• 17.03.2011 09:57

  • von Pete Fink

Kolosseum-Vorschau: Circus Maximus in Bristol

Bristol ist die verrückteste NASCAR-Show des Jahres: 43 Autos, 35.000 PS, 160.000 Zuschauer und eine nur 800 Meter lange Kampfbahn mit 34 Grad

(Motorsport-Total.com) - "Wenn du wirklich glaubst, dass das hier alles bislang abgefahren war, dann warte mal ab, bis du in Bristol warst", raunte Juan Pablo Montoya Anfang der Saison 2008 seinem damaligen Ganassi-Teamkollegen und NASCAR-Neueinsteiger Dario Franchitti ins Ohr. Und der Kolumbianer weiß, wovon er spricht: Bristol ist das Kolosseum der NASCAR, der Circus Maximus der StockCar-Piloten.

Titel-Bild zur News: Bristol Motor Speedway

Der NASCAR-Tross macht Station auf dem Bristol Motor Speedway

Daytona gilt allgemein hin als Heimat der NASCAR, effektiv ist es der Charlotte Motor Speedway, weil dort in unmittelbarer Umgebung nahezu alle NASCAR-Teams beheimatet sind. Aber die beiden Bristol-Wochenenden sind mit Sicherheit die verrücktesten Events des gesamten Jahres - und am kommenden Wochenende steht mit dem Jeff Byrd 500 die Nummer eins an.

Die Faszination Bristol ist nur sehr schwer in Worte zu fassen. Man muss es gesehen haben, wenn über 160.000 Zuschauer auf schier in den Himmel ragenden Tribünen dicht an einer nur 800 Meter langen Kampfbahn mit einer Kurvenneigung von bis zu 34 Grad sitzen. Und das ganze Paket liegt mitten in der US-amerikanischen Pampa - also genau dort, wo man es am Wenigsten erwarten würde.

Denn wenn man von Charlotte aus in Richtung des Mittelgebirgszuges der Appalachen fährt, dann trifft man auf Bäume, Wald und Landschaft soweit das Auge reicht. Man bewegt sich auf einer der Hauptschmuggelrouten der ehemaligen "Bootleggers", die ihren selbst gebrauten "Moonshine" von den weiträumigen Bergen in die Metropolen im Süden transportierten.

Short-Track-Time und ein einmaliger Rekord

Kyle Busch

Kyle Busch (Gibbs-Toyota) gewann drei der vier letzten Bristol-Rennen Zoom

Die ganze Gegend atmet also NASCAR-Tradition pur und irgendwann kommt der Reisende eben auch nach Bristol, einem kleinen Örtchen mitten in den riesigen Wäldern, das gleich in zwei US-Bundesstaaten liegt. Denn die Staatsgrenze von Tennessee und Virginia läuft kurioserweise quer über die Hauptstrasse des beschaulichen Städtchens.

Der Speedway selbst liegt in Tennessee, etwa fünf Meilen vom Ortszentrum entfernt. Und schon von außen betrachtet wirkt das Areal wirklich wie das Kolosseum im alten Rom. Steht man aber im Infield, dann erwartet man jeden Moment ein Vierergespann mit Ben Hur am Steuer aus den Katakomben herausstürmen, die von über 160.000 begeisterten Zuschauern angefeuert werden.

Spätestens dann ist klar: Es ist wieder Short-Track-Time im Sprint-Cup. Keine Superspeedways mit ihrem Restrictor-Plate-Racing, keine Intermediate-Ovale, sondern beinharter Lackaustausch auf aller engstem Raum, was nicht nur Außenstehende gerne als "Demolition-Derby" bezeichnen. Das Jeff Byrd 500 anno 2011 ist Cup-Rennen Nummer 101 in Bristol.

50 Jahre besteht dieser einzigartige Motor Speedway bereits und er hält einen einsamen Rekord: 55 Bristol-Rennen am Stück waren restlos ausverkauft! 2010 geschah dann das Undenkbare: Zum Frühjahrsrennen kamen - US-Finanzkrise sei Dank - nur 138.000 Besucher. Dies in einer Arena, in der selbst zum Nationwide-Auftritt, der zweiten NASCAR-Liga, am Samstagabend im Normalfall weit über 100.000 Zuschauer pilgern.

Noch weniger Platz in Bristol

Bristol Motor Speedway

Mitten im Nirgendwo: Das NASCAR-Kolosseum von Bristol Zoom

Doch nun der große Haken: Seit die altehrwürdige Kampfbahn in der Saison 2007 neu asphaltiert wurde, gab es in Bristol kaum noch die atemberaubenden Short-Track-Klassiker zu sehen. Wie etwa in der Saison 2009, als Kyle Busch und dessen Gibbs-Toyota das Feld zweimal in Grund und Boden fuhren. Im Sommer 2010 legte der NASCAR-Bösewicht sogar noch einen nach. Insofern ist der wettbegeisterte Fan sicherlich nicht gut beraten, am Wochenende gegen die Startnummer 18 zu setzen.

