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  • 11.01.2014 02:30

  • von Pete Fink

2014: Was kommt noch an Neuigkeiten?

In sechs Wochen steigt das Daytona 500 und in der Führungsetage herrscht Hochbetrieb: Gibt es Änderungen am Qualifikationsmodus und am Punktesystem?

(Motorsport-Total.com) - NASCAR-Präsident Mike Helton nahm kein Blatt vor den Mund. "Es wird im Januar noch eine ganze Menge an Veränderungen geben", sagte Helton in der Auftakt-PK des Pre-Season-Thunder in Daytona. "Wir haben die Möglichkeiten, um Innovation und Technologien dort zu nutzen, wo wir in der Vergangenheit eher vorsichtig reagiert haben." Verantwortlich dafür sei in erster Linie NASCAR-Chef Brian France, der "den Sport in genau diese Richtung geführt hat." Dies alles geschehe "zum Vorteil des gesamten Sports, in Bezug auf das Renngeschehen und vor allem auf die inneren Strukturen der NASCAR, die für Aufbau und Wachstum der Industrie verantwortlich sind."

Titel-Bild zur News: Mike Helton Robin Pemberton

NASCAR-Präsident Mike Helton (li.) sprach in Daytona Klartext Zoom

Ein erstes Zeichen dafür war die Ernennung des neuen Geschäftsführers Richard Buck, der kein NASCAR-Eigengewächs ist. Buck war 20 Jahre lang ein IndyCar-Mann und kümmerte sich zuletzt um die Fusion zwischen Grand-Am und ALMS. Er soll ab Februar das Tagesgeschäft abwickeln, während France und Helton den US-Motorsportgiganten in einer eher langfristigen Sichtweise bearbeiten. Kurzfristig gibt es zwei heiße Eisen: Das Punktesystem und der Qualifikationsmodus.

Vor allem das bisweilen recht eintönige Einzelzeitfahren steht dabei massiv auf dem Prüfstand. Nur einen Tag nach Helton kündigte Vize-Rennchef Robin Pemberton an, dass es - abgesehen vom Daytona 500 - "kein einziges Qualifying mehr geben werde, das in diesem Modus ausgetragen wird." Was übrigens nicht nur für den Sprint-Cup, sondern auch für die Nationwide- und Truck-Serie gilt. Den genauen Modus gab er noch nicht bekannt, das wird für die traditionelle Media-Tour Ende des Monats in Charlotte erwartet.

Denkbar sind dabei zwei Alternativen, wobei es natürlich jederzeit zu einer Überraschung kommen könnte. Zum Einen die Einführung des Gruppenmodus, den es bereits auf den Nicht-Ovalen gibt. Dabei werden die Fahrzeuge in Gruppen von fünf oder sechs Fahrzeugen auf die Strecke gelassen, die schnellste Zeit erobert die Pole-Position. Oder NASCAR geht, ganz nach der neuen Heltonschen Maxime, einen Riesenschritt und bewegt sich in die Richtung eines spektakulären Knock-Out-Qualifyings nach dem Vorbild der Formel 1. Auch diese Möglichkeit macht in der NASCAR-Garage gerade die spekulative Runde.

Überarbeitung des Punktesystems?

Ein weiteres Thema dreht sich um das Punktesystem, das erst zur Saison 2012 aus einer Rundumsanierung kam. Das ist vor allem France ein Dorn im Auge, der darin zu wenig Anreize sieht, dass die Piloten im Kampf um den Sieg das letzte Risiko eingehen. Dabei handelt es sich aber um nichts anderes, als das uralte Dilemma der NASCAR: Was zählt mehr? Siege oder Konstanz? Oder etwas detaillierter hinterfragt: Dreht es sich dabei nur um die Anzahl der Bonuspunkte oder kommt auch in dieser Hinsicht - gemäß der neuen Heltonschen Maxime - etwas ganz Neues auf die NASCAR-Gemeinde zu?

