Corser: "Wir entwickeln ein Siegermotorrad"

Troy Corser zieht Bilanz über das Superbike-Projekt von BMW - Noch ist das Motorrad keine Siegermaschine, doch die Entwicklung ist positiv

(Motorsport-Total.com) - Das BMW-Superbike-Projekt zeigt im zweiten Jahr die ersten Erfolge. Troy Corser hat in Misano die erste Superpole erobert und kletterte sowohl dort, als auch in Monza auf das Podest. Es waren die ersten Podiumsplatzierungen der Weiß-Blauen in der Superbike-WM. Im Vergleich mit Aprilia, die ebenfalls 2009 eingestiegen sind, hinkt BMW zwar etwas hinterher, aber man hat den Eindruck, dass die beiden Neulinge auf dem aufsteigenden Ast sind, während die Japaner und Ducati stagnieren.

Titel-Bild zur News: Troy Corser

BMW setzt in der Superbike-WM auf die reichhaltige Erfahrung von Troy Corser

Der zweifache Weltmeister Corser war von Beginn an in das Projekt involviert und zieht nach insgesamt 21 Rennwochenenden Bilanz. "Ich habe jetzt einige Rennen angeführt und hätte in Misano den ersten Lauf gewinnen können", meint der 38-Jährige. "Wir haben eine sehr gute Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung aus den Kurven. Die Elektronik funktioniert sehr gut, denn die Ingenieure haben nun viel mehr Daten zur Verfügung und können für mich Verbesserungen finden."#w1#

Wie in der MotoGP auch sind die elektronischen Helfer bei den Superbikes ein essentieller Bestandteil "Seit wir mit dem Motorrad angefangen haben zu arbeiten, sind etwa 30 Prozent der Verbesserungen von der Elektronik gekommen", schätzt Corser. "Etwa 20 Prozent haben wir beim Chassis gefunden. Auf Motorenseite haben wir ungefähr weitere 20 Prozent gefunden. Es gibt also noch Raum für Verbesserungen, aber keinen sehr großen. Wir haben in allen Bereichen etwas gefunden, deshalb denke ich, dass die S1000RR bald ein voll entwickeltes Rennmotorrad ist."

Im Gegensatz zu den übrigen Herstellern hat BMW von Beginn an auf eine eigene Elektronik gesetzt. Da dieses Gebiet sehr weitläufig ist und die Erfahrungen der Bayern bei Superbikes begrenzt ist, standen die Techniker vor einer großen Aufgabe. Doch Corser relativiert: "Bei BMW gibt es so viele Leute mit reichhaltigen Erfahrungen auf den Gebieten Traktionskontrolle, Motorsteuerung, Kraftstoffeinspritzung und all diesen Dingen. Ich habe Zeit gebraucht, um dieses Arbeitsfenster zu verstehen und es im Vergleich zur Formel 1 auf einem Motorrad zum Arbeiten zu bringen."


Fotos: Superbike-WM in Brünn


"Wenn man einen Motor entwickelt und dabei die Leistung, die Fahrbarkeit und Spitzenleistungen bei bestimmten Drehzahlen beachten muss, ist das eine große Herausforderung. Ich denke wir sind da jetzt bei den Besten dabei. Die Ingenieure haben ein großes Arbeitsfenster und sind nicht an ein bestimmtes Programm gebunden. Ich denke jeder hat fantastische Arbeit geleistet. Im Nächsten Jahr wird das Packet einfacher sein, denn nun wissen wir, wie wir alles genau kontrollieren müssen."

In seiner langen Karriere hat Corser bereits mit vielen Herstellern und Teams zusammengearbeitet. 1996 wurde er mit Ducati und 2005 mit Suzuki Weltmeister. Dazwischen schwang sich der Australier auf die Foggy-Petronas-Maschine. Vor seinem Wechsel zu BMW entwickelte Corser die Yamaha zu einem Siegermotorrad, die dann in den Händen von Ben Spies den ersten Titel gewinnen konnte.

Wie sieht der 33-fache Sieger den deutschen Hersteller im Vergleich? "Ich habe mit Japanern, Italienern, Belgiern und Franzosen zusammengearbeitet. Die Deutschen haben eine eigene Arbeitseinstellung. Um ehrlich zu sein ist das großartig. Sie bekommen die Dinge auf den Punkt, wenn es gefordert ist. Andere Dinge brauchen etwas länger, aber der Mix aus Italienern um Davide Tardozzi und den Deutschen funktioniert wirklich gut."

