• 02.09.2009 18:27

Endspurt bei den Privatfahrern: BMW Privatiers im Vorteil

Vier Rennwochenenden vor Saisonende streiten sich vier Privatfahrer um den Sieg, drei davon sind für BMW unterwegs. Wer behält die Oberhand?

(Motorsport-Total.com) - Noch vier Mal versammelt sich der Rennzirkus der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) in dieser Saison, dann stehen die neuen Weltmeister fest. Während sich BMW und SEAT in der Gesamtwertung ein enges Duell liefern, ist die Independents' Trophy der WTCC nicht minder hart umkämpft. Gleich vier Fahrer haben noch Chancen auf den Privatiertitel 2009 - und wieder heißt es: BMW gegen SEAT...

Titel-Bild zur News: Tom Coronel, Felix Porteiro

Wer zeigt seinen Rivalen im Endspurt der Independents' Trophy die Rücklichter?

Besser könnten die Zutaten für eine spannende Saison bei den Privatfahrern kaum sein: In diesem Jahr sehen sich die beiden ehemaligen Trophy-Sieger Tom Coronel (SEAT) und Stefano D'Aste (BMW) einem neuen Herausforderer gegenüber, der erst seit 2009 zur Riege der Privatiers zählt: Félix Porteiro (BMW). In Franz Engstler (BMW) ist auch ein deutscher Rennfahrer stets vorne mit dabei.#w1#

Drei BMW 320si gegen einen SEAT León TFSI

Wenn die bisherigen acht Rennwochenenden eines gezeigt haben, dann, dass bis zum großen Saisonfinale in Macao sehr wahrscheinlich keine Entscheidung fallen wird. Festzuhalten ist zu diesem Jahreszeitpunkt nur, dass BMW im Gegensatz zu SEAT gleich drei heiße Eisen im Feuer hat und in Proteam-Pilot Porteiro den derzeitigen Spitzenreiter der Privatierwertung in seinen Reihen weiß.


Fotos: Die Helme der WTCC-Fahrer 2009


Die neue Punkteregeln - Pole-Position und schnellste Rennrunde werden seit 2009 mit jeweils einem Bonuszähler bedacht - haben der Meisterschaft der Privatfahrer zusätzliche Würze verliehen und dafür gesorgt, dass sich die jeweils Führenden in ihren Positionen nicht allzu sicher fühlen dürfen. Denn noch sind über 100 Punkte zu vergeben - alleine in Macao winken dem Besten mindestens 40 Zähler.

Auch die zweite große Neuerung dieser Saison könnte noch für Überraschungen sorgen: Wer als Privatier in die Top 8 vorfährt, bekommt jeden WM-Punkt mit drei Trophy-Zählern vergolten. Ein Umstand, den Porteiro beim Rennwochenende in Brünn fast vollkommen ausnutzte. Der Spanier belegte einen siebten sowie einen vierten Rang und sammelte so auf einen Schlag 44 Punkte.

Doch auch Coronel, D'Aste und Engstler waren in den vergangenen Monaten nicht untätig und haben jeweils ein stattliches Punktekonto angehäuft. Vier Rennwochenenden vor Schluss haben sich demnach vier Titelanwärter aus der Menge der Privatfahrer abgehoben. 'Motorsport-Total.com' stellt die Meisterschaftskandidaten vor und beleuchtet ihre Chancen auf den Trophy-Titel 2009.

Félix Porteiro (Proteam/BMW/145 Punkte)

"Porteiro ist ein sehr schneller Bursche", sagt Rivale D'Aste und hat damit nicht Unrecht: Der ehemalige BMW Team Italy-Spain Pilot fand sich zu Beginn dieser Saison plötzlich in einem Privatteam wieder, schlug sich aber von Beginn an mehr als beachtlich - was seine sechs Saisonsiege eindrucksvoll dokumentieren. Doch Porteiro hat nach starkem Anfang etwas an Schwung verloren.

Felix Porteiro

Félix Porteiro geht als Topfavorit in den Saisonendspurt der Independents' Trophy Zoom

Den vier Rennerfolgen von Curitiba und Puebla folgte eine lange Durststrecke, die der 25-Jährige erst in Brünn beenden konnte - und wie: "Dort hat Félix 44 Punkte auf einen Schlag gemacht", erklärt Konkurrent Engstler. "Das kann man fast nicht mehr aufholen. In meinen Augen ist das nicht unbedingt glücklich gelöst für die Privatfahrer", so der Deutsche im Hinblick auf die neuen Punkteregeln.

Bei einem Blick auf den Tabellenstand wird deutlich, was Engstler meint: 44 seiner insgesamt 145 Zähler holte Porteiro an nur einem Wochenende! So machte der spanische Rennfahrer einen großen Schritt Richtung Titel und sieht im Endspurt nur einen großen Rivalen: "Es wird sich wohl auf Coronel und mich beschränken", so Porteiro. "Vielleicht kommt aber auch alles anders, wer weiß das schon?"

Tom Coronel (Sunred/SEAT/129 Punkte)

Diese Äußerung könnte sich schon bald bewahrheiten: Nur 16 Punkte hinter Spitzenreiter Porteiro findet sich der einzige SEAT-Pilot im Titelkampf wieder - Tom Coronel. Doch dessen Punkteserie könnte schon bald abrupt abreißen: Aufgrund einer Budgetkürzung muss "Major Tom" die Überseerennen in Okayama und Macao auslassen - es sei denn, er kann kurzfristig noch Sponsoren auftreiben.

