• 10.11.2011 13:14

  • von Stefan Ziegler

Kolumne: Gebt Colin endlich einen WTCC-Stammplatz!

Redakteur Stefan Ziegler schreibt über die tollen Leistungen von Colin Turkington in der WTCC und fordert ein Stammcockpit für den schnellen Nordiren

Titel-Bild zur News: Colin Turkington

Colin Turkington und seine Ausbeute: Reicht all dies endlich für einen Stammplatz?

Liebe WTCC-Fans,

ich denke, ich spreche vielen Zuschauern aus der Seele, wenn ich sage: Die beiden Sprintrennen auf dem Tianma Circuit von Schanghai waren absolut sehenswert! Das hatte ich so nicht erwartet, wie ich rückblickend gestehen muss. Die nur 2,063 Kilometer kurze Rennbahn schien mir - und offenbar auch anderen Beobachtern - nicht gerade das geeignete Pflaster für aufregende WM-Läufe zu sein.

Wir alle wurden am vergangenen Wochenende aber eines Besseren belehrt. Dabei spielte vor allem ein Gaststarter die Hauptrolle, denn Colin Turkington war einmal mehr in Topform unterwegs. Es war natürlich nicht das erste Mal, dass der nordirische Rennfahrer im Rahmen der WTCC zu begeistern wusste, doch in Schanghai verblüffte mich Turkington im Wiechers-Rennwagen ganz besonders.

Bei seinem erst dritten Auftritt im BMW 320 TC und auf einer ihm unbekannten Strecke war der 29-Jährige von der ersten Trainingsminute an voll bei der Musik und zeigte eine fahrerische Leistung, die ihresgleichen sucht. Man denke nur an das klasse Überholmanöver gegen den aktuellen WM-Zweiten Rob Huff oder an die Schlussphase von Rennen zwei, als sich Turkington noch Rang vier sicherte.

Die nackten Zahlen sprechen eh für sich: Der Tourenwagen-Routinier fuhr in Schanghai gleich beide Klassensiege bei den Privatfahrern ein, stieg nach dem ersten Lauf als Zweiter auf das Siegerpodest und bescherte dem deutschen Wiechers-Rennstall obendrein das erfolgreichste Wochenende in der Teamgeschichte. Um die Fähigkeiten Turkingtons wussten wir alle aber auch vorher schon Bescheid.

Turkington überzeugt immer wieder

Spätestens seit seinem Titelgewinn in der britischen Meisterschaft (2009) dürfte der schnelle Nordire den Motorsport-Fans ein Begriff sein. 2010 drückte Turkington auch der WTCC seinen Stempel auf, indem er bei einigen Gaststarts prompt überzeugte und in Okayama sogar einen Laufsieg einstrich. Trotz dieser Erfolge tat sich der langjährige BMW Fahrer aber schwer damit, ein Cockpit zu finden.

Im vergangenen Jahr hatte Turkington beispielsweise nur einige sporadische Auftritte, für 2011 kam der 29-Jährige immerhin eine komplette Saison lang unter. In der schwedischen Meisterschaft musste Turkington zwar vieles lernen, schlug sich aber auch dort achtbar. Seine besten Leistungen zeigte der Rennfahrer aus Portadown in diesem Jahr jedoch zweifelsohne beim China-Event in Schanghai.

Robert Huff, Colin Turkington

Ein klasse Manöver: Turkington mogelt sich innen an WM-Kandidat Huff vorbei Zoom

Und wie geht es jetzt für ihn weiter? Eine gute Frage, denn Sponsor Aviva-Cofco brachte Turkington lediglich in Japan und China an den Start - das große Saisonfinale in Macao steht in diesem Jahr nicht auf der Agenda des Versicherungskonzerns. Das heißt: Turkington sitzt trotz seiner famosen Leistung beim Schanghai-Event der WTCC wieder einmal zwischen den Stühlen und seine Zukunft ist offen.


Fotos: Colin Turkington, WTCC in Schanghai


Der Geldbeutel ist etwas zu schmal...

Sofern nicht kurzfristig noch ein Geldgeber auftaucht und seinen Rennstart auf dem Guia Circuit der Spielerstadt finanziert, ist Turkington erst einmal außen vor. Und genau darin liegt vermutlich sein großes Problem: Der BMW Pilot verfügt nämlich nicht über ein derart prall gefülltes Sponsoren-Portfolio, wie dies einigen anderen Fahrern im Starterfeld der Tourenwagen-WM zur Verfügung steht.

Damit gerät Turkington leider meist von Anfang an ins Hintertreffen, denn oft erhalten die Piloten den Vorzug, die mit einem größeren Geldbeutel durch das Fahrerlager laufen. Es heißt nicht umsonst "Geld regiert die Welt" - der Motorsport ist da freilich keine Ausnahme. Und die Teams sind natürlich auch darauf angewiesen, die Finanzmittel parat zu haben, um den Rennbetrieb stemmen zu können.

Colin Turkington

Immer mittendrin: Turkington und sein Wiechers BMW zählen zur WTCC-Spitze Zoom

Schade ist in diesem Zusammenhang aber durchaus, dass das offensichtliche Talent eines Fahrers vom Schlage Colin Turkingtons dabei den Kürzeren zieht, obwohl die Erfolge auf der Rennstrecke eigentlich glasklar für ihn und seine Fähigkeiten sprechen sollten. Letztendlich sind ja auch Sponsoren auf gute Ergebnisse angewiesen - und Turkington ist ein Pilot, der ihnen genau dies bescheren kann.


Fotos: Colin Turkington, WTCC in Suzuka


Wenn ich mir etwas wünschen dürfte...
Deshalb muss ich an dieser Stelle einmal eine Lanze für den sympathischen Nordiren brechen: Der 29-Jährige ist nämlich ein Fahrer, der mich immer wieder aufs Neue begeistert! Gerade deswegen bin ich schon seit geraumer Zeit ein Fan von Turkington und freute mich darüber, ihn in dieser Saison gleich dreimal in der WTCC fahren zu sehen. Ich hoffe, er bekommt bald eine weitere Rennchance.

Man stelle sich nur einmal vor, Turkington hätte mit seinem aktuellen Punkteschnitt eine komplette WM-Saison bestritten. Der BMW Pilot würde um den vierten Rang in der Gesamtwertung kämpfen und hätte sicherlich auch noch Titelchancen bei den Privatiers. So ist es leider nicht, aber immerhin erfreute uns Turkington in Donington Park, Suzuka und Schanghai mit sehr couragierten Fahrten.

Stefan Ziegler

Als Fan von Colin Turkington würde ich mir ein Stammcockpit für ihn wünschen Zoom

Dürfte ich für die WTCC-Saison 2012 drei Wünsche äußern, wäre einer zweifelsfrei dafür reserviert, den Rennfahrer aus Portadown in ein Stammcockpit zu setzen. Ich hoffe inständig, dass Turkington im kommenden Jahr das nötige Kleingeld zur Hand hat, um sich in einer kompletten Rennsaison auf WM-Niveau beweisen zu können. Ich bin mir nämlich sicher: Colin würde uns richtig viel Freude machen!

Beste Grüße & Daumen drücken für Colin!

Stefan Ziegler