Speziell mit Tardozzi verbindet Corser viel: "Wir haben unsere erste Weltmeisterschaft zusammen gewonnen und sind seither gute Freunde. Es ist sehr angenehm mit jemandem zu arbeiten, der so wie ich über viel Erfahrung verfügt. Das macht es einfacher Entscheidungen zu treffen und den Leuten zu verrauen."

Troy Corser, Ruben Xaus

Ruben Xaus und Troy Corser entwickeln die BMW S1000RR mit Hochdruck Zoom

Manchmal sieht man Tardozzi wenig erfreut durch das Fahrerlager laufen. Trotzdem findet Corser: "Ich denke er fühlt, dass mich das Motorrad in Bezug auf die Resultate manchmal im Stich lässt. Es ist einfach nicht perfekt. Wir entwickeln die Maschine noch zu einem Rennsieger. Ich glaube aber, dass er mit der Leistung und dem ganzen Projekt zufrieden ist. Für mich als Fahrer ist seine Anwesenheit perfekt, denn ich kann mich voll und ganz auf das Fahren konzentrieren."

Es bleibt aber die Frage, warum Corser zu Beginn eines Rennens an der Spitze liegen kann und dann über die Distanz zurückfällt. Viele Fans haben sich bereits gefragt, ob es am Alter des Fahrers liegt, oder technische Schwachstellen vorhanden sind. "Es ist natürlich für Außenstehende leicht mein Alter oder meine Fitness zu kritisieren", so Corser. "Bevor sie nicht selbst da draußen gewesen sind, ist es natürlich leicht mit dem Finger zu zeigen."

"Das Racing ist derzeit so eng, dass man sofort geschlagen wird, wenn einem nur eine Kleinigkeit fehlt. Wenn man nur wenige Zehntel pro Runde verliert ist man schon aus dem Rennen. Vieles hängt mit dem Reifenmanagement zusammen. Die Temperaturen auf den unterschiedlichen Pisten spielen auch eine Rolle. Aber um ehrlich zu sein ist die Reifenwahl und deren Qualität entscheidend. Wenn man einen Reifen bekommt, der nicht funktioniert verliert man sofort einige Positionen. Als Fahrer ist man dann einfach nur glücklich ins Ziel zu kommen."

"Ich bin verschiedene Motorräder gefahren und habe immer meinen Fahrstil anpassen müssen. Ruben hat das nie getan. Er fuhr die meiste Zeit für Ducati." Troy Corser

Der WM-Zug ist in dieser Saison für BMW abgefahren. In den verbleibenden Rennen geht es um die Weiterentwicklung und starke Einzelergebnisse. "Vor meiner Verletzung in Brünn wollte ich unter die ersten drei der WM kommen", sagt Corser. "Unsere Position ist zwar immer noch gut, aber wir haben Punkte verloren. Die Top-5 sind ein realistisches Ziel. Ich denke auch BMW wäre damit zufrieden."

Im dritten Jahr will BMW endgültig an der Spitze um die Titelvergabe mitkämpfen. "Ende August bekommen wir das Motorrad für die nächste Saison. Viele kosmetische Teile basieren im Moment auf der Serienmaschine. Beispielsweise werden wir künftig einen anderen Sitz und Tank haben. Das Rennmotorrad wird also eigenständiger sein", meint Corser.

2011 wird der Australier vermutlich auch einen neuen Teamkollegen haben. Ruben Xaus zeigte zwar zuletzt einen Aufwärtstrend, doch viele Stürze verhinderten bessere Resultate. "Ich denke es liegt an der Erfahrung. Ich bin verschiedene Motorräder gefahren und habe immer meinen Fahrstil anpassen müssen. Ruben hat das nie getan. Er fuhr die meiste Zeit für Ducati. Er muss seinen Stil ändern, und es scheint, dass er das mit der BMW nicht schafft. Ich weiß es nicht genau, denn seine Abstimmungen sind nicht sehr anders zu meinen."

In Silverstone am 1. August will Corser wieder um das Podium kämpfen. Die Prellungen, die er sich bei seinem Sturz in Brünn zugezogen hat, sollten bis dahin wieder ausgeheilt sein.