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Wie McLaren Michael Waltrip Racing in Schwung brachte
Nach dem Engagement von Formel-1-Veteran Steve Hallam ging es bei Michael Waltrip Racing bergauf: Über den Unterschied zwischen NASCAR und McLaren
(Motorsport-Total.com) - Der Name Waltrip besitzt in der NASCAR einen extrem guten Ruf. Darrell Waltrip war in den 1980er Jahren der ganz große Widersacher des legendären Dale Earnhardt Sr. und gewann 1981, 1982 und 1985 dreimal die NASCAR-Krone. Heute zählt der mittlerweile 62-Jährige ehemalige Bösewicht zu den beliebtesten TV-Kommentatoren.

© NASCAR
MWR-Höhepunkt: David Reutimann feiert seinen Sieg beim Coca-Cola 600
Waltrips 16 Jahre jüngerer Bruder Michael konnte in seiner aktiven Laufbahn zwar nicht an die Erfolge Darrells anknüpfen, gewann aber immerhin zweimal das legendäre Daytona 500. Doch auch sein Rücktritt steht unmittelbar bevor: In der kommenden Saison wird Michael Waltrip wohl nur noch die vier Superspeedway-Rennen von Daytona und Talladega bestreiten.#w1#
Der Name Waltrip verschwindet also aus den Starterlisten, nachdem er seit 1972 ununterbrochen aufgetaucht war. Doch dies gilt nur für die Fahrerwertung, denn seit Saisonbeginn 2007 gibt es ja noch Michael Waltrip Racing (MWR). Dort werden 2010 Neuzugang Martin Truex Jr., David Reutimann, sowie in Kooperation mit JTG/Daugherty Racing der Australier Marcos Ambrose in der vierten Sprint-Cup-Saison des Teams fahren.
Mit Reutimann und Ambrose brachte MWR in der abgelaufenen Saison 2009 immerhin zwei Piloten unter die Top 20. Gemessen an den sehr holprigen Anfängen ist dies ein eindeutiger Aufwärtstrend, denn das nagelneue Team sorgte bei seinem ersten Sprint-Cup-Auftritt in Daytona 2007 für ausschließlich negative Schlagzeilen.
Vier Monate mit Minuspunkten

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Michael Waltrip und Dale Jarrett hatten 2007 nur wenig Grund zur Freude Zoom
Im Ansaugstutzen von Waltrips Toyota Camry wurden hochillegale Substanzen entdeckt, woraufhin NASCAR das Auto konfiszierte. Natürlich hagelte es Geldstrafen, Sperren und Punktabzüge, die dazu führten, dass Waltrip zum ersten NASCAR-Pilot mit einem negativen Punktestand wurde. Denn der Superspeedway-Spezialist qualifizierte sich im Ersatzauto zwar für das Daytona 500, landete dort aber nur auf Platz 30.
Dafür bekam Waltrip 73 Punkte gutgeschrieben. Weil ihm NASCAR jedoch 100 Punkte abzogen hatte, wies sein Konto minus 27 Zähler auf. Richtig peinlich wurde es, weil sich der Toyota mit der Startnummer 55 in den anschließenden zwölf Rennen nie qualifizieren konnte. So blieb Waltrip zwischen dem 18. Februar 2007 und dem 4. Juni 2007 sagenhafte 16 Wochen (!) lang auf einem negativen Punktestand festgenagelt.
Es war ein harziges Jahr. Waltrip (14 Starts), Jarrett (24) und Reutimann (26) brachten es zusammen nur auf magere zwei Top-10-Platzierungen. MWR holte sich mit dem neuen Anteilseigner Rob Kaufman frisches Geld ins Team, verlor aber Altmeister Dale Jarrett, der 2008 seinen Rücktritt erklärte. Der als nicht besonders nervenstark bekannte Reutimann musste ein ums andere Mal in die Qualifikation, schaffte letztlich aber den Sprung unter die Top 35.
Damit begann sich in der Saison 2008 ein Aufwärtstrend anzudeuten, der sich 2009 fortsetzen sollte. Dazu kam, dass sich für 2009 mit dem Australischen V8-Supercar-Haudegen Marcos Ambrose zwar ein NASCAR-Rookie dem Team indirekt anschloss, der jedoch in den Jahren 2007 und 2008 ganz behutsam in der Nationwide-Serie aufgebaut worden war. Aber Waltrip holte sich für 2009 noch an anderer Front Verstärkung.
Toyota empfieht Hallam

