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Rainey: "Bewundere Fahrer, die sehr hart kämpfen"

Motorrad-Legende Wayne Rainey bewertet die Titelkonkurrenten und sieht keinen eindeutigen Favoriten - Die Gründe, warum die US-Amerikaner keine Rolle spielen

(Motorsport-Total.com) - Die Weltmeisterschaft startet an diesem Wochenende in Indianapolis in die zweite Saisonhälfte. In den ersten neun Rennen überstrahlte Wunderkind Marc Marquez die etablierte Konkurrenz, feierte drei Siege, stand bei acht Grands Prix auf dem Podest und führt die WM-Wertung an. Sein Honda-Teamkollege Dani Pedrosa und Titelverteidiger Jorge Lorenzo (Yamaha) stellten sich zuletzt selbst ein Bein und ließen verletzungsbedingt einige WM-Punkte liegen. Hinter den drei Spaniern hat auch Superstar Valentino Rossi (Yamaha) noch Außenseiterchancen. Sein Rückstand auf Marquez beträgt 46 Zähler.

Titel-Bild zur News: Wayne Rainey

Wayne Rainey ist meistens bei den US-Rennen im Fahrerlager anzutreffen

Fans und Beobachter freuen sich auf eine spannende zweite Saisonhälfte und einen engen Schlagabtausch. "Ich habe keinen Favoriten, aber ich bewundere Fahrer, die sehr hart kämpfen", wird Wayne Rainey von 'MotoGP.com' zitiert. Der US-Amerikaner wurde in der Königsklasse dreimal Weltmeister und zählt zu den größten Motorradrennfahrern aller Zeiten. "Ich schätze Jungs, die immer um den Sieg kämpfen, sehr konstant sind und immer WM-Anwärter sind."

"Ich respektiere diese Jungs. Ich verstehe auch die Hingabe, die es braucht, um das zu erreichen. Die anderen Jungs füllen nur das Feld auf", meint Rainey nüchtern. Vom Gesamtpaket sticht für ihn ein Fahrer heraus: "Im Moment gibt es nur einen Fahrer, der genau so ist. Das ist Jorge. Er ist bis vor Kurzem der konstanteste Fahrer gewesen." Konstanz zeigte in den vergangenen Wochen auch Rossi. Stück für Stück arbeitete sich der Routinier an die Spitze heran und stand zuletzt dreimal in Folge auf dem Podest.

"Ich glaube, dass seine Chancen besser geworden sind, weil Dani und Jorge verletzt waren. Ich bewundere Valentino nicht wegen seiner Statistiken oder WM-Titel sehr, sondern wegen seines Begehrens gegen die jungen Kids zu kämpfen. Er will das Risiko eingehen und das Motorrad so fahren, dass er jetzt wieder um einen WM-Titel kämpfen kann", zollt Rainey dem siebenfachen MotoGP-Champion Respekt. "Er hat Spaß, es sieht so aus, dass er mehr Spaß hat als frustriert zu sein."


Fotos: MotoGP in Laguna Seca, Girls


"Selbst wenn er nicht gewinnt, dann wirkt er nicht so frustriert. Das erstaunt mich, denn ich wäre nicht so glücklich", gibt der 24-fache Grand-Prix-Sieger zu. Dennoch stehen die Chancen sehr hoch, dass in diesem Jahr ein Spanier Weltmeister wird. Pedrosa musste die WM-Führung aufgrund seiner Verletzung auf dem Sachsenring abgeben, befindet sich mit 16 Punkten Rückstand aber in Schlagdistanz zu seinem Landsmann Marquez. "Dani hat den puren Speed. Er fährt sehr präzise, aber ich glaube er hat ein Problem, wenn das Tempo erhöht wird oder der Reifen nachlässt."

Valentino Rossi

Wayne Rainey bewundert Altmeister Valentino Rossi für seine Hingabe Zoom

"Soweit ich sehen kann, kann er das Motorrad dann nicht so korrigieren, um es anzupassen. Ich glaube nicht, dass er die körperliche Stärke hat, das Motorrad zu zwingen, wenn die Performance nachlässt. Die anderen Fahrer scheinen das etwas besser zu können", schätzt Rainey den amtierenden Vizeweltmeister ein. Ob Lorenzo, Pedrosa oder Rossi - sie alle wurden in der ersten Saisonhälfte von Marquez überschlagt.

