DMSB und DSK platzt der Kragen im NLS-NES-Streit

Der Deutsche Motor Sport Bund gibt ein Dreivierteljahr nach Eskalation des Machtkampfes am Nürburgring eine Stellungnahme ab - Aufruf zur Zusammenarbeit

(Motorsport-Total.com) - Besser spät als nie: Erstmals seit Ausbruch der offenen Feindseligkeiten um den Langstreckensport auf dem Nürburgring hat sich der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) zu den Ereignissen geäußert. In einem knappen Statement fordert Präsident Wolfgang Wagner-Sachs alle Parteien zur Zusammenarbeit auf.

Titel-Bild zur News: Die Nürburgring-Nordschleife ist bereit für die Rennsaison, doch um den Sport ist es schlecht bestellt

Die Nürburgring-Nordschleife ist bereit für die Rennsaison, doch um den Sport ist es schlecht bestellt Zoom

Der DMSB war in einer schwierigen Situation, weil zwei Parteien, die ihn tragen, sich in der Nürburgring-Situation feindselig gegenüberstehen: ADAC und AvD. Denn die Nürburgring-Endurance-Serie (NES), die als Konkurrenzprodukt zur Nürburgring-Langstrecken-Serie (NLS) etabliert werden soll, ist ein Versuch des Nürburgrings, den Einfluss des ADAC an seiner Sportstätte zu verkleinern.

Der DMSB äußert sich nicht als einzige Institution. In einer abgestimmten Aktion mahnt auch der Deutsche Sportfahrerkreis (DSK), endlich zur Vernunft zu kommen. Der Langstreckensport als Ganzes befindet sich derzeit in Geiselhaft des Machtkampfes.

Alle Parteien haben lange geschwiegen. Dass sie sich nun offen äußern, ist ein Zeichen, wie dramatisch die Lage geworden ist. Die NLS kämpft ums Geld. Die NES kämpft um Organisation. Dass der Aufruf zur Vernunft Anklang findet, darf bezweifelt werden. Bislang sind alle Aufrufe zur Vernunft im Nichts verhallt.

Das Statement des DMSB im Wortlaut

Der Deutsche Motor Sport Bund hat seine Neutralität in den Diskussionen um die Zukunft der Rennen auf der Nordschleife betont. DMSB-Präsident Wolfgang Wagner-Sachs erklärte, dass es der gemeinsamen Anstrengung aller Motorsportler bedürfe, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

Themen wie Kostenreduzierung, Steigerung der Attraktivität für Teilnehmer und Zuschauer und Nachhaltigkeitsaspekte stünden im Vordergrund. "Die echten Herausforderungen für den Motorsport durch äußere Faktoren sind groß genug”, so Wolfgang Wagner-Sachs.

"Da sollten die Motorsportveranstalter zusammenstehen, statt sich gegenseitig Starter, Sponsoren und Rennstreckentermine streitig zu machen. Für Konkurrenzdenken und Machtspiele untereinander ist im deutschen Motorsport des Jahres 2024 kein Platz. Wir brauchen viel mehr einen Schulterschluss.”

Dies gelte insbesondere für die Nürburgring-Nordschleife, seit fast 100 Jahren ein motorsportliches Kulturgut. Dennoch will sich der Dachverband der deutschen Motorsportler nicht in die Kontroversen verschiedener Rennserien einmischen.

Wolfgang Wagner-Sachs

Wolfgang Wagner-Sachs äußert sich erstmals offiziell zum Machtkampf am Nürburgring Zoom

"Die Aufgabe des DMSB ist es, den Motorsport zu ermöglichen und zu fördern, nicht ihn zu verhindern”, so Wolfgang Wagner-Sachs weiter. "Wir sind schon durch unsere Satzung zu Neutralität verpflichtet und haben daher selbstverständlich alle Genehmigungsprozesse für die verschiedenen Rennserien sachgerecht und zügig bearbeitet."

"Auch die im vergangenen Winter vom DMSB und unter anderem dem DSK gemeinsam erarbeiteten vereinfachten Regeln für die Nordschleifen-Permit gelten natürlich für alle Serienbetreiber und Veranstalter, die dort Rennen durchführen wollen.”

