• 03.01.2010 08:53

  • von Pete Fink

Danica Patrick vor ihrem NASCAR-Abenteuer

Die ARCA-Tests von Daytona waren Danica Patricks erste Schnupperfahrten im NASCAR-Umfeld - kein Zeitdruck, aber ein gutes Team und ein Top-Auto

(Motorsport-Total.com) - Danica Patrick spaltet die US-Motorsportszene in zwei Lager. Die Skeptikerfraktion argumentiert mit der berechtigten Frage, was die 27-Jährige in ihrer bisherigen Rennfahrerkarriere denn erreicht habe. Ein magerer IndyCar-Sieg (Motegi 2008) in fünf Jahren sei zu wenig, um ihre Stellung als US-Superstar auch sportlich zu unterfüttern.

Titel-Bild zur News:

Danica Patrick und ihr giftgrüner Nationwide-Chevy von JR Motorsports

Dem weitaus größeren Teil ist dies herzlich egal. Schließlich habe Patrick in der Vergangenheit bewiesen, dass sie bei den IndyCars mithalten kann. Dies natürlich als einzige Top-Pilotin, was ihr zu Recht eine gesteigerte Aufmerksamkeit von Seiten der Fans, der Medien und natürlich der Sponsoren einbringe.#w1#

Einen Fakt kann niemand wegdiskutieren: Patrick beendete die IndyCar-Saison 2009 auf Gesamtplatz fünf und war damit die beste Nicht-Ganassi und -Penske-Pilotin. Noch vor ihren Andretti-Teamkollegen Tony Kanaan und Marco Andretti. Vor allem auf den IndyCar-Ovalen ließ sie ihr Können aufblitzen, was beim Indy 500 immerhin zu Rang drei reichte. Dies ist das bislang beste Ergebnis einer Pilotin in der so traditionsreichen Historie von Indianapolis.

Doch für Patrick zählte etwas ganz anderes: "So komisch es auch klingen mag: Toll war es, dass die Leute daraus keine große Sache gemacht haben. Das hat mich gefreut, denn das zeigte mir, dass man mir zugetraut hat, so weit nach vorne zu fahren." Trotzdem war sie selbst mit diesem dritten Platz nicht zufrieden. "Ich komme jedes Jahr nach Indy und will dort gewinnen. Im größten Rennen des Jahres Dritter zu werden ist ein gutes Resultat, aber eben kein Sieg."

Sehr gutes Team, sehr gutes Auto

Zu diesem Zeitpunkt schnupperte Patrick sogar an der IndyCar-Tabellenführung, weil sie zwischen Long Beach und Milwaukee viermal in Folge unter die Top 5 gefahren war. In acht der ersten neun IndyCar-Saisonrennen landete die 27-Jährige in den Top 10. Doch zum ganz großen Wurf reichte es nicht. "Wir hätten ein paar Siege gebraucht, um mit Penske und Ganassi mithalten zu können. Dazu hatten wir aber nicht den Speed. In der Konsequenz verloren wir den Anschluss und damit alle Titelchancen."

Dale Earnhardt Jun., Danica Patrick

Das neue US-Traumpaar: Dale Earnhardt Jr. und Danica Patrick Zoom

So hätte es eigentlich eine ruhige Winterpause werden können. Nach Monaten der Spekulation verlängerte sie ihren IndyCar-Vertrag mit Michael Andretti um drei Jahre, aber dann füllte ihr NASCAR-Ausflug die Schlagzeilen. Kein Wunder, weil Patrick ausgerechnet bei JR Motorsports, dem Nationwide-Team von NASCAR-Superstar Dale Earnhardt Jr., andockte. Eine perfekte Story, denn damit waren die beiden US-Motorsportschwergewichte - im übertragenen Sinn - plötzlich verheiratet.

