Carl Edwards macht Darlington zu "Carlington"
Carl Edwards gewinnt nach zwei Runden Rückstand das Southern 500 in Darlington - Brad Keselowski nach langer Führung "nur" Zweiter - Chase-Bild etwas klarer
(Motorsport-Total.com) - Ein zwischenzeitlicher Rückstand von zwei Runden hielt Carl Edwards (Gibbs-Toyota) in der Nacht von Sonntag auf Montag nicht davon ab, das Bojangles' Southern 500 in Darlington zu gewinnen. Den Rundenrückstand handelte sich Edwards in der Anfangsphase ein, als er aufgrund eines Missverständnisses mit seiner Gibbs-Crew während einer Gelbphase auf der Strecke blieb und somit den folgenden Green-Flag-Run mit vier abgefahrenen Reifen absolvieren musste. Gegen die frisch bereifte Konkurrenz hatte Edwards keine Chance. Als er sich wenige Runden später auch noch einen Platten einfing, war ein Boxenstopp unter Renntempo fällig, der ihn zusammen mit dem vorherigen Rückstand zwei Runden zurückwarf.

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Carl Edwards gewann zum ersten Mal in seiner Karriere in Darlington Zoom
Im weiteren Verlauf des Rennens kämpfte sich Edwards sukzessive wieder nach vorn. Die Führung übernahm er erstmals 15 Runden vor Schluss, als er Langzeitspitzenreiter Brad Keselowski (Penske-Ford) in Turn 1 des tückischen eiförmigen Ovals überholte. Keselowski konterte jedoch nur wenige Meter später und holte sich die Führung zurück. In der 356. von 367 Rennrunden wurde die 18.(!) Gelbphase ausgerufen, was für Darlington einen neuen Rekord bedeutet. Das Feld kam ein letztes Mal an die Box. Bei dieser Gelegenheit fertigte Edwards' Gibbs-Crew ihren Fahrer am schnellsten ab.
Beim letzten Restart verteidigte Edwards die Führung und ließ in den letzten acht Runden unter Grün nichts mehr anbrennen. Insgesamt lag der Gibbs-Pilot nur während 15 der 367 Runden in Führung, doch das reichte ihm für den zweiten Saisonsieg nach Charlotte und seinen ersten in Darlington. Die Mechaniker reagierten sofort und überklebten unmittelbar nach dem obligatorischen "Backflip" von Edwards beim Darlington-Schriftzug an der Boxenmauer einen Teil des Ds, woraufhin von der Haupttribüne aus in großen Lettern der Schriftzug "Carlington Raceway" zu lesen war.
"Wir haben einfach nicht aufgegeben und Darian (Crewchief Grubb; Anm. d. Red.) hat großartige Arbeit abgeliefert", so Carl Edwards' Antwort auf die in der Victory Lane gestellte Frage, wie er es schaffte, trotz vorübergehend zwei Runden Rückstand zum Sieg zu fahren. Während es für ihn selbst der 25. Sieg seiner Sprint-Cup-Karriere ist, steht Hersteller Toyota nun bei 75 Siegen in der höchsten NASCAR-Liga. Ein Titel fehlt sowohl Edwards als auch Toyota noch. Rein von der Performance her stehen die Chancen in dieser Saison ausgesprochen gut, doch im Chase werden die Karten bekanntlich neu gemischt.