NASCAR-Chef Brian France

NASCAR-Chef Brian France ist mit dem Punktesystem nicht zufrieden Zoom

Die Piloten sind eher skeptisch. "Für uns Fahrer wird sich nichts ändern", kommentierte Jimmie Johnson. "Außer wenn es dazu führt, dass man den Gegner einfach über den Haufen fahren soll. Vielleicht gibt es Leute, die so etwas in Sachen Unterhaltung als Allheilmittel ansehen." Joey Logano schliesst sich der Johnson-Meinung an: "Ich glaube nicht, dass es irgendwo einen Rennfahrer gibt, der nicht alles in seiner Macht stehende unternimmt, um ein Rennen zu gewinnen."

Allerdings gibt es durchaus Stimmen, die genau dies beobachtet haben wollen. "Ich bekam nach einem eher langweiligen Rennen einmal einen Anruf eines Promoters", verriet Carl Edwards. "Er fragte mich: Kann ich euch Geld anbieten, damit ihr ein härteres Racing zeigt? Ich habe ihm erklärt, dass wir alle gewinnen wollen. Das ist der Grund, warum wir mit dem Rennsport angefangen haben." Für Edwards ist es demnach "egal, mit welchem Format sie kommen werden. Wir Piloten haben nur zwei Dinge im Kopf: Wir wollen das Rennen und die Meisterschaft gewinnen."


Fotos: Pre-Season-Thunder in Daytona


Edwards geht das Anspruchsdenken von außen grundsätzlich etwas zu weit. "Ich weiß nicht, ob es funktionieren wird, wenn man jedes Rennen so wichtig wie die letzte Runde des letzten Rennen um die Meisterschaft machen will. Ich weiß nur eines: Man muss uns Piloten nicht dazu motivieren, ein Rennen gewinnen zu wollen. Wenn überhaupt, dann wird umgekehrt ein Schuh draus. Nämlich dass man eben nicht übermotiviert handelt und sich dadurch seine Titelchancen versaut."

Viele Ideen als Lösungsansätze

Der gedankliche Ansatz von Kyle Busch ist ein ganz anderer: "Wenn man sich vornimmt, die Siege mehr zu belohnen und wenn man sich dann ansieht, wer in den letzten fünf, sechs oder sieben Jahren die meisten Rennen gewonnen hat, dann ist es Jimmie Johnson. Willst du also genau denjenigen noch belohnen, der sowieso am meisten gewinnt? Der sowieso die meisten Punkte holt und extrem konstant unterwegs ist?"

Jimmie Johnson

Was tun mit dem Dominator: Gibt es bald eine Lex Johnson? Zoom

Ein gutes Argument, zu dem Edwards seine ganz eigene Meinung hat: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jimmie dafür ist, wenn es jetzt irgendwelche Änderungen gibt", scherzte der Roush-Pilot. Johnson wiederum hat einen ganz anderen Vorschlag: "Ich versuche sowieso, jedes Rennen zu gewinnen und jeden möglichen Punkt zu holen. Ich würde bei einer Formatänderung ansetzen und die Qualifikation ist dabei ein ganz wichtiger Punkt. Darin kann durchaus etwas magisches liegen."

Ideen gibt es viele - Edwards würde zum Beispiel an der Chase-Struktur ansetzen. "Meiner Meinung nach könnten wir den Chase verlängern, denn dadurch sinkt die Gewichtung dieser letzten zehn Rennen. Aber damit muss man vorsichtig umgehen, denn immerhin haben wir unsere Wurzeln und wir brauchen eine gewisse Glaubwürdigkeit, was nicht funktioniert, wenn man ein Format jedes Jahr abändert. Es geht ja auch nicht, dass dir ein Cop auf deiner Stammstrecke jeden Tag einen anderen Strafzettel ausstellt, weil die Geschwindigkeitsbeschränkung jeden Tag anders ist."


Die Vorschau auf die NASCAR-Saison 2014

Oder man dreht den Denkansatz komplett um, wie Kyle Busch ausführte. "Heute geht es doch darum, deine schlechten Tage zu minimieren. Wenn du irgendwo zwischen P30 und P40 landest, dann machst du in den Wochen darauf nichts anderes, als dieses schlechte Ergebnis wieder gut zu machen. Es muss also keinen Extra-Anreiz für denjenigen geben, der sowieso oft gewinnt. Es muss vielmehr einen Anreiz geben, damit man die schlechten Tage und die magere Punkteausbeute kompensieren kann."