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Barth: "Wie ein kleiner Junge vor dem Weihnachtsbaum"
Sunred-Pilot Fredy Barth über seine erste Saison in der WTCC, Erfahrungen auf der Strecke, das öffentliche Feedback und spezielle Erlebnisse
(Motorsport-Total.com) - Wenige Tage vor dem Saisonstart 2010 konnte die Tourenwagen-WM einen weiteren Debütanten in ihren Reihen willkommen heißen: Fredy Barth hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft, das WTCC-Ticket zu lösen und ein Cockpit beim Sunred-Team zu ergattern. Prompt zeigte der 31-jährige Schweizer in seinem ersten WM-Jahr eine ansprechende Leistung, doch Fortuna stand ihm nicht immer zur Seite. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' schildert Barth einige seiner Eindrücke.

© xpb.cc
Fredy Barth gab im vergangenen Jahr ein starkes Debüt in der Tourenwagen-WM
Frage: "Fredy, im vergangenen Jahr konntest du 51 Punkte und den 13. Gesamtplatz in der WTCC erzielen. Wie denkst du mit etwas Abstand über deine Debütleistung?"
Fredy Barth: "Eigentlich bin ich nicht unzufrieden mit der Gesamtleistung. Ich denke, sowohl ich als auch meine Mannschaft, die größtenteils aus dem Supercopa kam, haben angesichts der ganzen Umstände einen sehr guten Job gemacht. Ich persönlich hatte mir zum Saisonende ein bisschen mehr erhofft."
"Bis Valencia waren wir ein bisschen am Kämpfen. In Portimao, Brands Hatch, Brünn und Oschersleben hatten wir ein Problem am Auto, das wir erst einmal ausfindig machen mussten. Da merkte man durchaus, dass wir kein Werksteam waren. Wir hatten nicht immer alle Teile sofort zur Verfügung. Wir fanden aber eine Lösung und in Valencia ging es dann wieder ganz gut."
"Dieser Event war ein Höhepunkt für mich, denn ich erzielte die provisorische Pole-Position in Q1 und lag im Rennen auf dem zweiten Platz. Ohne technischen Defekt hätten wir dieses Podium sicherlich eingefahren. Für mich war das ein bisschen die Bestätigung, dass ich es doch kann. In den vorangegangenen vier Rennen hatte ich Schwierigkeiten und da fängt man dann schon an, etwas zu zweifeln."
"Danach ging es nach Asien und dort waren wir ein bisschen unglücklich unterwegs. In Okayama fielen wir schon früh aus und in Macao wurde ich in den Zwischenfall um Tom Coronel und Darryl O'Young verwickelt. Ansonsten wäre vielleicht auch mehr möglich gewesen, zumal die Qualifikation eine absolute Lotterie war."
"Wir waren in Macao sowohl im ersten als auch im zweiten Sektor schnell genug, um in die Top 10 zu fahren - bis wir auf die Unfallstellen in Sektor drei aufliefen. Das ist ein bisschen ärgerlich, aber so läuft es manchmal im Motorsport. Unterm Strich bin ich zufrieden. Es wäre bestimmt mehr drin gewesen, doch das möchte ich nun halt in diesem Jahr nachholen."
Von Null auf WTCC-Niveau ohne Testfahrten
Frage: "Gab es im vergangenen Jahr positive oder negative Überraschungen für dich?"
Barth: "Positiv aufgefallen ist mir, dass ich sowohl im Rennen als auch im Qualifying ein gutes Tempo an den Tag legen konnte. Und das, obwohl ich im gesamten Jahr keinerlei Testfahrten bestritten habe."
"Das ist nicht unbedingt einfach, wenn man bedenkt, dass ich gegen Leute antrete, die um einiges mehr an Erfahrung verfügen - sowohl auf diesem Fahrzeug als auch in Bezug auf die gesamte Karriere. Für mich war es also eine positive Überraschung, dass ich mich mit den Weltbesten messen kann. Klar: Man glaubt natürlich daran."
"Ich sagte ja schon zu Beginn der Saison 2010, dass ich dabei sein kann, sonst würde ich das ja nicht versuchen. Insgesamt war das eine schöne Sache für mich, das gesamte Jahr über mithalten zu können - zumal ich nebenbei immer noch die Finanzierung des Ganzen im Blick haben musste. Etwas weniger begeistert hat mich, dass man selbst durch ein kleines Problem ziemlich weit hinten landet."
"Die Leistungsdichte ist ungeheuer groß. Glück und Unglück liegen doch recht nahe beisammen. In gewisser Weise war auch das eine positive Überraschung, weil es sich dann noch besser anfühlt, wenn man vorne fährt. Unangenehm wird das halt, wenn man sich in dieser Situation wiederfindet, hinten steckt und kaum nach vorne kommt."
Die Saison 2010 als Erfolg auf vielen Ebenen
Frage: "Was nimmst du - abgesehen von der bereits angesprochenen Bestätigung - an Positivem mit in das neue Rennjahr?"
Barth: "Generell: das öffentliche Feedback. Das ist natürlich wichtig für mich und meine Sponsoren. Davon hängt unterm Strich ja schließlich auch mein Budget ab. Sich im internationalen Motorsport einen Namen machen zu können, ist logischerweise eine tolle Geschichte. Das habe ich als sehr positiv empfunden."
"Auch unsere vielen Gäste und das Interesse aus der Schweiz waren toll. 2010 hatten wir etwa 300 Besucher, die uns vor Ort an der Rennstrecke die Daumen gedrückt haben. Viele saßen auch daheim vor dem Fernseher und ich bekam regelmäßig sehr viele SMS-Meldungen. Das war schon ein schönes Erlebnis."
"Abgesehen davon: Ich war nun auch einmal in Brasilien, in Asien, in Macao - das war alles sehr eindrücklich. Es ist einfach geil, dass man so weit reisen kann und dort dann auch noch Rennen fahren darf. Da fühlt man sich wie ein kleiner Junge vor dem Weihnachtsbaum. Darüber muss man sich einfach freuen."
"Was mich auch noch erstaunt hat: Die Solidarität der Sponsoren und Partner, die mich durch die Saison hindurch begleitet haben - sowohl finanziell als auch moralisch und mit jedweder Unterstützung in allen Bereichen. Klar stehen die Partner hinter mir, aber dass das mit dieser Dynamik und mit einer solchen Euphorie der Fall war, das war wirklich toll."
Barth schätzt den "knallharten Sport" in der WTCC
Frage: "Demnach würdest du sagen, das WTCC-Engagement hat sich sowohl für dich als auch für deine Partner prima gelohnt?"
Barth: "Auf jeden Fall. Alle sind happy - auch mit der Medienresonanz."
Frage: "Wie hast du generell die Atmosphäre in der WTCC empfunden?"
Barth: "Es war sehr entspannt und sehr kollegial. Das hatte ich so nicht erwartet. Das hat mich positiv überrascht. Auf der Strecke wird zwar um jeden Zentimeter gefightet - mit fairen und teilweise auch mit weniger fairen Mitteln -, aber abseits der Strecke spricht man normal miteinander. Ich fühle mich in diesem Umfeld sehr zuhause. Ich mag diese Meisterschaft."
"Ich mochte sie schon vorher, weil sie eben knallharter Sport ist und weil ich mich dort auch sehe. Bei all den Leuten hast du jedenfalls niemals das Gefühl, jetzt wirst du gleich gelyncht. In manchen Meisterschaften ist es doch so, dass man sich einmal mit jemandem angelegt hat und danach möchte man sich am liebsten an den Kragen. Das war hier nie ein Thema. Das finde ich toll."

