Vorschau: Short-Track-Action in Martinsville

In Martinsville geht es in jeglicher Hinsicht heiß her: 500 Runden auf dem kürzesten Oval im NASCAR-Kalender und Hot-Dogs soweit das Auge reicht

(Motorsport-Total.com) - Zu Ostern machte der NASCAR-Zirkus kollektiv Pause, doch schon am kommenden Wochenende dröhnen wieder die V8-Motoren. Gefahren, oder besser gesagt geschubst, wird auf dem Martinsville Speedway, der kürzesten Strecke im gesamten NASCAR-Kalender.

Titel-Bild zur News: Martinsville, Martinsville Motor Speedway

Das kurze Oval in Martinsville garantiert NASCAR-Action auf engstem Raum

Für die Sprint-Cup-Piloten geht es am Sonntag zum sechsten Mal in der laufenden Saison um Punkte. Die Piloten der Truck-Serie, die das Martinsville-Oval am Samstag in Beschlag nehmen, treten nach Daytona erst zum zweiten Mal in diesem Jahr an. Unterdessen liegen die Nationwide-Piloten ein weiteres Wochenende auf der faulen Haut.

Im Vergleich zum Bristol Motor Speedway, wo am dritten März-Wochenende das erste Short-Track-Rennen der NASCAR-Saison 2013 stattfand, ist eine Runde auf dem 0,526 Meilen kurzen Martinsville Speedway elf Meter kürzer. Die vergleichsweise engen Kurven weisen eine Überhöhung von zwölf Grad auf, doch von außen betrachtet wirkt das als Paperclip (Büroklammer) bekannte Martinsville-Oval noch wesentlich flacher. In diesem Jahr läuft das über 500 Runden gehende, zweite Short-Track-Rennen der Saison unter dem prägnanten Titel STP Gas Booster 500.

Martinsville ist NASCAR-Tradition pur

Die Tatsache, dass in Martinsville "nur" 55.000 Zuschauer und damit 103.000 weniger als in Bristol Platz finden, liegt in erster Linie darin begründet, dass direkt hinter der Gegengerade eine Eisenbahnlinie verläuft. Die imposanten Tribünen beschränken sich somit auf die Start/Ziel-Gerade sowie die Kurven. Auch im Infield geht es eng zu: Anders als im NASCAR-Kolosseum in Bristol gibt es in Martinsville nur eine Boxengasse, in der sich 43 Fahrzeuge zurechtfinden müssen.

Martinsville Speedway

Direkt hinter dem Oval verläuft - auf Kosten der Tribünen - eine Eisenbahnlinie Zoom

Der Martinsville Speedway - im US-Bundesstaat Virginia direkt am US-Highway 58 und kurz vor der Grenze zu North Carolina gelegen - ist nicht nur die kürzeste, sondern auch traditionsreichste Strecke im Kalender. Seit der NASCAR-Premierensaison 1949 wird auf dem Halbmeilen-Oval gefahren. In den bisher 128 Rennen der NASCAR-Topliga ging es nur in den seltensten Fällen ohne Lackaustausch zur Sache.

"Als ich zum ersten Mal hierher kam, konnte ich nicht glauben, dass auf dieser Strecke mit Stock-Cars gefahren wird", erinnert sich Tony Stewart, inzwischen dreifacher Sieger in Martinsville, an seine NASCAR-Rookie-Saison 1999. Die eine oder andere Feindberührung - bewusst oder unbewusst - wird auch im Verlauf der 500 Runden an diesem Sonntag nicht ausbleiben.

Kulinarisch betrachtet zeichnet sich die Strecke durch den berühmten "Martinsville Speedway Hot Dog" aus. Von dem rund um das kurze Oval verkauften Würsten im Brötchen hat auch Tony "Smoke" Stewart schon das eine oder andere Exemplar verdrückt. Wie viele davon er jeweils im Vorfeld seiner drei Siege (Oktober 2000, April 2006 und Oktober 2011) vertilgt hat, ist nicht überliefert.

