• 17.12.2007 16:22

  • von Pete Fink

Roger Penske und sein Punkte-Trick

Sam Hornish Jr. und Kurt Busch werden wohl ihre Ownerpunkte tauschen - was bedeutet dies und wer verbirgt hinter diesem genialen Schachzug?

(Motorsport-Total.com) - Es gibt im Rennsport zwei Dinge, die Roger Penske und seine Mannschaft bislang noch nicht erreichen konnten: Ein Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans und einen Titel in der NASCAR. Natürlich könnte man sofort verargumentieren, dass dem US-Motorsport-Tycoon auch eine Formel-1-Meisterschaft noch abgehen würde, doch die Penske-Aktivitäten in der Formel 1 liegen weit zurück.

Titel-Bild zur News: Roger Penske

Roger Penske ist einer der wichtigsten Männer um US-Motorsport

Zwischen Kanada 1974 und Japan 1976 nahm Penske Racing 31mal an einem Formel-1-Rennen teil. Österreich spielte dabei zweimal eine zentrale Rolle, denn 1975 verunglückte Penske-Pilot Mark Donohue im Warm Up am Sonntagmorgen tödlich, während John Watson eben dort ein Jahr später den einzigen Penske-Sieg in der Formel 1 holte. Doch der Formel 1 galt nie die große Aufmerksamkeit Penskes, obwohl er 1961 und 1962 sogar selbst in Watkins Glen antrat.#w1#

Wichtiger war für den mittlerweile 70-Jährigen immer das 500 Meilenrennen von Indianapolis. Das "Greatest Spectacle in Racing" konnten die heute in rot-weiß lackierten Penske-Fahrzeuge seit 1979 nicht weniger als 14mal gewinnen. Einer der Piloten, die für das Penske-Team den Siegerschluck in der Victory Lane genießen durften, ist der dreifache IndyCar-Champion Sam Hornish Jr., dessen Triumph 2006 wohl dazu beitrug, dass er nun in der NASCAR gelandet ist.

"Schon als wir Sam unter Vertrag nahmen (2004; Anm. d. Red.), waren unsere Ziele, dass wir gemeinsam das Indy 500 und die Meisterschaft gewinnen wollen, und anschließend zu den StockCars wechseln", verriet Penske bei der Hornish-Bekanntgabe vor einigen Wochen. "Und als Mobil als Sponsor zurückkehren wollte, war dies die perfekte Heirat, denn Mobil weiß, wie man mit einem Rookie arbeiten muss."

Roger Penske ist ein erfahrener Geschäftsmann

Ziel Indianapolis 2006

Sam Hornish Jr. schlägt Marco Andretti beim Indy 500 des Jahres 2006 Zoom

Roger Penske hat es gerne, wenn er mit den Leuten über eine längere Periode zusammen arbeiten kann. Der mehrfache Multi-Millionär sitzt unter anderem im Aufsichtsrat des US-Energieriesen General Electric und betreibt in der Penske Corporation eine Vielzahl von einträglichen Geschäftsgruppen.

Seine Rennsportzentrale in Mooresville, North Carolina, in der neben den NASCAR-Teams auch der Hauptsitz seiner IndyCar- und der ALMS-Abteilungen untergebracht ist, erinnert mehr an den Hauptsitz eines großen Wirtschaftskonzerns, als an den Firmensitz eines simplen Rennsportteams.

Und sein gewisser Geschäftssinn hat dem Motorsportverrückten aus Ohio schon oft zu ungewöhnlichen, aber hochprofitablen Aktionen verholfen. Ein gutes Beispiel dafür ist, als er 1973 den Michigan International Speedway für ein Butterbrot übernahm, als ganz Amerika in der ersten Ölkrise vor der OPEC zitterte. Später verkaufte er sein Speedway Imperium mit guten Gewinnen an Bill France und die NASCAR.

Auch vor harten Entscheidungen schreckte Penske nicht zurück. So war er einer der Hauptbeteiligten, als Anfang des Jahrtausends einige ChampCar-Teamchefs ausbrachen, und sich von der CART in Richtung Tony George wandten. Hauptgrund: Natürlich die 500 Meilen von Indianapolis, die sich Indy-Streckenchef George gesichert hatte.

Strategischer Trick aus gutem Grunde

Kurt Busch Ryan Newman Penske

Kurt Busch und Ryan Newman haben in der kommenden Saison einen Kollegen Zoom

Nun folgt also ein weiterer, ganz tiefer Griff in die Trickkiste, denn Penske hat sich von der NASCAR absegnen lassen, dass Neueinsteiger Sam Hornish Jr. und Ex-Champion Kurt Busch - beide selbstverständlich Penske-Piloten - ihre Ownerpunkte tauschen können, ein taktisch genialer Schachzug.

Denn Kurt Busch ist als Ex-Champion für die ersten fünf Saisonrennen automatisch qualifiziert und kann somit genügend Ownerpunkte sammeln, um dann rechtzeitig zu Saisonrennen Nummer sechs wieder in den Top 35 zu stehen, wenn die aktuelle Ownerwertung der Saison 2008 greifen wird.

Das ist aus der Sicht von Penske und Hornish Jr. von geradezu fundamentaler Bedeutung, denn die Nextel-Cup-Saison 2007 hat eines ganz klar vor Augen geführt: Die NASCAR-Neueinsteiger leiden vor allem unter dem Mangel an Rennerfahrung, und wenn sie an der harten Qualifikationsmühle der NASCAR scheitern, dann verlängert sich der Umgewöhnungsprozess gewaltig.