Oder eben doch nicht? Vor genau einem Jahr sorgte NASCAR-Champion Jimmie Johnson, der im NASCAR-Kolosseum noch nie ein Bein auf den Bode brachte, für eine saftige Überraschung. Johnson gewann vor Tony Stewart und Kurt Busch. Anders formuliert: Sensationssieger vom Schlage eines Trevor Bayne (Daytona 500) kann man nach 500 knallharten Bristol-Runden an einer Hand abzählen. Hier gewinnt im Normalfall nur eines der ganz großen NASCAR-Asse.

Dazu kommt noch, dass die Speedway-Verantwortlichen Anfang 2010 die Safer-Barriers in den Kurven um fast einen Meter nach innen gezogen haben. Die Folge: Noch weniger Platz. Oder wie Tony Stewart es formulierte: "Immerhin haben sie sie lackiert, also sehen wir sie. Kein Zweifel: Es wird einen Unterschied machen. Am Kurvenausgang wird es noch enger, aber wir nutzen dort sowieso schon jeden Zentimeter an Platz."

Was macht Childress, was macht Montoya?

Juan Pablo Montoya, Mark Martin, Marcos Ambrose

Juan Pablo Montoya kam nicht immer mit heiler Karosse durch Bristol Zoom

Unter dem Strich stehen also einige Anzeichen dafür, dass der Sonntagabend ein echter NASCAR-Klassiker werden könnte. Natürlich gibt es darüber hinaus auch rein sportliche Aspekte. Zum Beispiel darf man gespannt darauf sein, ob das in Bristol traditionell starke Childress-Team wieder aufzeigen kann. Jeff Burton, Kevin Harvick und Clint Bowyer feierten vor drei Jahren einen sagenhaften Dreifacherfolg.

Gut ist die Stimmung auch im Earnhardt/Ganassi-Lager. "Ein Ovalsieg kann ab jetzt auf jeder Strecke kommen", versichert der frisch verheiratete Montoya-Spotter Tab Boyd gegenüber 'Motorsport-Total.com'. Bristol ist Boyds offizielles Lieblingsrennen und sein kolumbianischer Schützling sah im NASCAR-Kolosseum immer gut aus - wenn er heil durch die 500 Runden kam. Topfit müsste Montoya jedenfalls sein: Die kurze Urlaubswoche nutzte er zum Windsurfen in seiner Heimat.

Die Startflagge zum ersten von insgesamt zwei Bristol-Rennen des Sprint-Cup-Jahres 2011 fällt am Sonntagabend aufgrund der USA-Sommerzeit bereits um kurz nach 18:00 Uhr MEZ. Die Qualifikation der 44 Kandidaten geht wie immer am Freitagabend ab 20:40 Uhr über die Bühne. Am Samstagabend ab 19:00 Uhr fährt die Nationwide-Serie mit Bristol-Debütantin Danica Patrick.

Die Meldeliste von Bristol:

01. 00 David Reutimann (Waltrip-Toyota)
02. 1 Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
03. 2 Brad Keselowski (Penske-Dodge)
04. 4 Kasey Kahne (Red-Bull-Toyota)
05. 5 Mark Martin (Hendrick-Chevrolet)
06. 6 David Ragan (Roush-Ford)
07. 7 Robby Gordon (Gordon-Dodge)
08. 9 Marcos Ambrose (Petty-Ford)
09. 09 Bill Elliott (Phoenix-Chevrolet)
10. 11 Denny Hamlin (Gibbs-Toyota)
11. 13 Casey Mears (Germain-Toyota)
12. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet)
13. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
14. 17 Matt Kenseth (Roush-Ford)
15. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
16. 20 Joey Logano (Gibbs-Toyota)
17. 21 Trevor Bayne (Wood-Ford)
18. 22 Kurt Busch (Penske-Dodge)
19. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet)
20. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
21. 29 Kevin Harvick (Childress-Chevrolet)
22. 31 Jeff Burton (Childress-Chevrolet)
23. 32 Ken Schrader (FAS-Ford)
24. 33 Clint Bowyer (Childress-Chevrolet)
25. 34 David Gilliland (Front-Row-Ford)
26. 36 Dave Blaney (Tommy-Baldwin-Chevrolet)
27. 37 Tony Raines (Front-Row-Ford)
28. 38 Travis Kvapil (Front-Row-Ford)
29. 39 Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet)
30. 42 Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
31. 43 A.J. Allmendinger (Petty-Ford)
32. 46 J.J. Yeley (Whitney-Chevrolet)
33. 47 Bobby Labonte (JTG/Waltrip-Toyota)
34. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
35. 56 Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota)
36. 60 Landon Cassill (Germain-Toyota)
37. 66 Michael McDowell (HP-Toyota)
38. 71 Andy Lally (TRG-Chevrolet)
39. 78 Regan Smith (Furniture-Row-Chevrolet)
40. 83 Brian Vickers (Red Bull-Toyota)
41. 87 Joe Nemechek (Nemco-Toyota)
42. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
43. 92 Brian Keselowski (K-Automotive-Dodge)
44. 99 Carl Edwards (Roush-Ford)

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