Gordon und Johnson auf Waltrips Spuren

Jimmie Johnson, Jeff Gordon

Jimmie Johnson und Jeff Gordon siegten jeweils siebenmal in Martinsville Zoom

Martinsville-Rekordsieger ist der dreifache NASCAR-Champion Darrell Waltrip. Der heutige Fernsehkommentator für den US-Sender 'FOX' holte auf dem Paperclip nicht weniger als elf Siege. In Reihen der aktiven Piloten sind die beiden Hendrick-Piloten Jeff Gordon und Jimmie Johnson die nach Siegen gerechnet erfolgreichsten Fahrer in Martinsville. Genau wie der inzwischen zurückgetretene (und wie Darrell Waltrip im Fernsehgeschäft tätige) Rusty Wallace fuhren Gordon und Johnson auf dem Halbmeilen-Oval in Virginia jeweils siebenmal in die Victory Lane.

Johnson siegte zuletzt beim bis dato letzten Besuch im Oktober 2012. Gordons jüngster Martinsville-Triumph und gleichzeitig bisher letzter Short-Track-Sieg datiert aus dem Oktober 2005. Seitdem stand der Kalifornier mehrfach kurz vor einem achten Martinsville-Sieg - zuletzt vor genau einem Jahr, bis Clint Bowyer kurz vor Schluss ein Three-Wide-Manöver in Turn 1 probierte. Ryan Newman sagte Danke und staubte den Sieg im Frühjahrsrennen 2012 ab.

Neben Jeff Gordon und Jimmie Johnson tat sich in der jüngsten Martinsville-Vergangenheit vor allem ein Fahrer hervor: Denny Hamlin. Der Lokalmatador aus dem drei Autostunden entfernten Chesterfield gewann auf dem flachen Halbmeilen-Oval vier der zehn zurückliegenden Rennen. Ein fünfter Sieg wird am Sonntag jedoch nicht folgen. Nach seinem Crash in der letzten Runde des Auto Club 400 in Fontana befindet sich Hamlin derzeit in der Regenerationsphase bezüglich seiner Rückenverletzungen.

Martin ersetzt Hamlin - Logano lebt gefährlich

Denny Hamlin

Im Gibbs-Toyota mit der Startnummer 11 sitzt diesmal ausnahmsweise Mark Martin Zoom

Ungeachtet des Ausfalls von Stammfahrer Hamlin geht der schwarze Gibbs-Toyota mit der Startnummer 11 auch an diesem Wochenende auf die Strecke. Am Steuer sitzt niemand geringeres als der nimmermüde NASCAR-Oldie Mark Martin. Der Haudegen aus dem US-Bundestaat Arkansas hat in Martinsville zwei Siege (April 1992 und April 2000) zu Buche stehen und besitzt an diesem Wochenende hinsichtlich Sieg Nummer drei seine vielleicht größte Chance seit mehr als einem Jahrzehnt.

Während Denny Hamlin das Short-Track-Spektakel am Sonntag von der heimischen Couch aus verfolgen muss, befindet sich sein Bristol- und Fontana-Rivale Joey Logano im Starterfeld. Der Penske-Pilot darf sich aber auch in Abwesenheit von Hamlin alles andere als sicher fühlen. In Fontana zog er sich bekanntlich gleich noch den Unmut von Tony Stewart zu. Der dreifache NASCAR-Champion dürfte gerade an diesem Wochenende keine Gelegenheit auslassen, Youngster Logano notfalls mit Nachdruck in die Schranken zu weisen.

"In Martinsville wissen alle immer genau, wo sie stehen", sagt Stewart und geht ins Detail: "Damit meine ich nicht nur die Crew-Mitglieder und deren Anzahl Hot-Dogs, sondern auch die Fahrer. Natürlich zählen wir mit, wie oft und von wem wir über den Haufen gefahren wurden." Anhand der Worte von Stewart darf sich Logano, dessen bestes Martinsville-Ergebnis Platz zwei ist (Frühjahrsrennen 2010), schon jetzt warm anziehen.

Stewart: Gen6 macht in Martinsville keinen Unterschied

Jimmie Johnson im Chevrolet Impala für die Saison 2013

Im August 2012 fanden in Martinsville die ersten Gen6-Short-Track-Tests statt Zoom

Nach Bristol markiert Martinsville den zweiten Auftritt des Gen6 auf einem Halbmeilen-Oval. Im bisherigen Saisonverlauf gibt es noch keinen Fahrer, der das neue Auto wirklich verstanden hat. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die fünf bisherigen Rennen von fünf verschiedenen Piloten gewonnen wurden. Zudem fuhren alle drei im Sprint-Cup engagierten Hersteller mit dem Gen6 bereits in die Victory Lane. In Daytona siegte Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet), in Phoenix Carl Edwards (Roush-Ford), in Las Vegas Matt Kenseth (Gibbs-Toyota), in Bristol Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet) und in Fontana Kyle Busch (Gibbs-Toyota).