Gerade mit dem DSK befindet sich das DMSB-Präsidium im engen Austausch, um bestmögliche Voraussetzungen für Lizenznehmer auf der einen und Veranstalter auf der anderen Seite zu schaffen. "Die eigentliche Rennorganisation - von der Teilnehmerbetreuung über die Rennleitung bis hin zu den Sportwarten an der Strecke - muss aber beim jeweiligen Veranstalter liegen”, ergänzt der DMSB-Präsident.

Das Statement des DSK im Wortlaut

Der DSK ist besorgt um die Zukunft des Langstreckensports auf der Nordschleife. Die Gemengelage rund um Nürburgring-Langstrecken-Serie und die neue Nürburgring-Endurance-Serie gestaltet sich diffus. Aktuell finden Grabenkämpfe unter den beteiligten Parteien statt, die am Ende mehr Schaden als Nutzen anrichten.

"Was rund um den Langstreckensport auf der Nürburgring-Nordschleife passiert, ist absolut unnötig", sagt DSK-Präsident Karl-Friedrich Ziegahn. "Der Motorsport im Allgemeinen hat in der aktuellen Zeit schon genug zu kämpfen, da ist es nicht von Vorteil, wenn die Protagonisten innerhalb der Szene vom Wettbewerb zur Auseinandersetzung übergegangen sind, die am Ende dem Sport nur schadet."

Als größte Vereinigung von aktiven Motorsportlern und Fans mit fast 13.000 Mitgliedern ist der DSK im Streit zwischen zwei konkurrierenden Serien im Langstreckensport auf der Nordschleife im Prinzip zunächst neutral.

"Wir haben Mitglieder, die sich in der NLS oder in der NES engagieren und wir sind dabei nicht der Schiedsrichter. Unsere Aufgabe ist vielmehr, die Geschehnisse kritisch zu beobachten", sagt Ziegahn. "Nun ist jedoch ein Punkt erreicht, an dem wir als DSK den Zeigefinger heben müssen, denn wir sehen den Sport aktuell wirklich in großer Gefahr, daher haben wir mehrfach angeboten zu vermitteln."

DSK-Präsident Karl-Friedrich Ziegahn ruft zu Zusammenarbeit auf

DSK-Präsident Karl-Friedrich Ziegahn ruft zu Zusammenarbeit auf Zoom

"Es ist wichtig, dass alle Beteiligten auf Augenhöhe und am Ende im Sinne des Sports miteinander agieren; hier sind wir uns auch mit dem DMSB einig. Das schließt die NLS und NES ein, aber auch den Rennstreckenbetreiber und die einzelnen Veranstalter. Der Motorsport braucht fairen Wettbewerb und keine Blockadehaltungen - weder auf der Rennstrecke noch hinter den Kulissen."

Der DSK-Präsident fährt fort: "Gemeinsame Gespräche erscheinen mittlerweile sehr schwierig und es wird dieses Jahr wohl die beiden Rennserien auf der Nordschleife geben. Das Minimalziel muss daher sein, dass beide Serien in friedlicher Koexistenz agieren und gegenseitige Seitenhiebe und unfaire Aktionen unterlassen werden."

"Der Markt wird dann entscheiden, welche Serie sich mittelfristig durchsetzen kann. Präzedenzfälle für die Existenz konkurrierender Rennserien hat es auch in der Vergangenheit in Deutschland immer gegeben. Auch aktuell fischen Serien von unterschiedlichen Organisationen im gleichen Segment nach Kunden. Dies ist auch okay, solange untereinander ein fairer Umgang gepflegt wird. Und das vermisse ich im Streit um die Nordschleife gerade extrem."

NES reagiert

Die Nürburgring-Endurance-Serie reagiert am Montagabend mit einer eigenen Presseaussendung, in der sie den Appell "begrüßt". Die NLS wird auf eine Stellungnahme verzichten. Hier der Wortlaut der NES-Pressemitteilung:

Die neue Nürburgring Endurance Serie begrüßt ausdrücklich die Appelle von DMSB und DSK im Vorfeld des Saisonauftaktes auf dem Nürburgring. Der Deutsche Motor-Sport Bund DMSB als nationaler Dachverband hat am Montagnachmittag in einer Pressemitteilung zur Zusammenarbeit auf der Nordschleife aufgerufen, und der Deutsche Sportfahrer-Kreis (DSK), mit 13.000 Mitgliedern Deutschlands größte Vereinigung von Motorsportlern, hat zeitgleich Vernunft und Verantwortung auf der Nordschleife angemahnt.

