• 25.08.2007 09:24

  • von Pete Fink

Ein NASCAR-Rennwochenende mit Red Bull Racing (3)

Team Red Bull erlebte am Qualifikationstag von Bristol eine Achterbahnfahrt - Jacques Villeneuve in der NASCAR und Juan Pablo Montoya in Reihe eins

Freitag:

Titel-Bild zur News: Bristol Motor Speedway

Unglaubliche Atmosphäre am Freitag im Shorttrack-Oval von Bristol

Wenn man im Infield des Bristol Motor Speedways steht, dann fühlt man sich irgendwie an den Circus Maximus im alten Rom erinnert. Vielleicht mit dem zeitversetzten Unterschied, dass die Protagonisten nicht mit einem Vierergespann unterwegs sind, sondern tief röhrende V8-NASCAR-Boliden mit über 800 PS bewegen.

Und wer sich in Monza einmal die Mühe gemacht hat, hinter der Parabolica die alte Steilkurve zu begutachten, der hat in etwa eine Vorstellung davon, was die NASCAR-Piloten in Bristol eigentlich machen. Eine Stimme, dessen Name mir gerade entfallen ist, zog einen - vielleicht etwas übertriebenen, aber dennoch treffenden - Vergleich mit den Motorradfahrern, die auf Jahrmärkten an den Holzwänden entlang im Kreis fahren.#w1#

Gluthitze: 41 Grad!

Brian Vickers und Günther Steiner

Enttäuschung bei Red Bull: Brian Vickers im Gespräch mit Günther Steiner Zoom

Ein großes Thema waren auch heute die Rekordtemperaturen: Das Thermometer in der Red-Bull-Box zeigte kurz vor Beginn des Qualifyings satte 106 Grad Fahrenheit, als etwa 41 Grad Celsius. Der Streckensprecher mahnte die Zuschauer in fünfminütigen Abständen, ja genug zu trinken und wenn es denn ginge, kein Miller Lite oder ähnliches. Nicht alle haben sich daran gehalten...

Für Team Red Bull war der heutige Tag im Colloseum zu Bristol eine echte Achterbahnfahrt. Im Gegensatz zu Morgan-McClure und BAM Racing passierten die Red-Bull-Boliden die technische CoT-Inspektion der NASCAR ohne Probleme, doch nach wenigen Minuten im Freien Training verdunkelten sich die Mienen zum ersten Mal: Weder Brian Vickers noch A.J. Allmendinger kamen mit dem Basissetup ab Werk auf gute Zeiten.

Also wurden an beiden Red-Bull-Toyotas die rechten Stoßdämpfer gewechselt, doch etwas verwunderlich war, dass Allmendinger das gesamte Training über vor seinem erfahreneren Teamkollegen lag. Daran änderte auch ein Last-Minute-Wechsel des oberen Radträgers nichts, der Kalifornier notierte am Ende des Freien Trainings um ein halbes Zehntel vor Vickers.

Die Auslosung der Reihenfolge zum Einzelzeitfahren brachte beide Red Bulls etwa in die Mitte des Feldes, was im Bristol-Backofen jedoch nicht so entscheidend war. "Hier geht es nur um die erste Runde, denn danach bauen schon die Reifen ab", so die Auskunft von Rennchef Elton Sawyer.

Villeneuve 2008 im Nextel-Cup

Jacques Villeneuve

Abwesend, aber in aller Munde: NASCAR-Neuzugang Jacques Villeneuve Zoom

In der Mittagspause war im Pressezentrum natürlich das große Thema die Verpflichtung von Jacques Villeneuve. Da Bill Davis zum Thema Sponsoring etwas um den heißen Brei herumredete, vermutete die Mehrheit der amerikanischen Kollegen, dass Toyota dahinterstecke und man 2008 mit einem dritten Auto antreten werde. Das ist natürlich nur Thema der Gerüchteküche der Medien, doch immerhin sickerte durch, dass bei Toyota niemand dementieren wollte.

