• 30.04.2008 11:28

  • von Klaus Graf

Graf-Kolumne: Über Toyota-Power und Kyle Busch

NASCAR-Experte Klaus Graf zieht in seiner neuen Kolumne auf 'Motorsport-Total.com' eine Rundum-Bilanz des ersten Saisonviertels

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News: Klaus Graf

NASCAR-Experte Klaus Graf kommentiert das erste Sprint-Cup-Saisonviertel

nach neun von 36 Saisonrennen, also einem Viertel der Saison, kann man durchaus einmal ein kleines Zwischenfazit des aktuellen Sprint-Cup-Jahres ziehen. Was mir dabei besonders gut gefällt: Die Saison 2008 präsentiert sich so spannend und ausgeglichen, wie lange nicht.

Vielleicht nicht extrem überraschend, aber trotzdem sehr auffällig ist, wie stark sich die Kombination Joe Gibbs Racing und Toyota zeigt. Dass diese nagelneue Kombination gleich dermaßen einschlagen würde, damit konnte man in diesem Ausmaß wirklich nicht rechnen.#w1#

Natürlich muss man dabei als erstes Kyle Busch nennen. Er ist einer der großen Rohdiamanten in der NASCAR, das war - nicht nur mir - schon lange klar. Stand er bei Hendrick Motorsports noch etwas im Schatten von Jimmie Johnson und Jeff Gordon, so herrscht jetzt bei Gibbs, vor allem auch in Sachen der Crews, wesentlich mehr Einheit.

Denn bei Gibbs stehen alle drei Autos in einer großen Halle, bei Hendrick gibt es da eine räumliche Trennung. Ich denke, Kyle Busch kann sich in dieser etwas offeneren Umgebung jetzt voll entfalten und fühlt sich einfach sauwohl. Und zusammen mit der extremen Toyota-Power kommen plötzlich solche Resultate zustande.

Über Stewart und Hendrick

Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. - sein erster Hendrick-Sieg ist nur eine Frage der Zeit Zoom

Die Wechselgerüchte um Tony Stewart kommen zwar etwas früh, weswegen man da etwas vorsichtig sein muss, eines ist meiner Meinung nach jedoch ganz klar: Chevrolet hätte Tony gerne wieder zurück. Dazu kommt, dass sich Tony natürlich seine Optionen auch bereits unter dem Gesichtspunkt aussucht, was er nach seiner aktiven Karriere machen will.

Da geht es unter anderem sicher auch darum, ob und wie er ein eigenes Team aufbauen kann. Da gibt es also sportliche und wirtschaftliche Gesichtspunkte, und bei solchen Superstars, wie einem Tony Stewart, dauern solche umfangreiche Prozesse und Entscheidungen eine ganze Zeit.

"Junior" steht auf Platz drei in der Meisterschaft und die Fans flippen aus. Die Resultate sind da, das einzige was fehlt, ist der erste Sieg. Zu Jimmie Johnson und Jeff Gordon ist zu sagen, dass es für NASCAR gar nicht einmal so schlecht ist, wenn vor allem Johnson mal ein wenig langsamer macht, denn es wurde die letzten beiden Jahre doch fast ein wenig langweilig.

Eine Ursache dafür ist in meinen Augen auch die Tatsache, dass das gesamte Sprint-Cup-Feld nun das neue Car of Tomorrow im Griff hat. Es gibt auch keine Doppelbelastung - altes Auto, neues Auto - mehr. Die Teams wissen nun, wie sie die Sache mit dem CoT angehen müssen und ich denke, genau das spiegelt sich in der Performance der großen Teams wieder.

Edwards Favorit - Kahne enttäuscht

Carl Edwards

Carl Edwards ist für Klaus Graf einer der ganz heißen Titelfavoriten Zoom

Die starken Leistungen von Carl Edwards und Roush wiederum überraschen mich nicht. Ihn hatte ich von Anfang an auf meiner Rechnung. Edwards hat zwar immer noch mit seinem Punktabzug zu kämpfen, aber er wird im weiteren Saisonverlauf noch einige ganz starke Rennen zeigen, denn da kommen noch einige Strecken, die Carl auf den Leib geschneidert sind. Er wird noch einige Rennen gewinnen und er zählt für mich zu den großen Meisterschaftsfavoriten.

Unter den Dodge-Teams können sich Penske und Ryan Newman gut in Szene setzen. Newman hat sicher durch seinen Daytona-Sieg einen riesigen Schub in punkto Selbstbewusstsein erhalten. Mal sehen, ob er das halten kann. Was hingegen mit seinem Teamkollegen Kurt Busch gerade los ist, ist mir ehrlich gesagt auch ein kleines Rätsel.

Wer mich auch etwas enttäuscht, ist Kasey Kahne, der ein wenig auf der Stelle tritt. Der Hype der ersten Jahre ist verflogen, und aus der Evernham-Ecke kommt momentan einfach zu wenig. Natürlich hat sich Ray Evernham aus dem aktiven Geschäft fast völlig zurückgezogen, dazu der Zusammenschluss mit Gillette. Das sind alles Faktoren, worüber sich auch Kasey Kahne für seine Zukunft ernsthaft Gedanken machen muss, denn innerhalb der jungen Garde haben ihn Leute wie Kyle Busch oder Carl Edwards mit großen Schritten überholt.

Montoya - es wird ganz eng

Juan Pablo Montoya Chip Ganassi

Juan Pablo Montoya wird weiterhin für Spannung sorgen - klappt der Chase? Zoom

Nach einem Viertel der Saison steht Juan Pablo Montoya in der Gesamtwertung auf einer Position, die ihn in den Chase bringen würde. Das ist sicherlich genau da, wo er hin möchte. Ob er sich da halten kann, wird sich zeigen, eines ist jedoch klar: Er hat zumindest ein Teilziel erreicht, und befindet sich tatsächlich unter den ersten Zwölf.

Allerdings muss man auch sagen, dass er bisher so ziemlich das Maximum dessen, was möglich war, herausgeholt hat. Ich bezweifle immer noch, ob das Ganassi-Team gut genug aufgestellt ist, um ganz vorne konstant mitfahren zu können. Aber er punktet regelmäßig, ist so gut wie nie in irgendwelche Kollisionen verwickelt - und das zahlt sich in der NASCAR sofort aus.

Eine Prognose abzugeben, ob er sich da vorne halten kann, ist schwierig. Das Problem ist ganz einfach, wenn er sich einmal ein oder zwei schlechte Resultate einfängt, sei es durch ein technisches Problem oder eben eine Kollision, dann fällt man auch ganz schnell ein paar Positionen zurück.

Das sieht man ganz gut an dem Sprung, den er in der Gesamtwertung nach Talladega gemacht hat. Das waren fünf Positionen und genauso schnell kann es auch einmal nach hinten gehen. Aber es ist auch klar, dass einige seiner Spezialstrecken noch kommen: Sears Point, Watkins Glen, auch Indianapolis. Es wird spannend und es wird ganz eng - zwischen Platz zehn und 15 ist ihm alles zuzutrauen. Ich persönlich wünsche ihm eine Chase-Qualifikation.

Herzliche Grüße

Klaus Graf