Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Fabio Quartararo

Mit seiner Forderung nach mehr Leistung hat Fabio Quartararo Yamaha in die falsche Richtung geführt - Das Management der 300 PS Motoren sorgt für Grip und Speed

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Fabio Quartararo

In der Startaufstellung sieht Fabio Quartararo immer viele Bikes vor sich Zoom

das Flag-to-Flag-Rennen in Motegi war wirklich ein Spektakel! Ich bin immer sehr beeindruckt davon, was die Fahrer im Regen und bei so schwierigen Verhältnissen imstande sind zu leisten. Leider waren am Sonntag nur 40.900 Fans auf den Tribünen. Das ist im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie doch ein deutlicher Rückgang.

Die Situation der japanischen Marken spielt hier sicher eine Rolle. Suzuki ist weg, Honda und Yamaha haben keine Chance auf Siege. Wobei aus sportlicher Sicht das Wochenende für Honda gar nicht mal schlecht war. Sieg im Moto3-Rennen, Doppelsieg in der Moto2 und Platz drei im Grand Prix.

Im Trockenen war es für Marc Marquez natürlich viel schwieriger. Seine Onboard-Bilder haben das Problem schön gezeigt. Wenn er hinter einer Ducati war, hat er am Ausgang der Haarnadeln des Motegi-Kurses immer Boden verloren.

Dann musste er in der nächsten Bremsphase viel riskieren, um zumindest ein paar der verlorenen Meter zurückzugewinnen. Über eine Qualifyingrunde ist das machbar, aber nicht über die Renndistanz. Es fehlt Grip am Kurvenausgang.

MotoGP-Boxengassenreporter Simon Crafar hat in Motegi auf einen Faktor hingewiesen: "80 Prozent des Grips kommt vom Motorcharakter. Wenn dieser nicht passt, kann man das Problem nicht lösen. Man muss den Motorcharakter und die Leistungsentfaltung hinbekommen."

Marc Marquez, Marco Bezzecchi

Zu wenig Grip am Kurvenausgang ist das Hauptproblem der Honda Zoom

2021 durfte Crafar in Spielberg die KTM fahren und im Vorjahr die Ducati in Misano. "Die Ducati hat die sanfteste und linearste Leistungsentfaltung, die ich je in meinem Leben gespürt habe. Es fühlte sich langsam an, aber das ist es definitiv nicht", war sein Eindruck.

Honda hatte zum Misano-Test keinen weiterentwickelten Motor gebracht. Beim neuen Prototypen waren Chassis, Geometrie, Gewichtsverteilung und Sitzposition anders. Marquez war enttäuscht, da sich nichts grundlegend geändert hat. Ein neuer Motor ist für den Valencia-Test angekündigt.

Cal Crutchlow bestätigt Richtung von Massimo Meregalli

Beim Misano-Test hatte Yamaha eine neue Motorspezifikation dabei. Die Yamaha-Fahrer klagen so wie Honda über zu wenig Grip am Kurvenausgang. Fabio Quartararo fordert immer mehr Leistung und zeigte sich von diesem Motor enttäuscht.

Teammanager Massimo Meregalli tätigte ganz andere Aussagen. Laut seinen Analysen wurden die Erwartungen an diesen neuen Motor erfüllt. Die Situation hat sich widersprüchlich dargestellt, weil man mit Quartararo "nicht gut" kommuniziert hat.

Die maximale Leistung ist nicht entscheidend, sondern die Kraftentfaltung. In Motegi hat das Testfahrer Cal Crutchlow bestätigt: "Sagen wir, dass alle Motorräder 300 PS haben. Am Kurvenausgang nutzt man aber nicht 300 PS, sondern vielleicht nur 200 PS."

Cal Crutchlow

Mit seiner Erfahrung will Cal Crutchlow Yamaha in die richtige Richtung leiten Zoom

"Wir brauchen nicht mehr Power, sondern weniger. Ich weiß, was die anderen Hersteller machen und wie viele Newtonmeter sie am Kurvenausgang nutzen. Bei uns sind die Zahlen viel höher. Es geht darum, einen sanften Motor zu haben. Den haben wir nicht."

Ich durfte mir einmal einen MotoGP-Motor auf dem Prüfstand ansehen. Natürlich wollte ich wissen, wie viel Leistung so ein Highperformance-Triebwerk wirklich hat. Aber die Ingenieure konnten mir nur eine Zahl im Bereich von 300 PS nennen.

Denn so genau wissen sie es gar nicht, weil der Motor nicht auf maximale Leistung ausgelegt ist. Die Elektroniker geben viele Parameter vor, wie viel oder wenig Leistung in den verschiedenen Situationen abrufbar sein muss. Fahrbarkeit und im Endeffekt Grip stehen im Vordergrund.

Ein Beispiel dafür waren die Highsider von Marquez auf dem Sachsenring. Honda hatte die Leistungsentfaltung per Elektronik etwas verändert. Sie wurde zu aggressiv. Deshalb musste Stefan Bradl zwischen Sachsenring und Assen Elektronikeinstellungen in Misano testen.

Quartararos Forderung hat mehr Probleme erzeugt

Yamaha ist dem Wunsch von Quartararo nach mehr Leistung nachgekommen. Sowohl er als auch Franco Morbidelli bestätigen, dass der diesjährige Motor mehr Leistung hat. Aber er ist zu aggressiv, weshalb die Stärken der Yamaha verloren gegangen sind.

Es fehlt Grip, Kurvenstabilität und Kurvenspeed. Deshalb sind sie auf manchen Strecken langsamer als im Vorjahr. Rückblickend muss man festhalten, dass Quartararo mit seinem Wunsch nach mehr Leistung den falschen Weg eingeschlagen und den falschen Motor für dieses Jahr gewählt hat.

Dass der Reihenvierzylinder prinzipiell das falsche Konzept in der modernen MotoGP ist, glaube ich nicht. Suzuki hat noch im vergangenen Jahr bewiesen, dass man mit diesem Konzept konkurrenzfähig sein kann.

Fabio Quartararo

Zwei dritte Plätze waren bisher die besten Saisonergebnisse Zoom

Es war zwar schwierig eine Ducati am Ende der Geraden zu überholen, aber sie konnten mitfahren und verloren auf den ersten Metern am Kurvenausgang nicht so eklatant viel Zeit - weil die Leistungsentfaltung beim Grip half.

Im Hintergrund arbeitet nun Ex-Ferrari-Ingenieur Luca Marmorini mit Yamaha zusammen. Für den Valencia-Test und für den Sepang-Test sind zwei weitere Spezifikationen geplant. Ich bin auch gespannt, welchen Input Alex Rins mit seiner Erfahrung einbringen wird können.

Denn wir dürfen nicht vergessen, dass Quartararo bisher nur Yamaha gefahren ist. Und mit seiner "simplen" Forderung nach mehr Leistung, hat er Yamaha in die falsche Richtung geführt. Deshalb sind in diesem Jahr die Probleme noch größer als im Vorjahr.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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