"Die Schwierigkeit besteht darin, dass das Auto ohne Handbuch daherkommt", grinst Tony Stewart und fügt stellvertretend für die komplette NASCAR-Garage hinzu: "Wir müssen einfach unsere Hausaufgaben machen und herausfinden, was dieses Auto mag und was nicht." In diesem Zusammenhang verweist der Stewart/Haas-Boss auf die Tatsache, dass Martinsville eine der Strecken ist, auf denen das Fahrzeug nur eine untergeordnete Rolle spielt

"Martinsville ist wahrscheinlich der Ort, an dem man sich am wenigsten um neue Autos oder sonstige Veränderungen kümmern muss. Die Aerodynamik spielt auf dieser Strecke keine Rolle und die Action ist immer da", urteilt "Smoke" über das Halbmeilen-Oval, dessen Geraden asphaltiert und Kurven auf der Innenseite betoniert sind. Statt Aerodynamik zählen in Martinsville ganz andere Werte. "Selbst wenn dir die rechte vordere Ecke deines Autos fehlt, weißt du immer noch, dass du gewinnen kannst solange dein Auto mechanisch gesund ist", spricht Stewart den regelmäßigen Lackaustausch auf dem Short-Track in Virginia an.

Earnhardt Jr. kommt als Tabellenführer nach Martinsville

Dale Earnhardt Jun.

Earnhardt Jr. kommt mit dem Gen6 bestens zurecht - Tabellenführer nach fünf Rennen Zoom

Kevin Harvick, Sieger des Frühjahrsrennens 2011 in Martinsville, merkt an, dass im Kampf um den Sieg ein gutes Handling sehr wohl eine Rolle spielt, es im Notfall aber auch auf die Brechstange hinausläuft: "Hier geht es in erster Linie darum, die richtige Balance deiner Aktionen auf der Strecke zu finden. Wenn dein Auto nicht liegt, wirst du sehr schnell überrundet. Es geht darum, die Vorteile deines Autos zu nutzen. Wenn sich aber gewisse Gelegenheiten bieten, musst du sie nutzen."

Childress-Teamkollege Jeff Burton, in Diensten von Jack Roush Sieger des Herbst-Rennens 1997 in Martinsville, fügt hinzu: "In Martinsville ist es schwieriger als irgendwo anders, fokussiert zu bleiben." Neben der Historie gewisser Fahrer - sowohl Clint Bowyer und Jeff Gordon als auch Joey Logano und Tony Stewart können davon ein Lied singen - geht es im Verlauf der 500 Martinsville-Runden vor allem darum, sich die Bremsen richtig einzuteilen.

Einer, der sich in dieser Disziplin in jüngster Vergangenheit als Meister erwies, ist Dale Earnhardt Jr. Der unangefochtene NASCAR-Publikumsliebling hat in Martinsville zwar noch keinen Sieg, dafür aber zehn Top-5-Platzierungen zu Buche stehen. In den fünf bisherigen Rennen der Sprint-Cup-Saison 2013 fuhr Earnhardt dreimal in die Top 5 und nicht weniger als fünfmal in die Top 10. Dank dieser Konstanz kommt der Hendrick-Pilot als Tabellenführer nach Martinsville. Der erste Saisonsieg wäre nicht nur in seinem eigenen, sondern auch im Interesse der gesamten "Junior-Nation". Dass 42 andere Piloten gerade in Martinsville alles daran setzen werden, dies zu verhindern, steht allerdings ebenso außer Frage.

'Motorvision TV' überträgt live

Im Vergleich zum Fahrerwechsel im Cockpit des Gibbs-Toyota mit der Startnummer 11 wirken die übrigen Veränderungen beinahe langweilig. Brian Vickers übernimmt - ungeachtet des Martin-Einsatzes bei Gibbs - wie geplant den Waltrip-Toyota mit der Startnummer 55. In diesem Auto fuhr Vickers sowohl im Oktober 2012 in Martinsville als auch beim jüngsten Short-Track-Rennen vor wenigen Wochen in Bristol auf Platz acht.

Im Phoenix-Chevrolet (Startnummer 51) nimmt erstmals nach Daytona wieder Regan Smith Platz, weil A.J. Allmendinger an diesem Wochenende für das Penske-Team das IndyCar-Rennen im Barber Motorsports Park bestreitet. Im FAS-Ford (Startnummer 32) sitzt NASCAR-Routinier Ken Schrader. Scott Speed und die Leavine-Family geben an diesem Wochenende ein Comeback, nachdem sie den Trip nach Fontana haben sausen lassen.

