NASCAR Richmond: Austin Dillon räumt für Playoff-Ticket zwei Gegner ab!
Buhrufe und Kritik statt Jubel für Austin Dillon nach dessen erstem Sieg seit zwei Jahren - Premiere für zweite Reifenmischung - 13 von 16 Playoff-Teilnehmern fix
(Motorsport-Total.com) - Mit einer kontroversen Schlussphase im Kampf um einen Rennsieg hat sich der NASCAR-Zirkus am Sonntagabend aus der Sommerpause zurückgemeldet. Beim Flutlichtrennen auf dem Richmond Raceway, dem 0,75-Meilen-Oval in der Hauptstadt des US-Bundesstaats Virginia, ging es nach einem lange Zeit ruhigen Rennverlauf in die Verlängerung.
© Motorsport Images
Austin Dillon (Childress-Chevrolet) siegte erstmals seit zwei Jahren, aber wie ... Zoom
Beim Overtime-Restart übernahm Joey Logano (Penske-Ford) die Führung von Austin Dillon (Childress-Chevrolet). Als Logano schon fast wie der Sieger aussah, wurde er in der letzten Kurve von Dillon über den Haufen gefahren. In diesem Moment sah es so aus, als könne Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) den Sieg abstauben. Aber Dillon schob auch Hamlin noch in einen Dreher.
So war es Dillon, der zu seinem ersten Sieg seit fast zwei Jahren kam. Mit diesem hat sich der Enkel von Richard Childress in die Playoffs gefahren. Beim Start des Richmond-Rennens hatte Dillon nicht mal in den Top 30 der diesjährigen Punktewertung gelegen. Trotzdem ist er jetzt für den 16-köpfigen Titelkampf gesetzt.
Buhrufe statt Jubel für den Sieger
Der Jubel auf den Tribünen hielt sich in Grenzen. Buhrufe dominierten die Szene. Joey Loganos Statement, kurz nachdem er als Spitzenreiter in der letzten Kurve abgeräumt wurde: "Was für eine Scheiß-Aktion!" (Fotos: NASCAR in Richmond)
UPDATE, 04:30 Uhr MESZ: Als Zweiter hinter dem ausgebuhten Sieger Austin Dillon kam Tyler Reddick (23XI-Toyota) über die Linie, wurde aber als Dritter gewertet. Direkt hinter ihm kam Teamkollege Bubba Wallace ins Ziel, womit beide Autos des Teams von Denny Hamlin und Michael Jordan in den Top 4 abschlossen.
Hamlin selber, der für Joe Gibbs Racing fährt, hätte nach dem späten Foul von Austin Dillon laut erster Version des Ergebnisses mit P5 vorliebnehmen müssen. Nach Ergebniskorrektur aber wurde Hamlin als Zweiter gewertet. Für Penske-Pilot Logano indes wurde es nach dem unmittelbar vorangegangenen Foul von Dillon nur P19.
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Abgesehen von Logano äußerte sich auch Hamlin direkt nach dem Rennen ausgesprochen kritisch über Dillons Fahrweise. Sie sei ein schlechtes Vorbild für Nachwuchsfahrer, die auf Short-Tracks groß werden. (Ergebnis: NASCAR in Richmond)
Premiere für zweite Reifenmischung
Nachdem es Anfang April im Frühjahrsrennen in Richmond die seltene Situation gegeben hatte, dass das Rennen auf feuchter Piste mit Regenreifen gestartet wurde, ist man an diesem Wochenende nun einen Schritt weitergegangen.
Das Wetter war diesmal am gesamten Wochenende perfekt. Trotzdem kamen zwei unterschiedliche Arten von Reifen zum Einsatz. Bei der neu hinzugekommenen Variante handelte es sich um eine weichere Reifenmischung, erkennbar an roter Markierung. Diese strategische Variable hatte man Mitte Mai im All-Star-Race in North Wilkesboro erstmals ausprobiert.
Am Sonntag in Richmond erfolgte nun die Premiere der weicheren Reifenmischung anlässlich eines Punkterennens. Während jedem Piloten für das Rennen sechs Sätze der gewohnten (gelb markierten) Reifen zur Verfügung standen, kamen noch zwei Sätze der rot markierten weichen Reifen hinzu. Auf den Rennverlauf an der Spitze hatten die weichen Reifen durchaus Einfluss, auf das Rennergebnis an der Spitze aber nicht.
