Yamaha: "Verschiedene Hersteller müssen gegeneinander kämpfen können"

Weniger Topspeed und bessere Balance: Um die Superbike-WM nachhaltig zu machen, müssen sich laut WSBK-Projektleiter Andrea Dosoli einige Dinge ändern

(Motorsport-Total.com) - Die Balance in der Superbike-WM wurde in der laufenden Saison zu einem bestimmenden Thema. Im Vorjahr gewann Alvaro Bautista die Meisterschaft und bescherte Ducati den ersten Titel seit Carlos Checa 2011. Ducati präsentierte im Winter ein neues Homologationsmodell und baute damit den Vorsprung in der Superbike-WM weiter aus. Yamaha und Kawasaki sind klar ins Hintertreffen geraten. Yamaha-Projektleiter Andrea Dosoli ist überzeugt, dass sich einige Dinge ändern müssen, um die WSBK sicher durch die Zukunft zu bringen.

Titel-Bild zur News: Toprak Razgatlioglu; Alvaro Bautista; Jonathan Rea

Der Dreikampf zwischen Razgatlioglu, Bautista und Rea begeistert die Fans Zoom

Wichtig ist laut Dosoli, dass die beteiligten Werke auf Augenhöhe agieren können. "Wir müssen den Rennsport nachhaltig machen, damit die Teams und die Hersteller etwas für ihre Investitionen zurückerhalten. Ich bezweifle, dass die gemeinsam definierten Ziele erreicht werden können, wenn wir weiter die Performance der Motorräder steigern", nennt er einen Kritikpunkt.

"Beim Topspeed liegen wir klar zurück. Doch es ist nicht so, dass ausschließlich der Topspeed entscheidet und alle anderen Hersteller, die einen höheren Topspeed erreichen, vor uns liegen. Unser Motorrad ist vermutlich am fahrerfreundlichsten", analysiert der Yamaha-Manager, der sich wünscht, dass die MotoGP und die Superbike-WM technisch abrüstet.

"Alles schauen immer nur auf den Topspeed", ärgert sich der Yamaha-Manager. "Vielleicht sollten wir unseren Blick etwas ausweiten. Darüber sprechen wir bereits. Niemand, weder die Veranstalter, noch die Beteiligten oder die Hersteller wollen eine Meisterschaft, in der nur ein Fahrer und eine Marke gewinnen kann."

Ducati Panigale V4R

Die Ducati Panigale V4R ist das leistungsstärkste Bike im Feld der WSBK Zoom

"Natürlich verdient der Fahrer die Siege, wenn er herausragend ist. Doch ich würde behaupten, dass wir Fahrer haben, die sich auf dem gleichen Niveau bewegen. Wenn sich die Situation nicht ändert, dann wird das den Verantwortlichen ziemliche Sorgen bereiten", ist Dosoli überzeugt.

Müssen die MotoGP und die WSBK technisch abgerüstet werden?

Die technische Entwicklung der Serien-Superbikes bereitet Dosoli große Sorgen. Ducatis Serien-Superbike erreicht bereits mehr als 230 PS. "Wir müssen bedenken, dass bei der Performance der Serienmaschinen in den zurückliegenden Jahren große Fortschritte erzielt wurden. Sie wurden immer schneller. Die Rennstrecken wachsen leider nicht mit", warnt Dosoli.

Andrea Dosoli

Andrea Dosoli sorgt sich um die Sicherheit in der MotoGP und WSBK Zoom

"Wir stehen also in den beiden wichtigsten Meisterschaften, der MotoGP und der Superbike-WM, vor einem Problem, was die Sicherheit betrifft. Einige Rennstrecken verfügen nicht über genug Auslauf, wenn man sich die Geschwindigkeiten vor Augen führt, die diese Motorräder erreichen können", bemerkt der Yamaha-Projektleiter.

"Es gibt eine wachsende Sorge, wie man die Performance reduzieren kann. Die Superbike-WM fährt auf FIM-homologierten Rennstrecken mit dem Grad A, wie es die MotoGP macht, aber auch auf Rennstrecken mit dem Grad B, also eine Stufe niedriger. Die Langstrecken-WM fährt auf Rennstrecken mit dem Grad A, B und C. Es muss darum gehen, die Meisterschaften sicherer zu machen, indem man die Performance reduziert", stellt Dosoli klar.

Yamaha wünscht sich mehr Abwechslung an der Spitze

Zudem wünscht sich der Yamaha-Verantwortliche eine bessere Balance, denn wenn immer nur ein Fahrer und ein Hersteller gewinnt, dann schwindet das Interesse der Fans und Medien. "Die Meisterschaft wird komplett an Interesse verlieren, wenn es keine Balance of Performance gibt", ist Dosoli überzeugt.

Alvaro Bautista

Weltmeister Alvaro Bautista gewann 18 der bisherigen 24 Rennen Zoom

"Wir hatten in den zurückliegenden Jahren Glück. Das Interesse an der Serie nahm zu. Das war möglich, weil es drei fantastische Fahrer auf drei unterschiedlichen Motorrädern gab, die sich in jedem Rennen duelliert haben. Das ist es, was die FIM, die Dorna und die Teams erneut sehen wollen", erklärt der Italiener.

Das würde bedeuten, dass Hersteller, die gut gearbeitet haben, einen Teil ihres Vorsprungs opfern müssen, um die Show zu verbessern. "Wir müssen sicherstellen, dass Fahrer verschiedener Hersteller gegeneinander kämpfen können", nennt Dosoli das große Ziel.


Fotos: Superbike-WM 2023: Most (Tschechien)


"Es könnte also passieren, dass ein Hersteller in der Serie ein Motorrad mit 300 PS hat, dieses im Rennsport aber nicht einsetzen kann, weil die Sicherheit der Fahrer nicht gewährleistet werden kann", bemerkt der Yamaha-Manager.

Hilfe für Hersteller mit kostengünstigeren Superbikes

Hinter den Kulissen wird bereits an einem neuen Format gearbeitet, das Herstellern mit weniger teuren Serien-Superbikes mehr technische Freiheiten beim Tuning ermöglichen soll (mehr Informationen).

Die Ducati Panigale V4R kostet in der Serie etwa 44.000 Euro. Die Yamaha R1M liegt in Deutschland bei knapp 28.000 Euro, teilt sich aber mit der normalen R1 für 21.000 Euro den Motor. Demzufolge kostet Yamahas Basis-Bike weniger als die Hälfte der Ducati.