'Motorvision TV' überträgt das zweite Short-Track-Rennen des Jahres inklusive der Pre-Race-Show live und in voller Länge. Da inzwischen auch in Mitteleuropa auf Sommerzeit umgestellt wurde, beträgt die zeitliche Differenz zur US-Ostküste nun wieder die üblichen sechs Stunden. Sendebeginn auf 'Motorvision TV' ist am Sonntag um 18:30 Uhr. Am Mikrofon sitzen Stefan Heinrich und Mario Fritzsche.

Die Meldeliste für Martinsville:

01. 1 Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
02. 2 Brad Keselowski (Penske-Ford)
03. 5 Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet)
04. 7 Dave Blaney (Baldwin-Chevrolet)
05. 9 Marcos Ambrose (Petty-Ford)
06. 10 Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet)
07. 11 Mark Martin (Gibbs-Toyota)
08. 13 Casey Mears (Germain-Ford)
09. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet)
10. 15 Clint Bowyer (Waltrip-Toyota)
11. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
12. 17 Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford)
13. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
14. 19 Mike Bliss (TriStar-Toyota)
15. 20 Matt Kenseth (Gibbs-Toyota)
16. 22 Joey Logano (Penske-Ford)
17. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet)
18. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
19. 29 Kevin Harvick (Childress-Chevrolet)
20. 30 David Stremme (Swan-Toyota)
21. 31 Jeff Burton (Childress-Chevrolet)
22. 32 Ken Schrader (FAS-Ford)
23. 33 Landon Cassill (Circle-Chevrolet)
24. 34 David Ragan (Front-Row-Ford)
25. 35. Josh Wise (Front-Row-Ford)
26. 36 J.J. Yeley (Baldwin-Chevrolet)
27. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
28. 39 Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet)
29. 42 Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
30. 43 Aric Almirola (Petty-Ford)
31. 44 Scott Riggs (Xxxtreme-Ford)
32. 47 Bobby Labonte (JTG-Toyota)
33. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
34. 51 Regan Smith (Phoenix-Chevrolet)
35. 55 Brian Vickers (Waltrip-Toyota)
36. 56 Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota)
37. 78 Kurt Busch (Furniture-Row-Chevrolet)
38. 83 David Reutimann (BK-Toyota)
39. 87 Joe Nemechek (Nemco-Toyota)
40. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
41. 93 Travis Kvapil (BK-Toyota)
42. 95 Scott Speed (Leavine-Ford)
43. 98 Michael McDowell (Parsons-Ford)
44. 99 Carl Edwards (Roush-Ford)

Der Zeitplan für das Martinsville-Wochenende (MESZ):

Freitag, 5. April:
18:00 Uhr: Erstes Freies Training
21:40 Uhr: Qualifying

Samstag, 6. April:
16:30 Uhr: Zweites Freies Training
17:45 Uhr: Happy-Hour
19:30 Uhr: Truck-Rennen

Sonntag, 7. April:
19:00 Uhr: STP Gas Booster 500 (500 Runden)

Die bisherigen Sieger des Martinsville-Frühjahrsrennens (Modern Era):

2012: Ryan Newman
2011: Kevin Harvick
2010: Denny Hamlin
2009: Jimmie Johnson
2008: Denny Hamlin
2007: Jimmie Johnson
2006: Tony Stewart
2005: Jeff Gordon
2004: Rusty Wallace
2003: Jeff Gordon
2002: Bobby Labonte
2001: Dale Jarrett
2000: Mark Martin
1999: John Andretti
1998: Bobby Hamilton
1997: Jeff Gordon
1996: Rusty Wallace
1995: Rusty Wallace
1994: Rusty Wallace
1993: Rusty Wallace
1992: Mark Martin
1991: Dale Earnhardt
1990: Geoffrey Bodine
1989: Darrell Waltrip
1988: Dale Earnhardt
1987: Dale Earnhardt
1986: Ricky Rudd
1985: Harry Gant
1984: Geoffrey Bodine
1983: Darrell Waltrip
1982: Harry Gant
1981: Morgan Shepherd
1980: Darrell Waltrip
1979: Richard Petty
1978: Darrell Waltrip
1977: Cale Yarborough
1976: Darrel Waltrip
1975: Richard Petty