Christopher Bell führt Gibbs-Trio in Stage 1 an
Zum ersten Polesetter nach der NASCAR-Sommerpause machte sich Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) mit Q2-Bestzeit im Qualifying am Samstag. Neben dem Lokalmatador startete am Sonntagabend dessen Gibbs-Teamkollege Martin Truex Jr. aus der ersten Reihe. Auf der Außenbahn kam Truex Jr. besser in Schwung, die erste Führungsrunde ging dennoch knapp an Hamlin.
Im ersten Rennsegment, das 70 Runden umfasste, gab es keine einzige Gelbphase. Und auch an der Spitze tat sich wenig. Denny Hamlin führte den Großteil der Runden an, bevor Gibbs-Teamkollege Christopher Bell mit einem Überholmanöver außen herum das Kommando übernahm. Als die Stage-1-Flagge gezeigt wurde, lagen drei Gibbs-Piloten vorne: Christopher Bell vor Denny Hamlin und Martin Truex Jr.
Daniel Suarez' früher Wechsel auf weiche Reifen Basis für Stage-2-Sieg
Ab dem zweiten Rennsegment ging es etwas lebhafter zu, wenngleich auch dieses Segment keine Gelbphase aufgrund eines Zwischenfalls beinhaltete. Beim Boxenstopp in der ersten Stage-Caution aber gab es einen solchen in der Boxengasse. Christopher Bell kam als Erster herein und nach Wechsel aller vier Reifen auch als Erster wieder aus der Boxengasse heraus. Beim Beschleunigen aus seinem Boxenplatz aber hatte er eine Kollision mit Erik Jones (Legacy-Toyota).
Und auch der erste Restart des Abends hatte es in sich. Christopher Bell und Denny Hamlin nämlich duellierten sich rundenlang Seite an Seite, bevor sich Hamlin auf der Außenbahn durchsetzte und damit seine anfängliche Führung zurückeroberte.
Verglichen mit Stage 1 war Stage 2 mit 160 Runden mehr als doppelt so lang. Hier kamen erstmals die weichen Reifen zum Einsatz. Daniel Suarez (Trackhouse-Chevrolet) hatte sich beim ersten Boxenstopp als einer von zwei Fahrern für die neue strategische Variante entschieden. Der andere war Michael McDowell (Front-Row-Ford). Und dank des besseren Grips im Vergleich zur Standard-Reifenmischung fuhr Suarez aus dem Mittelfeld gleich mal bis an die Spitze.
Beim ersten Durchgang Green-Flag-Stops ging die Führung vorübergehend wieder an Christopher Bell. Suarez aber hatte sich nun in der Spitzengruppe festgesetzt. Die Sommerpause hatte Suarez für seine Hochzeit mit Julia Piquet genutzt. Der Stage-2-Sieg ging an den frisch verheirateten Trackhouse-Piloten, gefolgt von Christopher Bell und von Denny Hamlin.
Christopher Bell mit Strafe - Daniel Suarez' Strategie geht nicht auf
Nach dem Boxenstopp in der zweiten Stage-Caution war es abermals Christopher Bell, der als Erster auf die Strecke zurückkam. Der Gibbs-Pilot holte sich somit die Führung von Daniel Suarez zurück. Dessen Reifenstrategie sollte letzten Endes nicht aufgehen.
Denn im Gegensatz zur ersten Stage-Caution war es in der zweiten fast das ganze Feld, das auf die weichen Reifen setzte, wohingegen Suarez einer der wenigen war, der das letzte Rennsegment mit der harten Reifenmischung anging. Damit wurde der Trackhouse-Pilot direkt beim Restart durchgereicht. Ins Ziel kam Suarez auf P10. Dass es noch für die Top 10 gereicht hat, das war nicht zuletzt der rustikalen Fahrweise von Austin Dillon geschuldet.
Für Langzeitspitzenreiter Christopher Bell gab es beim vorletzten Green-Flag-Stop einen herben Rückschlag. Am Ausgang der Boxengasse wurde er "geblitzt" und musste eine Durchfahrtsstrafe absolvieren. Nach dieser schloss Bell das 400-Runden-Rennen nicht etwa mit dem lange möglich gewesenen vierten Saisonsieg ab, sondern lediglich auf P6.