"Es gab viele gute Gründe, aber eigentlich kam alles nur deswegen zustande, weil sie ganz einfach ein sehr gutes Auto haben", erklärte Patrick am Rande ihren ersten großen Testfahrten in Daytona. So wird sie ihre ersten ARCA- und Nationwide-Rennen in einem Satellitenteam von Rick Hendrick bestreiten, dessen Chevys im Sprint-Cup 2009 alles pulverisierten. Passenderweise ist Patricks IndyCar-Sponsor GoDaddy.com in der NASCAR ebenfalls mit Hendrick und Earnhardt liiert.

Wie gestaltet sich der Übergang?

Das Jahr 2010 wird also zu einem Hineinschnuppern in den Motorsportgiganten NASCAR, was der bereits extrem populären Patrick in den USA eine bislang ungeahnte Aufmerksamkeit zuteil werden lässt. Doch genau darin liegt auch die Gefahr: Scheitert sie, dann wird die Häme der Skeptiker immens sein. Genau deshalb geht das Patrick-Lager das Abenteuer NASCAR auch bewusst langsam an.

Danica Patrick

Auf den IndyCar-Ovalen kam Danica Patrick fast immer gut zu Recht Zoom

"Das werden wir alles herausfinden", erklärte sie in Daytona vorsichtig. "Ich hoffe, dass mir der Übergang leicht von der Hand geht. Ich kenne sehr viele Ovale von den IndyCars und hoffe sehr, dass ich mich daran erinnern kann, wie es sich anfühlen sollte." Unterstützt wird sie dabei von einem Sprint-Cup-erfahrenen Team rund um den alten Earnhardt-Crewchief Tony Eury Jr.

Sicher ist auch, dass die IndyCars zunehmend auf Straßenkursen und Rundstrecken fahren werden. Patricks Stärken liegen jedoch eindeutig auf den Ovalen. Insofern ist die Annahme legitim, dass der IndyCar-Titel für die 27-Jährige in immer weitere Ferne rückt. Die große Ausnahme ist natürlich der Sieg beim Indy 500.

Vorbild Hornish und Penske

Denn nur dieses eine Rennen kann sich in den USA mit der NASCAR messen. Das große Geld und der große Ruhm werden ansonsten in Daytona, Bristol, Charlotte, Talladega, Darlington oder Atlanta verdient. Doch soweit ist es natürlich noch nicht. 2010 und 2011 sollen zwei Jahre darstellen, in denen sich Patrick an die StockCars herantasten will.

Sam Hornish Jr. Cup Test Daytona

Auch Sam Hornish Jr. begann seine NASCAR-Karriere in der Nationwide-Serie Zoom

Daher wich sie bei den Daytona-Tests auch den logischen Fragen nach dem Sprint-Cup aus: "Darauf gibt es keine wirklich leichte Antwort. Der erste Schritt in diesem ganzen Prozess ist es, erst einmal zu sehen, wie es geht und ob ich das Auto mag. Zu diesem Zeitpunkt gibt es darüber hinaus keine konkreten Pläne. Es ist ein Versuch und hoffentlich kann ich mithalten und habe Spaß. Danach sehen wir weiter."

Das Vorbild zu dieser Herangehensweise ist übrigens Sam Hornish Jr., der nach seinem dritten IndyCar-Titel 2006 in der NASCAR eine neue Herausforderung suchte. Sein Teamchef Roger Penske unterstützte diesen Wunsch und ließ Hornish 2007 in einigen ausgewählten Nationwide-Rennen starten. Zeitdruck herrschte nicht, doch es war sein Wunsch, schon ab 2008 komplett in die NASCAR zu wechseln.

Patricks Fahrplan sieht ähnlich aus. Will sie wirklich bei den Big Boys mitspielen, dann muss sie früher oder später im Sprint-Cup gegen Jimmie Johnson, Jeff Gordon oder Dale Earnhardt Jr. fahren. Das könnten ab 2012 dann auch ihre Teamkollegen sein, denn - natürlich nur rein zufällig - läuft der Hendrick-Vertrag von NASCAR-Oldie Mark Martin Ende 2011 aus...