Startunfall sorgt für Abbruch: "Einige Leute verlieren im Sprint den Verstand"

Die Meinungen über den Unfall im Jerez-Sprint in Kurve 2 gehen auseinander - Einig sind sich die Fahrer nur, dass es in den kurzen Sprintrennen extrem aggressiv zugeht

(Motorsport-Total.com) - Ein brenzliger Unfall mit mehreren Fahrern sorgte beim Grand Prix von Spanien in Jerez für einen Abbruch des Sprintrennens. Direkt nach dem Start kam es in Kurve 2 zu einer Kettenreaktion, in deren Folge vier Fahrer zu Sturz kamen. Glücklicherweise blieben alle unverletzt.

Titel-Bild zur News: Franco Morbidelli, Alex Marquez, Marco Bezzecchi

Die Momente nach dem Unfall in Kurve 2 direkt nach dem Sprint-Start Zoom

Auslöser der Situation war Franco Morbidelli, der in Kurve 2 ganz innen war. Es kam am Scheitelpunkt zu einer Berührung zwischen seiner Yamaha und der Gresini-Ducati von Alex Marquez. Auch Johann Zarco (Pramac-Ducati) wurde dabei angerempelt, blieb aber sitzen.

Morbidelli und Alex Marquez stürzten. Marco Bezzecchi (VR46-Ducati) konnte nicht mehr ausweichen, krachte in die beiden Motorräder und flog ebenfalls ins Kiesbett. In diesem Chaos rutschte auch noch Augusto Fernandez von seiner Tech3-GasGas-Maschine.

Der Sprint musste unterbrochen werden, weil die Ducati von Bezzecchi im Kiesbett Feuer gefangen hatte. Alle vier Fahrer konnten beim Neustart (die meisten mit ihren Ersatzmotorrädern) teilnehmen, in dem es dann beim Start zu keinem erneuten Zwischenfall kam.

War es ein normaler Rennunfall, wie er in der ersten Runde vorkommen kann, oder war es ein Sturz, der auf das kurze und stressigere Sprintformat zurückzuführen war? Die meisten Fahrer meinten Letzteres.

"Das war sicher ein Sprint-Crash", findet LCR-Honda-Fahrer Alex Rins. "Morbidelli war so weit innen. Alex hat Morbidelli dort wahrscheinlich nicht erwartet. Zum Glück ist nichts passiert. Es war sehr knapp, dass ich Morbidelli nicht erwischt habe."

Deutlichere Worte findet Fabio di Giannantonio (Gresini-Ducati): "Ich glaube, dass einige Leute ihren Verstand verlieren, wenn wir diese Sprintrennen starten. Es ist unglaublich, wie manche Fahrer ohne Grund um 100 Prozent aggressiver fahren."


Fotostrecke: Der Startcrash im Sprintrennen von Jerez Bild für Bild

"Okay, in der MotoGP ist das Überholen schwierig. In den ersten Runden muss man versuchen, einige Positionen gutzumachen. Aber man sollte nicht stürzen. Es gibt einige wenige Fahrer, die immer das Gleiche machen." Namen nennen wollte der Italiener keine.

Alex Marquez und Morbidelli haben verschiedene Meinungen

Und wie erlebten die Beteiligten den Unfall? "Ich habe mich in diesem Moment geärgert, aber ich hatte ehrlich gesagt Glück", sagt Alex Marquez. "Nein, ich habe Franco nicht gesehen. Er war in der ersten Runde etwas verrückt - auch im zweiten Rennen."

"Ich hatte das überhaupt nicht erwartet. Ich war komplett innen und habe ein Motorrad gehört. Dann habe ich den Kontakt gespürt. Wir hatten Glück, dass uns niemand getroffen hat. Ich hatte auch im zweiten Rennen 15 Feindberührungen. Es war heute etwas verrückt, aber das ist Racing."

Alex Marquez

Alex Marquez schied nach dem Neustart auch durch Sturz in Kurve 2 aus Zoom

Morbidelli sieht die Sache etwas anders, denn er betont: "Ich habe gar nicht versucht, ihn zu überholen. Ich bin meine Kurve gefahren. Das war komplett ein Sprint-Crash, weil zu Beginn viel überholt wird. Alex wurde von Fabio [Quartararo] überholt und ist etwas weit gegangen."

"Ich sah eine Lücke und wollte meine Kurve schön eng fahren. Ich wollte ihn gar nicht überholen. Ich weiß nicht, ob er mich nicht gesehen hat, aber er hat die Linie geschnitten und wir haben uns berührt und sind gestürzt."

"Ich bin froh, dass nichts Ernstes passiert ist, weil ich mitten auf der Strecke war. Ich möchte mich bei 'Taka' [Nakagami] bedanken, denn er hat reflexartig reagiert. Er verdient sich dafür ein schönes Geschenk. Er hat mich zwar berührt, aber es hätte viel schlimmer sein können."

Bezzecchi konnte nicht mehr ausweichen

Glück hatte auch Bezzecchi, der im ersten Moment regungslos im Kiesbett lag. Aber der Italiener stand wenige Momente später wieder auf seinen Beinen. "Meine linke Körperhälfte schmerzt", seufzt der WM-Führende.

"Ich kam wegen Maverick [Vinales] etwas von der Linie ab. Als ich zurückkehrte, sah ich Francos Motorrad vor mir auf dem Boden und konnte nichts mehr tun. Was im Rennen passiert ist, ist eine Konsequenz des Qualifyings." Denn er hatte es nicht ins Q2 geschafft und war im Mittelfeld.

Marco Bezzecchi

Nach bangen Momenten stand Marco Bezzecchi wieder auf seinen Beinen Zoom

Einig waren sich die Fahrer, dass der ruhige Sprint in Austin nur eine Ausnahme aufgrund der dortigen Streckencharakteristik war. In Jerez wurde wieder so aggressiv wie in Portimao und in Termas de Rio Hondo gefahren.

"Es geht so eng zu. Jede Position zählt so viel. Wenn man eine Position gutmacht, dann hält man sie wahrscheinlich das ganze Rennen, weil Überholen so schwierig geworden ist", hält Morbidelli fest. "Das ist das Ergebnis. Die Leute riskieren, riskieren und riskieren sehr viel."

Alex Marquez teilt die Einschätzung: "Die Herangehensweise ist noch aggressiver geworden, weil jetzt alle wissen, worum es geht. Wie gesagt, das ist Racing. Er hat das Limit überschritten, weil es innen keinen Platz gegeben hat."

Eine Untersuchung der Rennkommissare wurde zunächst nicht vermeldet. "Die Rennkommissare sind wie eine Lotterie", merkt Alex Marquez deshalb süffisant an. "Wir werden sehen, wie sie diesmal entscheiden." Morbidelli hat schließlich für seinen nächsten Grand Prix eine Long-Lap-Strafe erhalten.