• 20.09.2009 08:38

  • von Stefan Ziegler

Ich packe meinen Koffer...

Die Tourenwagen-WM verabschiedet sich am Imola-Wochenende aus Europa: Fahrzeuge und Equipment begeben sich auf die lange Reise nach Asien

(Motorsport-Total.com) - Aufbruchsstimmung in der Tourenwagen-WM: Das letzte Rennen auf europäischem Boden macht unmissverständlich klar, dass nun der Saisonendspurt angebrochen ist. Für die WTCC und ihre Protagonisten hat das eine große Umstellung zur Folge, denn schon am Montag nach Imola muss alles bereit sein. Dann wird die gesamte WM-Ausrüstung verladen und verschifft - nach Asien.

Titel-Bild zur News: Augusto Farfus

Die Boxencrews sind gefordert: Am Montag muss alles komplett reisefertig verpackt sein

Zum zweiten Mal in dieser Saison steht ein kollektiver Großtransport auf dem Programm. Von Italien aus bringt ein Schiff die Fahrzeuge und das gesamte Equipment der Tourenwagen-WM nach Japan, wo Anfang November das vorletzte Rennwochenende dieser Saison absolviert wird. Damit die wertvolle Fracht auch pünktlich und vollständig dort ankommt, wird in Imola peinlich genau gepackt.#w1#

Wie aber hat man sich die Vorbereitungen für eine solche Reise vorzustellen und was passiert, wenn ein Auto am Rennwochenende einen Totalschaden erleidet und nicht mehr einsatzbereit ist? Diesen Fragen ging 'Motorsport-Total.com' im Fahrerlager von Imola nach und fand in BMW Team Germany Teammanager Charly Lamm einen Gesprächspartner, der diese Abläufe genau zu erklären weiß.

Zwei Crews und ein enger Zeitplan

Die BMW Länderteams haben den Wettlauf gegen die Zeit schon oft mitgemacht und erfolgreich gemeistert. Auch in dieser Saison sind die Mannschaften wieder gefordert - unmittelbar nach der Zieldurchfahrt. "Nach dem Rennen beginnt das große Einpacken", sagt Lamm und geht näher auf die Herangehensweise seines Teams ein: "Die Mannschaft teilt sich in zwei Arbeitsgruppen auf."

Schiffscontainer von Wiechers-Sport

In diesem Container schickte Team Wiechers die Ausrüstung nach Südamerika Zoom

"Die eine Gruppe versucht, die Ersatzteile und die Rennausrüstung seefrachtgerecht zu verpacken. Wir haben hier - neben unseren beiden Renntransportern - einen zusätzlichen LKW dabei, der die ganzen Kisten und Container transportiert. Alles, was im Transporter in schönen Fächern verstaut oder in Schubladen und Schränken aufgeräumt ist, muss nun seefrachtgerecht verpackt werden."

"Das alles muss dann - so lautet die Vorgabe des Veranstalters - am Montag um 18 Uhr reisefertig sein", beschreibt Lamm die Rahmenbedingungen für die Abreise aus Imola. "Das ist der logistische Teil", so der Schnitzer-Teammanager. "Der zweite, parallel verlaufende Handlungsstrang ist, dass die beiden Rennautos nach den WM-Läufen möglichst intakt von unseren Fahrern abgestellt werden."

Die Instandsetzung der Autos erfolgt vor Ort

"Wenn der Parc Fermé zu Ende ist, was zwischen 17 und 18 Uhr der Fall sein wird, dann hat man Zeit bis Montag 15 oder 16 Uhr, um sich die Autos noch einmal genau anzuschauen und die Fahrzeuge zu analysieren. Im Normalfall wirft man dann noch einmal einen Blick auf die Aggregate", meint Lamm. "Wir werden zudem unsere Motoren ausbauen, weil wir in Okayama neue Triebwerke bekommen."

Charly Lamm

Als Teammanager koordiniert Charly Lamm die Arbeiten seiner beiden Crews Zoom

"Für uns heißt das: Die Motoren werden ausgebaut, nach München geschafft und per Luftfracht hinterher geschickt. Ansonsten werden eben noch die weiteren Aggregate ausgetauscht oder überholt: Getriebe, Differentiale, Fahrwerksteile und Bremsen. Das ist das Standardprozedere", erklärt Lamm - doch dabei arbeitet die Mannschaft des BMW Teams Germany freilich gegen die Zeit.

"Zu einem gewissen Zeitpunkt wird die Arbeit an den Autos unterbrochen - erst in Okayama kann man wieder Hand anlegen, denn dort sieht man die Fahrzeuge dann das nächste Mal", sagt Lamm. Doch was ist, wenn am Renntag in Imola nicht alles glatt läuft? Auch dann gibt es ein Programm. Lamm: "Wenn es zu Unfällen kommt, die zu Karosserieschäden führen, dann muss ein Notfallplan greifen."

Der Notfallplan: Freilassing und Flugzeug

"In diesem Fall würde dieser so aussehen, dass wir das Auto in unsere Teambasis nach Freilassing bringen. Dort würden wir die Karosserieschäden reparieren und das Fahrzeug einfach hinterher schicken. Dann allerdings per Luftfracht", erläutert Lamm - das große Transportschiff für die WTCC-Ausrüstung nimmt auf Nachzügler schließlich keine Rücksicht. Die Alternative ist aber nicht billig.

Jörg Müller

Rennwagen und Ausrüstung müssen nach den WM-Läufen sofort verpackt werden Zoom

"Das wäre ein Aufwand, den wir selbst tragen müssten", so das Teamoberhaupt von Augusto Farfus und Jörg Müller. Kein Wunder: Ein Transportflug nach Japan würde eine Summe im fünfstelligen Eurobereich verschlingen - in Zeiten von wirtschaftlichen Engpässen und knapper Budgets wäre das vermutlich kein Posten, den man auf den Bilanzrechnungen gerne sehen würde. Nur eine Notlösung also.

Sollte dieser Fall nun aber doch eintreten, so steht einem Renneinsatz in Japan nichts im Wege: "Egal, wie schwer der Unfall ist, wir werden das Auto bis Okayama auf alle Fälle wieder hinkriegen", stellt Lamm heraus. "Die Rennpause ist schließlich sehr lange und damit haben wir auch eine lange Reparaturzeit." Am liebsten wäre dem BMW Teammanager aber, die Autos sicher auf See zu wissen...