertung. Nach sechs Läufen ist das eine recht stattliche Ausbeute..."
Muller: "Das stimmt mich natürlich sehr zufrieden. In den vergangenen Jahren habe ich nämlich immer nur gehört: 'Jaja, aber der Diesel hat dies und der Diesel hat jenes...'"
"In dieser Saison waren wir bislang auf drei schnellen Strecken - Curitiba, Marrakesch und Monza. In Brasilien haben wir gewonnen, in Marokko standen wir auf dem Podium und in Italien siegten wir erneut. Das zeigt doch ganz klar, dass der Dieselmotor nicht der riesige Vorteil ist, für den man ihn hält."
"Natürlich gibt es in gewissen Gebieten einen Vorteil. Allerdings gehen damit auch Nachteile bei anderen Bereichen des Fahrzeuges einher. Das andere Problem ist, den Benziner auf das gleiche Niveau zu bringen. Das ist uns gelungen. Ende der Geschichte."
Noch fühlt sich Muller nicht ganz heimisch
Frage: "Du hast im Winter von SEAT zu Chevrolet gewechselt, kamst nach Brasilien und hast auf Anhieb gewonnen. Wie lange hast du gebraucht, um dich in deinem neuen Team zurecht zu finden?"
Muller: "Ich fühle mich noch immer nicht vollkommen zuhause bei Chevrolet. Im Vergleich zu einem spanischen Team hat ein britischer Rennstall doch eine ziemlich unterschiedliche Arbeitsweise."
"Außerdem ist das Auto natürlich vollkommen anders. Ich bin immer noch dabei, das Fahrzeug kennen zu lernen. Wir haben leider nicht viel Zeit, um Testfahrten durchzuführen. Würde ich in diesem Jahr noch immer im SEAT sitzen, wüsste ich genau, was ich tun müsste - ich habe dieses Auto schließlich drei Jahre lang pilotiert."
"Nun befinde ich mich in einer Position, in der ich mich darauf nicht verlassen kann. Ich muss gewissermaßen neue Wege gehen. Gleichzeitig kann ich nicht zu viel riskieren. Das ist im Augenblick mein größtes Problem. Im Prinzip lerne ich das Auto bei jedem Wochenende etwas besser kennen."
Frage: "Was ist aus deiner Sicht der größte Unterschied zwischen Chevrolet und SEAT?"
Muller: "Da hätten wir zunächst einmal ganz klar die unterschiedlichen Fahrzeugkonzepte: SEAT hat den Dieselwagen, Chevrolet setzt auf den Benziner. Hinzu kommen die Gewichtsverteilung, die Drehzahlen und weitere Eigenheiten des jeweiligen Fahrzeugs."
Muller meint: Zolder müsste Chevrolet liegen
Frage: "Bist du zufrieden mit dem Teamwork bei Chevrolet? In der Qualifikation von Monza habt ihr euch beispielsweise gegenseitig Windschatten gespendet..."
Muller: "Genau. Nur war ich dabei derjenige, der die anderen gezogen hat (lacht; Anm. d. Red.). Aber so ist es nun einmal. Es gibt eben eine bestimmte Strategie und daran müssen wir uns halten."
Frage: "Du hast es vorhin schon angesprochen: Die ersten drei Strecken kamen eher SEAT entgegen, die nächsten Rennbahnen dürften Chevrolet liegen..."
Muller: "Das will ich doch hoffen (lacht; Anm. d. Red.)! Ich drücke uns die Daumen! Aber es stimmt: Zolder sollte uns in die Karten spielen."
Frage: "Zolder ist mehr oder weniger dein Heimrennen, da die WTCC 2010 nicht in Frankreich auftritt. Was erwartest du von Gastspiel in Belgien?"
Muller: "Eigentlich liegt mein Zuhause näher an Monza als an Zolder. Aber in Bezug auf meine Muttersprache wird Zolder so etwas wie ein Heimspiel. Da ist schon etwas dran. Erwartungen habe ich aber keine. Mein Ziel ist stets, bestmöglich abzuschneiden."