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Hendrick-Youngster Chase Elliott war schuldlos an zwei der 18 Cautions beteiligt Zoom
In der nach zahlreichen individuellen Abflügen mit 18 Gelbphasen äußerst zerfahrenen 2015er-Auflage des Southern 500 wurde die entscheidende Frage, wann der jeweils optimale Zeitpunkt für einen Boxenstopp gekommen war, nicht nur durch die Gelbphasen, sondern vor allem durch das Reifenkontingent bestimmt. Exklusivlieferant Goodyear hatte für das Rennen, welches das zweite mit dem Low-Downforce-Package war, eine weichere Gummimischung im Gepäck. Schon früh wurden die Teams informiert, dass ihnen für die Renndistanz nur zwölf Reifensätze zur Verfügung stehen würden. Bei 18 Gelbphasen kamen einige Teams entsprechend in Schwierigkeiten und mussten in der Schlussphase Reifen aufziehen, die in der Anfangsphase bereits einige Runden hinter sich gebracht hatten.
Penske-Pilot Brad Keselowski, der von der Pole-Position gestartet nicht weniger als 196 Führungsrunden verbuchte, kam als Spitzenreiter zum letzten Boxenstopp, verließ die Boxengasse nach nicht ganz optimaler Arbeit seiner Crew aber nur als Zweiter. Anschließend gelang ihm seinerseits der letzte Restart nicht optimal. Nachdem er vorübergehend auf Rang drei zurückgefallen war, holte sich Keselowski in der letzten Runde im Duell mit Denny Hamlin (Gibbs-Toyota/3.) zumindest noch Platz zwei. An Carl Edwards kam der Langzeitspitzenreiter aber nicht mehr heran.
Erneut große Begeisterung für das Aero-Paket
Wie schon vor acht Wochen auf dem Kentucky Speedway, so erntete das Low-Downforce-Package mit dem kleinen Heckspoiler auch diesmal wieder viel Lob von den Piloten. "Dadurch wurden die Rennfahrer von den Wichtigtuern getrennt", meint der Zweitplatzierte Keselowski. Edwards hatte seine Vorfreude schon vor einigen Tagen zum Ausdruck gebracht, als er sagte, dass Darlington mit dem Low-Downforce-Package für ihn nichts anderes werde als "Weihnachten im September". Mit seinem Sieg hat sich Edwards selbst das schönste "Weihnachtsgeschenk" gemacht.
Hinter den Top 3 Edwards, Keselowski und Hamlin wurde Joey Logano im zweiten Penske-Ford Vierter vor Kevin Harvick, der mit seinem Stewart/Haas-Chevrolet vor der letzten Gelbphase in einen spannenden Dreikampf mit Keselowski und Edwards um die Führung verstrickt war. Nach dem letzten Stopp konnte aber auch Harvick nichts mehr ausrichten. Platz sechs ging trotz eines späten Drehers nach Berührung von Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet/9.) an Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet).
Kyle Busch sichert sich das Chase-Ticket

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Dieser Simultandrift mit Greg Biffle hielt Kyle Busch nicht vom Chase-Einzug ab Zoom
Kyle Busch, der im Rennverlauf ebenfalls einen Dreher zeigte, kam direkt hinter seinem Bruder ins Ziel und hat mit Platz sieben sein Chase-Ticket in trockene Tücher gebracht. Als nun 27. der Sprint-Cup-Gesamtwertung hat der jüngere Busch-Bruder trotz elf verpasster Rennen genügend Punkte angesammelt, um am kommenden Wochenende in Richmond nicht mehr aus den Top 30 herausfallen zu können.
Unterdessen war Darlington für zwei der bereits sicher im Chase stehenden Fahrer keine Reise wert: Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) wurde nur 19., nachdem er während einer Gelbphase zunächst eine fragwürdige Einfahrt in die Boxengasse zeigte, für die ausgerechnet Teamkollege Jeff Gordon (16.) eine Strafe forderte.
Die NASCAR-Offiziellen beließen es bei einer Verwarnung für Johnson, doch wenig später verlor der sechsmalige NASCAR-Champion seinen Hendrick-Chevy auf der Strecke aus der Kontrolle und wurde von Joey Logano in einen Dreher geschickt. Neben Johnson hat sich das Southern 500 auch für Matt Kenseth nicht gelohnt. Der Gibbs-Pilot fing sich schon früh im Rennen mehr als nur einen "Darlington Stripe" ein, lag über weite Strecken der Distanz zwei Runden hinter der Spitze und wurde schließlich nur 21.
Entscheidung um die Chase-Plätze: Letzte Station Richmond

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Clint Bowyer befindet sich in Sachen Chase weiterhin "On The Bubble" Zoom
In Reihen der Hoffnungsträger auf die verbleibenden Chase-Plätze haben Ryan Newman (Childress-Chevrolet), Jeff Gordon, Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) und Paul Menard (Childress-Chevrolet) mit den Plätzen 13, 16, 17 und 26 noch nicht genug getan, um sicher für die Playoffs qualifiziert zu sein. Kyle Busch ist offiziell der einzige Fahrer, der sich sein Chase-Ticket an diesem Wochenende gesichert hat.
Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet) aber hat nach Platz 14 in Darlington nun ausreichend Zähler Vorsprung auf den 17. Platz der Chase-Setzliste, dass er selbst im Falle eines neuen Saisonsiegers in Richmond nicht mehr aus dem Feld der Titelkandidaten verdrängt werden kann. Für Newman, Gordon, Menard und Bowyer gilt dies noch nicht.
Das entscheidende Rennen im Kampf um die verbleibenden Chase-Plätze steigt am kommenden Wochenende in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf dem Short-Track in Richmond, Virginia.

