Valentino Rossis Aufholjagd: Vom Albtraum aufs Brünn-Podest

Von zwölf auf zwei: Mit einer fulminanten Aufholjagd sichert sich Valentino Rossi in Brünn sein erstes MotoGP-Podest seit Barcelona - "Es war ein Risiko"

(Motorsport-Total.com) - Nachdem Valentino Rossi beim diesjährigen Deutschland-Grand-Prix auf dem Sachsenring bewiesen hatte, dass er auch im Nassen vorne mitschwimmen kann, den richtigen Zeitpunkt zum Bike-Wechsel dann aber verpasste, sollte beim Großen Preis von Tschechien 2016 alles besser werden. "Wir waren auf alles vorbereitet. Dieses Mal haben wir versucht, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Wahl zu treffen und zu stoppen", lautete Rossis Plan für ein erneutes Flag-to-Flag-Rennen.

Titel-Bild zur News: Daniel Pedrosa, Valentino Rossi

Valentino Rossi freut sich über Platz zwei in Brünn und 20 wichtige WM-Punkte Zoom

Doch dazu sollte es nicht kommen. Denn anders als von vielen MotoGP-Piloten erwartet, trocknete die Strecke über die 22 gefahrenen Runden nicht so schnell und so stark ab, als dass ein Wechsel auf Slicks Sinn gemacht hätte. Rossis Teamkollege Jorge Lorenzo und Yamaha-Privatier Bradley Smith können ein Lied davon singen: Sie wechselten auf Trockenreifen und gingen heillos baden. Im Falle von Lorenzo versuchte die Crew ihn sogar noch am Wechsel zu hindern - jedoch ohne Erfolg.

Ein derartiges Missverständnis blieb Rossi in Brünn glücklicherweise erspart. Das erste Mal seit vier Rennen landete der 37-Jährige wieder auf dem Podium und sicherte sich hinter Premieren-Sieger Cal Crutchlow und vor WM-Leader Marc Marquez Platz zwei. Dabei hatte es in der ersten Rennhälfte nicht danach ausgesehen, als könnte Rossi in die Vergabe der Podiumsplätze eingreifen. In der Startphase wurde der Italiener bis auf Position zwölf durchgereicht und steckte dort für die ersten acht Runden fest.

Harter Hinterreifen spült Valentino Rossi aufs Podium

Pünktlich zur Rennmitte konnte Rossi Platz um Platz gut machen. Der Schlüssel zum Erfolg waren die Reifen. Während viele seiner Kollegen auf weichen Regenreifen gestartet waren, hatte Rossi kurz vor dem Start hinten noch auf die härtere Mischung gewechselt. "In der Aufwärmrunde waren die Bedingungen ganz anders im Vergleich zu heute Morgen. Da war es viel nasser", erklärt er die Gründe. "Auf dem Grid gab es Verwirrung, jeder hat sich die anderen Bikes angeschaut, um sehen, ob jemand die Reifen wechselt."

Rossi entschied sich schließlich, noch einmal zu tauschen, ohne jedoch zu wissen, ob sich das Risiko auszahlen würde. "Zu Beginn dachte ich, dass die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Flag-to-Flag-Rennen sehr groß ist", gibt er zu, "aber mit dem Softreifen hinten hätten wir auf unserem Motorrad nach den ersten vier, fünf Runden zu viel Zeit verloren. Also habe ich überlegt, was ich mache, wenn es nach diesen vier, fünf Runden noch nicht trocken genug ist, um zu wechseln."


MotoGP in Brünn

Bei Yamaha nahm man es daher in Kauf, zu Beginn etwas mehr Zeit zu verlieren, sich zugleich aber eine Art Puffer zu verschaffen, um im Falle eines Bike-Wechsels richtig reagieren zu können. Im Nachhinein die richtige Entscheidung - auch ohne Wechsel. "Die anderen Yamahas mit Pol [Erspargaro] und [Bradley] Smith hatten nach den ersten paar Runden mit dem weichen Reifen zu kämpfen", weiß Rossi, der es bereute, nicht auch noch den Vorderreifen getauscht zu haben: "Ich war nicht so mutig wie Cal."

Rossis Ziel: WM-Platz zwei vor Lorenzo sichern

Als dieser mit großen Schritten durch das Fahrerfeld pflügte und klar war, dass die Strecke für ein Flag-to-Flag-Rennen nicht mehr weit genug antrocknen würde, sah auch Rossi seine Chance gekommen: "Cal hat mich überholt und er war sehr schnell. Ich wusste, dass er auf harten Reifen unterwegs war. Ab da habe ich versucht, durchzufahren und keine Fehler zu machen. Die zweite Hälfte hat dann wirklich Spaß gemacht", gesteht Rossi, der zuletzt bei seinem Barcelona-Sieg auf dem Treppchen stand.


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"Das ist lange her und ich wurde langsam wirklich traurig. Nach Barcelona war ich in einigen Rennen konkurrenzfähig, aber ich hatte Pech oder habe zu viele Fehler gemacht. Das hat mich einige Punkte gekostet", blickt der Italiener zurück. "Deshalb ist dieses Ergebnis so wichtig für mich und das Team. Die 20 Punkte sind natürlich auch sehr wichtig für die Weltmeisterschaft, insbesondere im Kampf mit Lorenzo habe ich dazu gewonnen und bin jetzt Zweiter."

53 Punkte trennen ihn von Marquez, der die WM-Tabelle vor dem nächsten Grand Prix in Silverstone mit 197 Zählern anführt. Auf Rang drei liegt Lorenzo mit 138 Punkten. Rossi will den Platz vor seinem Teamkollegen verteidigen hat aber auch die Markenkonkurrenz im Blick, die er vor allem im Regen fürchtet. "Unter diesen Bedingungen tun wir uns generell sehr schwer mit dem Motorrad. Das ist etwas, wo wir uns verbessern müssen", sagt er - insbesondere mit Blick auf das britische Wetter in zwei Wochen.