Zum Beispiel befand sich der Ganassi-Dodge von Juan Pablo Montoya zu Saisonbeginn in den Top 35 und war damit fix qualifiziert. Während der Kolumbianer also viele NASCAR-Rennkilometer abspulte und schnell an Erfahrung zulegen konnte, dauerte dieser Prozess bei A.J. Allmendinger erheblich länger.

Montoya und Allmendinger - 2.400 zu Null

Juan Pablo Montoya A.J. Allmendinger

Unterschiedlicher NASCAR-Start für Juan Pablo Montoya und A.J. Allmendinger Zoom

Denn Allmendinger fuhr einen Red-Bull-Toyota, und dieser hatte als neues Auto in einem neuen Team null Ownerpunkte - der Kalifornier konnte sich in den ersten fünf Saisonrennen 2007 für kein einziges Rennen qualifizieren. Die Bilanz zwischen Montoya und Allmendinger lautete nach fünf Saisonrennen also 2.400 Rennrunden (Montoya) zu null Rennrunden (Allmendinger).

Man muss kein Mathematik-Experte sein, um sich ausrechnen zu können, wie weit dies den Kalifornier in Red-Bull-Diensten zurückgeworfen hat, und erst ein Engagement in der Busch-Serie - lustigerweise übrigens genau im stillgelegten Busch-Auto von Montoya - brachte Besserung.

Hornish Jr. erlebte das gleiche Fiasko, denn beim Penske-Piloten dauerte es gar acht Rennen, bevor er in Phoenix den Cut schaffte. Teamchef Roger Penske und sein lange zögernder Schützling sahen das Unwetter am Horizont nahen, aber der von der NASCAR abgesegnete Punktetausch wird genau dieses Übel kurieren können.

Die lange Denkphase von Hornish Jr.

Sam Hornish Jun.

Sam Hornish Jr. sinnierte eineinhalb Jahre über seinen NASCAR-Wechsel Zoom

"Bis zu dem Zeitpunkt, wo wir die ersten Cup-Rennen nicht geschafft haben, hatte ich noch keine endgültige Entscheidung getroffen", sagte Hornish Jr. im Rückblick auf den Herbst 2007. "Ich weiß, dass dies irgendwann einmal als mein größter Fehler, oder die beste Sache, die ich je gemacht habe, beurteilt werden kann. Ich habe in den vergangenen eineinhalb Jahren wahrscheinlich jede einzelne Minute des Tages darüber nachgedacht."

Es sei nicht nur das - im Vergleich zu einem Formelauto - völlig unterschiedliche Fahrzeug, sondern auch die extreme Konkurrenz, die ein NASCAR-Leben für einen Umsteiger so schwer machen würde. "Das ist kein einfacher Sport", sagt er und führt seinerseits das Beispiel Michael Waltrip an, immerhin ein zweifacher Daytona-500-Gewinner, der 2007 desöfteren als Nicht-Qualifizierter vorzeitig nach Hause fahren musste.

Kurt Busch ist sein Teamkollege, mit dem er aller Voraussicht nach die Owner-Punkte tauschen wird, und der NASCAR-Champion des Jahres 2004 - damals noch im Roush-Team - hat den Neuzugang genau beobachtet: "Ich kann nicht auf eine einzelne Sache hinweisen", lautet seine Beobachtung. "Da gab es viele Gründe."

Ein Teil der Probleme sei, laut Busch, schon alleine in der Terminologie verborgen gewesen, was Hornish Jr. übrigens auch mit den Herren Juan Pablo Montoya, Dario Franchitti, A.J. Allmendinger, Jacques Villeneuve und Patrick Carpentier gemeinsam hat.

Franchitti qualifiziert, Villeneuve nicht

Dario Franchitti Partrick Carpentier Jacques Villeneuve

Dario Franchitti, Patrick Carpentier und Jacques Villeneuve - nicht alle sind gleich Zoom

"Angefangen von den Go-Karts bis hin zu den Formelserien ist es eine völlig unterschiedliche Schule, mit ganz unterschiedlichen Begriffen", weiß Busch mittlerweile. "Ich hoffe, ich kann ihm helfen, seine Ausdrücke in die Stock-Car-Sprache zu übersetzen."

Hornish Jr. sagt selbst, dass er sich bisweilen wie ein Elfjähriger fühle, der zuhause in Rockingham auf die Strecke geht und nicht genau weiß, was da alles auf ihn zukommen wird. Das Problem: "Nimm alles, was du in den vergangenen 15 Jahren gelernt hast, und wirf es aus dem Fenster. Denn das, was damals funktioniert hat, wird hier nicht funktionieren."

"Es ist keine Frage, dieses hier ist eine extrem harte Serie", weiß Roger Penske. "Aber wir glauben fest daran, dass Sam dieser Herausforderung standhalten wird." Mit deutlicher Starthilfe von Roger Penske und Kurt Busch. Damit hat Hornish Jr. die gleiche Ausgangsposition wie Dario Franchitti, denn dessen Ganassi-Dodge steht ebenfalls in den Top 35.

Die beiden Kanadier, Jacques Villeneuve und Patrick Carpentier haben dieses Luxus nicht, sie müssen in jedem Fall durch die harte Mühle der NASCAR-Qualifikation, genauso wie auch A.J. Allmendinger und Brian Vickers in den beiden Red-Bull-Toyotas.