Die NES betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass keine Personen und keine Institutionen oder Gruppierungen, beispielsweise Sportwarte und Abschnittsleiter, angesprochen oder aufgefordert wurden, ausschließlich für eine Rennserie tätig zu werden. Es wurden seitens der NES auch keine persönlichen Konsequenzen oder Ausgrenzungen angedroht, sollte ein für die NES tätiger Sportwart oder Abschnittsleiter, Techniker oder externe Dienstleister sich für eine andere Rennserie oder andere Rennveranstaltung gleichermaßen zur Verfügung zu stellen.

Als Präsident des DSK hatte Dr. Karl-Friedrich Ziegahn in einer Mitteilung vom 11. März ausgeführt, dass es "das Minimalziel sein muss, dass beide Seiten in friedlicher Koexistenz agieren und gegenseitige Seitenhiebe und unfaire Aktionen unterlassen werden."


Fotostrecke: Streit um Langstreckensport am Nürburgring: Die Gemengelage erklärt

Die NES betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass keine Personen und keine Institutionen oder Gruppierungen, beispielsweise Sportwarte und Abschnittsleiter, angesprochen oder aufgefordert wurden, ausschließlich für eine Rennserie tätig zu werden. Es wurden seitens der NES auch keine persönlichen Konsequenzen oder Ausgrenzungen angedroht, sollte ein für die NES tätiger Sportwart oder Abschnittsleiter, Techniker oder externe Dienstleister sich für eine andere Rennserie oder andere Rennveranstaltung gleichermaßen zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus wurde seitens der NES kein Versuch unternommen, Sponsoren dahingehend zu beeinflussen, nur mit einer Rennserie zusammenzuarbeiten. Dass sich Teams für die eine oder andere Rennserie oder für beide entscheiden, ist selbstverständlich. Aus diesem Grund wurden von der NES auch keine Teams angesprochen, sich einer bestimmten Weise für eine Rennserie auszusprechen.

Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Der Langstreckensport auf dem Nürburgring sieht sich aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation mit negativen Entwicklungen konfrontiert. Daher fordert die NES alle Interessengruppen und Einzelpersonen auf, sich neutral einzubringen und den Langstreckensport insgesamt zu unterstützen. Daran hat sich die NES bis heute gehalten und wird dies auch in Zukunft tun.

Des Weiteren führt Dr. Ziegahn in der DSK-Mitteilung aus: "Der Markt wird dann entscheiden, welche Serie sich mittelfristig durchsetzen kann. Präzedenzfälle für die Existenz konkurrierender Rennserien hat es auch in der Vergangenheit in Deutschland immer gegeben."

Diesem Wettbewerb unter fairen Bedingungen stellt sich die NES. Dabei hat es die NES bis heute jegliche unfairen Aktionen unterlassen und wird auch in Zukunft darauf verzichten. Dies erwartet die NES von allen Veranstaltern und Gruppierungen, die am Nürburgring in unterschiedlichen Formen Langstreckensport betreiben oder sich in unterschiedlichen Funktionen engagieren.

"Aus unserer Sicht belebt Konkurrenz das Geschäft. Wir nehmen diese Herausforderung an. Die Nürburgring Endurance Serie bietet eine Alternative, den Langstreckensport auf der Nordschleife langfristig zu sichern und die zuletzt negativen Entwicklungen schrittweise umzukehren", erklärt Ralph-Gerald Schlüter, Geschäftsführer der vom Automobilclub von Deutschland (AvD) ausgerichteten Nürburgring Endurance Serie.

"Wir konzentrieren uns auf unsere Arbeit und bleiben fair. Dabei sind wir grundsätzlich offen für Gespräche mit dem Ziel, eine Koexistenz beider Langstreckenserien auf Basis von gegenseitigem Respekt zu ermöglichen."

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