Tom Coronel

Tom Coronel punktet konstant - aber kann er die Saison auch komplett bestreiten? Zoom

Sollte der schnelle Niederländer die restlichen Saisonläufe bestreiten können, so ist er sicherlich eine Gefahr für seine BMW Rivalen: "Der SEAT-Benziner ist ein sehr schnelles Auto", weiß D'Aste - nicht umsonst konnte sich Coronel 2006 mit diesem Fahrzeug den Titel in der Independents' Trophy sichern. So ist nicht zuletzt seine große Erfahrung ein Plus für den "fliegenden Holländer".

Coronel gilt zudem als Spezialist für Stadtkurse und ist bei seinen Gegnern auch aufgrund seiner oftmals urigen Taktikspielchen gefürchtet - wie zuletzt beim Reifenpoker von Okayama 2008. "Tom hat schon sehr viele Punkte gesammelt", meint D'Aste. "Macao steht aber noch aus. Dort ist er traditionell sehr stark unterwegs" - und damit ein ernsthafter Kandidat auf den Meistertitel 2009.

Franz Engstler (Engstler/BMW/104 Punkte)

Der dritte Favorit im Bunde spricht deutsch: Engstler spielt auch im zweiten Jahr seines WTCC-Engagements in der obersten Liga und darf sich dank seiner 104 Punkte noch immer Chancen in der Gesamtwertung ausrechnen. "Es sind noch sehr viele Punkte zu vergeben", sagt der Allgäuer und fügt an: "In der Independents' Trophy musst du konstant Zähler einfahren - das ist der Knackpunkt."

Franz Engstler

Das Safety-Car brachte Franz Engstler in Pau um viele Punkte - und eine Sensation Zoom

"Auf der anderen Seite lohnen sich natürlich auch Top-8-Platzierungen", meint Engstler, der seinerseits in Marrakesch und Pau von dieser Regelung profitieren konnte. In Südfrankreich musste der Deutsche allerdings auch einen herben Rückschlag einstecken, als ihn das Safety-Car von der Strecke drückte - just in dem Augenblick, als Engstler im privaten BMW 320si WTCC das WM-Starterfeld anführte!

Das warf den Tourenwagen-Routinier zurück, musste der Wagen doch komplett neu aufgebaut werden. Besserung ist aber in Sicht: "Das Auto ist wieder in der Balance", so Engstler in Brands Hatch. Also steht einer Attacke auf die Privatier-Krone nicht mehr im Wege. Engstler: "Ich gehe fest davon aus, dass jeder sein Bestes geben wird und dass es noch sehr spannend wird."

Stefano D'Aste (Wiechers/BMW/89 Punkte)

Damit rechnet auch D'Aste, sieht sich selbst aber nur als Außenseiter: "Leider haben wir einen großen Rückstand. Größtenteils fehlte uns einfach die nötige Portion Glück", erläutert der Wiechers-Pilot. Engstler bestätigt: "Stefano hatte in den ersten Rennen viel Pech." Nichtsdestotrotz haben die jüngsten Erfolge den 35-Jährigen noch einmal beflügelt. D'Aste: "Die Meisterschaft ist noch lang."

Stefano D'Aste

Stefano D'Aste und das Wiechers-Team konnten zuletzt einige Trophysiege feiern Zoom

Mit 89 Punkten steht dem Italiener freilich die größte Aufgabe ins Haus, will er sich in den verbleibenden WM-Läufen noch an die Spitze der Fahrerwertung setzen. Tabellenführer Porteiro hat seinen BMW Rivalen daher nicht mehr auf der Rechnung: "Dafür liegt er wohl schon etwas zu weit zurück", so der Proteam-Fahrer vor dem Saisonendspurt. "Ich halte Stefano nicht für eine Gefahr."

Für D'Aste und Wiechers spricht allerdings, dass die Nienburger Mannschaft zu Saisonmitte richtig stark aufgeigte und an vier Rennwochenenden insgesamt vier Mal siegreich war - entsprechend motiviert reist das Privatteam nach Oschersleben: "Ich bin mir sicher, dass Stefano den Abstand dort noch kräftig verkürzen wird", sagt Wiechers' Technischer Direktor Thomas Schiemann.

Welche Rolle spielen die Autos?

Als entscheidender Vorteil könnte sich für die BMW Piloten ihr Einsatzfahrzeug, der BMW 320si WTCC, erweisen. Nicht nur als Werksauto in den Händen von Augusto Farfus und Co. ist der über 280 PS starke Rennwagen eine echte Waffe. Auch für Kundenteams in aller Welt hat er sich als konkurrenzfähiges Fahrzeug erwiesen. Nicht umsonst hat BMW Motorsport bereits über 60 Exemplare des BMW 320si WTCC an Kundenteams in aller Welt verkauft.

BMW

Engstler, Porteiro und D'Aste fahren um den Trophy-Titel und den BMW Sportpokal Zoom

Porteiro, Engstler und D'Aste können sich auch im Endspurt auf die Unterstützung der BMW Motorsport Techniker an der Rennstrecke verlassen. Schließlich liegt BMW viel daran, dass auch bei den Privatiers ein Auto aus München die Nase vorn hat. Nicht zuletzt geht es für das Trio auch noch um eine weitere Trophäe: Traditionell vergibt BMW am Jahresende den BMW Sportpokal an den erfolgreichsten Privatfahrer der Marke. Insgesamt 250.000 Euro Preisgeld werden ausgeschüttet. Derjenige BMW Pilot, der in der Independents' Trophy vorne liegt, hat auch in dieser Wertung bereits eine Hand am Pokal.

Fest steht: Oschersleben, Imola, Okayama und Macao müssen in den kommenden Wochen eine Entscheidung herbeiführen - und alle vier Titelkandidaten der Independents' Trophy 2009 können sich ab sofort keine Fehler mehr erlauben. Angesichts der unglaublichen Enge im Starterfeld wäre es auch wenig verwunderlich, sollte das große Finale in Macao wieder einmal über Sieg und Niederlage entscheiden...