Im Qualifying selbst trat dann das ein, was fast schon zu befürchten war: Ausgerechnet Vickers verhaute seine Runde und schied aus. Besonders bitter für Red Bull war die Tatsache, dass der 23-Jährige mit seiner Zeit aus dem Freien Training im Rennen gewesen wäre. Zu viel Übersteuern lautete seine schmallippige Begründung, doch für Vickers war der Freitag ein Tag, den er wohl ganz schnell vergessen will.

Denn auch im Busch-Qualifying direkt danach lag er vier Zehntel hinter seinem Braun-Teamkollegen Jason Leffler, der die Pole Position holte. Und im Busch-Rennen am Abend ließ er sich auf ein völlig unnötiges Scharmützel mit Kyle Busch ein, welches für ihn in der Mauer endete. Rabenschwarz nennt man so etwas wohl.

A.J. Allmendinger hingegen strahlte über beide Backen: Seine Zeit war gut genug, um ihn nach mehreren vergeblichen Anläufen endlich wieder "in die Show" zu bringen - das Aufatmen in seiner Mannschaft war durch die gesamte Boxengasse zu spüren. Vielleicht sollte er öfter bei einer Sponsorenpräsentation ein kleines Tänzchen wagen, wie seine PR-Frau Jamie Christensen ausplauderte. Weitere Details verschwieg sie jedoch.

Allmendinger scheint auf den Shorttracks mit dem Red-Bull-CoT gut zurechtzukommen, und nach Meinung seines Crewchiefs Ricky Viers sei vor allem das Truckrennen am Mittwochabend in Bristol ausschlaggebend gewesen, denn so hatte der Kalifornier im Vorlauf zum Wochenende einiges an Streckenzeit in die Waagschale zu werfen.

Große Freude bei BAM Racing

Kasey Kahne und Juan Pablo Montoya

Polesetter Kasey Kahne im Gespräch mit dem Zweiten, Juan Pablo Montoya Zoom

Licht und Schatten also bei Red Bull, während in der Box von BAM Racing, direkt neben der Allmendinger-Truppe, große Freude herrschte: Auch John Andretti konnte sich locker für das Cup-Rennen qualifizieren und strahlte genauso wie Teambesitzerin Beth Ann Morgenthau. Dabei stand der BAM-Avenger im Freien Training noch fast die Hälfte der Zeit bei der Inspektion, doch dem One-Car-Team scheint mit dem neuen Auto ein echter Wurf gelungen zu sein.

Überhaupt geben sich die Dodges an diesem Wochenende sehr gut aufgestellt: Kasey Kahne holte sich eine überzeugende Pole Position vor einem starken Juan Pablo Montoya - das ist insofern bemerkenswert, als sich die beiden direkt vor dem Qualifying lange angeregt unterhalten haben. Die Ganassi-Leute haben mir versichert, dass sich die beiden seit einem gemeinsamen Dodge-Werbespot hervorragend verstehen.

Das Busch-Rennen am Abend sahen wir uns dann direkt unter dem Tribünendach aus an. Eigentlich wollten wir zu den Spottern hoch auf das Tribünendach, doch die Offiziellen hatten etwas dagegen. Für Kahne war es heute ein richtig guter Tag: Nach der Pole im Cup ein Sieg im Busch-Rennen.

Für die Red-Bull-Crew hingegen war es ein richtig langer Tag, doch durch einiges an Ortskenntnis haben wir nach dem Busch-Rennen "nur" zwei Stunden gebraucht, um an über 100.000 Zuschauern vorbei auf teilweise dubiosen Schleichwegen in unser Hotel zu kommen. Ob das morgen wieder funktioniert, darüber bin ich sehr skeptisch, denn heute war nur der Aufgalopp. Morgen werden noch einmal so viele Menschen erwartet.