Marquez ist ein Naturtalent

Auch Rainey ist von dem Rookie überzeugt. "Es ist noch etwas zu früh zu sagen, aber soweit ich sehen kann, hat er einen unglaublichen Job abgeliefert. Er ist ein fantastisches Talent. Er ist ein purer Racer. Es ist unglaublich, dass er schon jetzt auf dem Level von Jorge, Vale und Pedrosa fahren kann. Ihm sind noch zu viele Fehler unterlaufen. Das Level ist sehr hoch. Wenn man gegen diese Jungs fahren kann, passieren Fehler, weil ihm noch die Erfahrung fehlt. Ich glaube, dass die Unerfahrenheit ihn noch zurückhält."

"Er macht das aber mit seinem Naturtalent wett. Wenn bei Pedrosa zum Beispiel die Reifen nachlassen, dann passt sich Marquez natürlich an. Er passt sich daran an, aber ich glaube, dass er nicht genau weiß wie. Er macht das einfach, weil das Motorrad es verlangt. Das ist einfach das Talent", streicht Rainey hervor. Spanier dominieren derzeit die Motorrad-WM. In dieser Saison könnten alle drei Titel an die iberische Halbinsel gehen. Lediglich Rossi in der MotoGP und der Brite Scott Redding in der Moto2 können die Titelvergaben noch internationaler gestalten.

Marc Marquez

Marc Marquez macht mit Talent den Erfahrungsnachteil wett Zoom

Dagegen ist die große Zeit der US-Amerikaner vorbei. Kenny Roberts, Freddy Spencer, Eddie Lawson, Kevin Schwantz, Randy Mamola und natürlich Rainey dominierten die 1980er und frühen 1990er Jahre. Im Jahr 2000 holte sich Kenny Roberts Jun. die Krone und 2006 wurde Nicky Hayden als letzter US-Amerikaner Weltmeister in der Königsklasse. Die Zukunft von Hayden ist derzeit ungewiss. Auch Ben Spies konnte bisher die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen.

Spanier sind derzeit die besten Fahrer der Welt

Zudem mangelt es an Nachwuchs aus dem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten." Rainey sieht hauptsächlich einen Grund dafür: "Als ich noch gefahren bin, haben die US-Amerikaner über 15 Jahre lang dominiert. Nachdem Schwantz aufgehört hat, schien es auf europäischer Seite eine Veränderung gegeben zu haben. Sie änderten ihre Technik und fuhren mehr auf Dirt. Das gibt dir mehr Selbstvertrauen und lernt dir, wie du aggressiv fahren musst, dabei aber kaum Fehler machst. Man übt nämlich ständig. Wenn sie uns schlagen wollten, dann mussten sie es so machen."

"In Spanien wurde die nationale Meisterschaft sehr stark", so Rainey bei 'MotoGP.com'. "Es gab viele gute Teams und der Rennsport war in Spanien sehr populär. Es gab Unterstützung der Öffentlichkeit und des Verbandes. Sie hatten auch viele Rennstrecken. In Amerika gab es das nicht. Der größte Unterschied zu meiner Zeit und heute ist Social Media. Wenn ein junger Fahrer heute ein gutes Rennen gefahren ist, kann man es sofort im Internet lesen. Manche Nachwuchsfahrer denken sich, dass sie dadurch berühmt sind und deshalb gut sind."

"Bevor man nicht in der MotoGP gewonnen hat, ist man ein Niemand." Wayne Rainey

"Das bedeutet aber eigentlich gar nichts. Bevor man nicht in der MotoGP gewonnen hat, ist man ein Niemand. Vielleicht verlieren sie dadurch etwas den Fokus. Wenn ich ein Teambesitzer wäre und einen großen Sponsor hätte, dann würden wir die besten Fahrer der Welt nehmen. Derzeit sind das die Spanier. Man muss sich in Spanien umsehen. Derzeit gibt es keine Möglichkeiten für Amerikaner. Man darf den Spaniern nicht die Schuld dafür geben, dass ihre Meisterschaft so stark ist."