Verlängerung: Austin Dillon dreht Logano und Hamlin um
Der letzte von insgesamt vier Durchgängen Green-Flag-Stops des Abends wurde ab 70 Runden vor Schluss eingelegt. Im Anschluss daran führte Denny Hamlin das Feld an. Am besten aufgelegt war in der Schlussphase aber Austin Dillon. 29 Runden vor Schluss gelang es Dillon auf der Innenbahn, Hamlin die Führung abzunehmen.
Es kam, wie es kommen "musste": Nachdem das Rennen für 398 der 400 lediglich die zwei Stage-Cautions als Gelbphasen gesehen hatte, rauschten in der 399. Runde noch Ricky Stenhouse (JTG-Chevrolet) und Ryan Preece (Stewart/Haas-Ford) ineinander, sorgten für Gelb und damit für eine Verlängerung des Rennens. Zuvor ging es ein letztes Mal an die Box, wobei Austin Dillon als Erster herein und auch als Erster wieder herauskam.
Was folgte, war der Overtime-Restart. Für diesen wählte Austin Dillon als Spitzenreiter die Innenbahn. Außen neben ihm nahm Joey Logano Aufstellung. In der zweiten Reihe formierten sich Denny Hamlin (innen) und Tyler Reddick (außen).
Logano kam auf der Außenbahn am besten weg und nahm Dillon die Führung ab. Die weiße Flagge für die letzte Runde sah der Penske-Pilot als Spitzenreiter. Und auch auf der Gegengerade war sein Vorsprung noch groß genug, dass er das Rennen unter normalen Umständen gewonnen hätte. Dann aber packte Dillon die Brechstange aus, indem er für die letzten zwei Kurven (Turns 3/4) kaum anbremste und stattdessen Logano als Prellbock nahm.
Und nach dem Crash des Penske-Piloten in die äußere Streckenbegrenzung räumte Dillon auch noch Denny Hamlin aus dem Weg, um als Erster ins Ziel zu fahren.
Kyle Busch mit Verletzung - und derzeit weit von Playoffs weg
Austin Dillons Childress-Teamkollege Kyle Busch kam nach einem missglückten Boxenstopp in Stage 2, vor allem aber mit einer verstauchten linken Hand, auf P12 ins Ziel. Die Handverletzung war eine Unfallfolge vom letzten Rennen vor der Sommerpause.
In der Schlussphase des Brickyard 400 in Indianapolis hatte sich Busch infolge einer Kollision mit Denny Hamlin zunächst gedreht und war dann mit der rechten Fahrzeugseite voran in die Streckenbegrenzung gekracht. Die linke Hand hat er sich im Moment des Crashs am Lenkrad verstaucht.
Mit Blick auf eine mögliche Playoff-Qualifikation hatte Kyle Busch schon vor dem Start des Richmond-Rennens am Sonntagabend mehr als 100 Punkte Rückstand. Da es für ihn auch diesmal nichts wurde mit dem ersten Saisonsieg, verbleiben dem NASCAR-Champion von 2015 und 2019 jetzt nur noch drei Gelegenheiten, um die diesjährigen Playoffs doch noch zu erreichen.
13 der 16 Playoff-Teilnehmer stehen fest
Das drittletzte Rennen der Regular-Season wird am kommenden Sonntag (18. August) auf dem Michigan International Speedway in Brooklyn ausgetragen. Anschließend folgen noch Daytona (24. August) und Darlington (1. September), bevor die Playoffs am 8. September in Atlanta beginnen.
Bei den 23 bisherigen Saisonrennen hat es nun 13 unterschiedliche Sieger gegeben. Weil das Feld der Titelanwärter in der ersten Playoff-Stufe aus 16 Teilnehmern besteht, bedeutet das: Alle 13 Saisonsieger haben ihr Playoff-Ticket sicher.
Hätte nicht Austin Dillon gewonnen, sondern einer, der im bisherigen Saisonverlauf bereits gewonnen hat (beispielsweise Joey Logano oder Denny Hamlin), dann hätte am Sonntagabend nicht Dillon, sondern der punktbeste Fahrer ohne Saisonsieg schon als 13. Fahrer sein Playoff-Ticket gesichert.
Das wäre Martin Truex Jr. gewesen, der aufgrund eines Motorschadens nicht ins Ziel kam. So aber muss sich Truex Jr, der am Saisonende zurücktritt, für seine letzte Playoff-Teilnahme noch mindestens eine Woche gedulden.
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