Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Pol Espargaro

Lange wurde Pol Espargaro als talentierter als Aleix eingeschätzt - Aber nun fährt Pol um seine MotoGP-Zukunft, während Aleix Aprilia an die Spitze geführt hat

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Pol Espargaro

Im Gegensatz zu seinem Bruder hat Pol Espargaro noch kein Rennen gewonnen Zoom

wir müssen allen Schutzengeln danken, dass sie gestern in Barcelona so gut aufgepasst haben. Die Unfälle sind relativ glimpflich ausgegangen - vor allem der Highsider von Francesco Bagnaia. Das war eine der beängstigendsten Szenen überhaupt!

Manche Fahrer konnten gar nicht sehen, dass er mitten auf der Strecke lag. Das hätte auch ganz, ganz böse ausgehen können. Motorradrennsport ist und bleibt sehr gefährlich. In Barcelona hatten halle Beteiligten riesengroßes Glück.

Trotzdem müssen wir uns alle bewusst sein, dass es nicht eine Frage ist, ob wieder etwas Tragisches passieren wird, sondern wann. Auch aus diesem Grund bin ich nach wie vor kein Fan des neuen Sprintformats. Denn bei 40 Rennen im Jahr ist das Risiko doppelt so hoch wie bei 20.

Die Fahrer stehen extrem unter Druck und haben im Laufe des Wochenende kaum Zeit, sich in Ruhe auf das eigentliche Rennen am Sonntag vorzubereiten. Fehler können natürlich passieren. Die lange Liste an verletzten Fahrern ist in diesem Jahr mehr als bedenklich.

Einen Fehler hat auch Enea Bastianini gemacht. Das Manöver beim Start war ein wenig zu ambitioniert. Ob "nur" eine Long-Lap-Strafe angemessen ist, wenn man vier Fahrer abräumt, kann man durchaus diskutieren.


Fotostrecke: Barcelona: Massencrash in Kurve 1 und heftiger Highsider von Bagnaia

Dass sich Bastianini bei dem Unfall erneut verletzt hat, ist natürlich extrem bitter. Bei ihm läuft es in diesem Jahr einfach nicht. Und wenn es nicht läuft, kommen auch noch Pech oder blöde Situationen hinzu. Ich wünsche ihm natürlich gute Besserung!

Aber kommen wir zum eigentlichen Thema unserer traditionellen Montagskolumne. Zunächst möchte ich vorwegschicken, dass ich es sehr beeindruckend finde, wie sich Pol Espargaro nach den schweren Verletzungen zurückgekämpft hat.

Er zeigt auch schon wieder gute Rundenzeiten und gute Leistungen. Im Sprint in Österreich ist er vor seinem Bruder Aleix ins Ziel gekommen! Ich bin mir auch sicher, dass uns Pol in der restlichen Saison noch tolle Rennen zeigen wird.

Wie KTM das Fahrerproblem lösen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht bekommt Pol eine Rolle als Testfahrer angeboten, denn Augusto Fernandez zeigt eine gute Rookie-Saison und hätte sich ein zweites Jahr verdient, um mit dem Gelernten den nächsten Schritt zu machen.

Pol war der aufstrebende Star

Aber Hand aufs Herz, Pol wurde eigentlich schon immer als talentierter eingeschätzt als sein Bruder Aleix. Pol galt als aufstrebendes Talent, das womöglich in der MotoGP Rennen gewinnen und um den WM-Titel kämpfen kann. Klar, im Motorsport muss auch das Team passen.

Pol Espargaro, Scott Redding

Pol Espargaro und Scott Redding kämpften 2013 um den Moto2-WM-Titel Zoom

Pol ist schon in der 125er-Klasse in seiner ersten vollen Saison auf das Podium gefahren. Hat Rennen gewonnen und wurde 2010 WM-Dritter. In der Moto2 lieferte er sich mit Marc Marquez viele Zweikämpfe, verlor aber das WM-Duell.

2013 wurde Pol nach langem Kampf mit Scott Redding Moto2-Weltmeister. Mit einem Yamaha-Werksvertrag in der Tasche ging es in die MotoGP, zunächst mit dem Satellitenteam Tech3. Er galt als möglicher Kandidat für das Yamaha-Werksteam.

Karriere von Aleix war schon fast zu Ende

Und Aleix? Seine Karriere war nach erfolglosen Jahren in den kleinen Klassen nach 2008 praktisch schon vorbei. Er war 2009 Testfahrer für die Moto2! Als Pramac-Ducati einen Ersatzfahrer gesucht hat, war er frei und erhielt seine erste MotoGP-Chance.

Das führte 2010 auch zu seiner ersten Saison in der Königsklasse. Aber Aleix hat selbst später zugegeben, dass das für ihn zu früh kam und er dafür nicht bereit war. Es ging zurück in die Moto2, wo er seinen ersten Podestplatz holte.

Yonny Hernandez, Aleix Espargaro, Michele Pirro

Über die CRT-Klasse kämpfte sich Aleix Espargaro zurück Zoom

Als er dann 2012 in der damals neuen CRT-Klasse einen Platz bei Aspar bekam, zählte er für mich eigentlich auch zu jenen Fahrern, die das Feld auffüllen. Dass er diese Klasse dann zweimal gewinnen würde, hätte ich nicht erwartet.

Bei Forward-Yamaha konnte er auch wegen der Vorteile des Open-Reglements vereinzelte Highlights setzen. Aber bei Suzuki stand er in den beiden Jahren eigentlich auch von der Performance her im Schatten von Maverick Vinales.

Der Wechsel zu Aprilia war eigentlich auch wieder wie ein letzter Strohhalm. Noch 2019 war die RS-GP so schlecht, dass Aleix oft hoffen musste, dass vor ihm ein paar Fahrer ausscheiden, um überhaupt WM-Punkte zu sammeln.

Aleix auf dem Höhepunkt

Pol war zu Beginn des KTM-Projekts in einer ähnlichen Situation. Aleix hat sich bis heute bei Aprilia durchgebissen. Pol hat Anfang 2020 während der ersten Corona-Lockdowns das Angebot von Honda angenommen.

Im Rückblick war das natürlich die falsche Entscheidung. Zum damaligen Zeitpunkt war sie eine große Chance. Niemand hätte sich ausmalen können, was alles mit Marc Marquez passieren würde und in welche Krise Honda schlittert.

Aleix Espargaro

Mit drei MotoGP-Siegen ist Aleix erfolgreicher als sein jüngerer Bruder Zoom

Wenn Pol bei KTM geblieben wäre, wäre er heute vermutlich mit Brad Binder die Speerspitze und hätte vielleicht auch schon das eine oder andere Rennen gewonnen. Aber die Realität ist aus seiner Sicht leider eine andere. Er hat bis heute kein einziges Rennen gewonnen.

Dafür schreibt Aleix die Schlagzeilen und ist der gefeierte Held. Pol steht im Schatten seines Bruders. Es ist schon interessant, wie sich das Bild der beiden in den vergangenen zehn Jahren umgedreht hat. Wahrscheinlich habe nicht nur ich unterschätzt, wie gut Aleix tatsächlich ist.

Denn jetzt hält er auch Vinales in Schach, gegen den er am Ende bei Suzuki kein Land mehr gesehen hat. Was Aleix gemeinsam mit Aprilia aufgebaut hat, ist eine wunderbare und beeindruckende Geschichte! Und sie zeigt, dass sich Hartnäckigkeit im Leben auszahlen kann.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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