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NAPA ist seit vielen Jahren der Hauptsponsor von Michael Waltrip Zoom
Motorenpartner Toyota empfahl MWR die Verpflichtung von Steve Hallam, einem hoch dekorierten McLaren-Ingenieur, der 27 Jahre lang in leitender Funktion in der Formel 1 gearbeitet hatte. Nötig geworden war dies unter anderem, weil zwei große MWR-Sponsoren - NAPA und Aaron's - aufgrund der langen Durststrecke ungeduldig wurden.
"Wir mussten beide dazu bringen, neue Verträge mit uns zu unterschrieben", erinnert sich MWR-Rennchef und Teilhaber Cal Wells. "Deshalb war es extrem wichtig, einige Schritte auch in Richtung Performance zu unternehmen, denn wir wollten diese Sponsoren natürlich nicht an die Konkurrenz verlieren."
Hallam kümmerte sich also seit Herbst 2008 um die so wichtigen Themen Strategie und Chassisbau. Die Auswirkungen der Formel-1-Verstärkung stellten sich schnell ein: Waltrip holte in Daytona Platz sieben, Reutimann und Ambrose fuhren in Las Vegas und Talladega jeweils auf Rang vier und Reutimann gelang beim Coca-Cola 600 im Mai 2009 schließlich die Krönung, als er das regenverkürzte Montagsrennen gewann.
Lange Zeit befand sich Reutimann sogar auf Chase-Kurs, der sich erst im zweiten Pocono-Rennen im August langsam verflüchtigte, als der Toyota mit der Startnummer 00 in eine Karambolage verwickelt wurde. So stehen zumindest alle drei MWR-Toyotas in den Top 35 der Ownerwertung, und haben damit zu Saisonbeginn 2010 ein automatisches Startrecht.
Über den Unterschied zur Formel 1

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Die NASCAR-Kampfbahn von Bristol beeindruckte auch Steve Hallam Zoom
"Dann wird der Taktstock von Steve erst so richtig zur Geltung kommen", glaubt Wells. Denn Hallam hat sich in der NASCAR etabliert. "Im Vergleich zu meiner früheren Tätigkeit bei McLaren habe ich hier wesentlich mehr Arbeit", weiß der 56-Jährige. "Zum Beispiel bauen wir hier viel mehr Autos, etwa um den Faktor 48. Auch weil wir hier doppelt so viele Rennen austragen und das wirkt sich natürlich zudem auf die Vorbereitungsarbeit aus."
Hallam hat zudem die Faszination NASCAR verinnerlicht. Ein Beispiel ist die nur 800 Meter lange und 36 Grad steile Kampfbahn von Bristol mit seinen schier in den Himmel ragenden Tribünen für über 160.000 Menschen. "Das ist in unserer modernen Welt wahrscheinlich das ähnlichste Synonym zum alten Rom", lächelt der Brite.
Darüber hinaus hat er einen ganz wesentlichen Grund für den Erfolg der NASCAR verstanden: "Was wir hier für und mit den Fans unternehmen, ist um Lichtjahre von der Formel 1 entfernt." Diese Politik der offenen Türen ist eine Ursache, warum die NASCAR in den USA eine der absoluten Top-Sportarten ist. "Ich würde mir wünschen, dass Motorsport für die englischen Sportfans so wichtig wäre, wie es hier in den USA der Fall ist. Wenn Manchester United spielt, dann sehen mindestens vier Millionen Menschen zu und das ist im Motorsport einfach nicht der Fall."
Nach 27 Jahren Formel 1 und einem Jahr NASCAR ist Hallam berechtigt, Vergleiche solcher Art anzustellen und zu begründen. Doch vielleicht gibt es noch mehr solcher Verknüpfungspunkte, denn schließlich wurden vor kurzem Jarno Trulli und Mika Salo in einem Waltrip-Toyota aktiv. Aber Hallam winkt zumindest in dieser Beziehung ab: "Meiner Kenntnis nach sind keine weiteren solcher Tests geplant."

