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  • 05.06.2022 18:27

  • von J. Ziegengeist, Co-Autoren: M. Bremer, O. Puigdemont

"Nicht akzeptabel": Rins und Bagnaia üben nach Startcrash deutliche Kritik

Takaaki Nakagami räumt Francesco Bagnaia und Alex Rins noch vor der ersten Kurve ab, eine Strafe gibt es nicht - Für die unverschuldeten Gestürzten ein Unding

(Motorsport-Total.com) - Für Francesco Bagnaia (Ducati), Takaaki Nakagami (LCR-Honda) und Alex Rins (Suzuki) war der Grand Prix von Katalonien in Barcelona schon nach wenigen Metern vorbei. Die drei MotoGP-Piloten kollidierten kurz nach dem Start in der Anfahrt auf die erste Kurve und konnten das Rennen nicht fortsetzen.

Titel-Bild zur News: Sturz: Francesco Bagnaia, Takaaki Nakagami, Alex Rins beim Start zum GP Katalonien 2022 in Barcelona

Alex Rins schleuderte es bei dem Startcrash hoch durch die Luft Zoom

Auslöser des Zwischenfalls war Nakagami, der auf der Bremse übers Vorderrad wegrutschte und Bagnaia vor sich sowie Rins hinter sich mitriss. Die Rennleitung kündigte eine Untersuchung an, leitete aber keine weiteren Maßnahmen ein. Eine Strafe blieb aus.

Für Rins, der mit Nakagami bereits vor einer Woche in Mugello aneinander geraten war, ist das vollkommen unverständlich. "Zuallererst hoffe ich, dass Taka okay ist. Ich traf ihn im Krankenhaus und er sah ziemlich angeschlagen aus. Aber er kann so nicht weiterfahren", nimmt der Suzuki-Kollegen seinen Kollegen in die Pflicht.

"Niemand will, dass sich ein Konkurrent verletzt. Aber er war in dieser Situation über dem Limit", urteilt der Spanier und prangert die Entscheidung der Rennleitung an. "Das ist inakzeptabel. Was die Rennleitung und die Stewards entscheiden, ergibt überhaupt keinen Sinn. Ich verstehe nicht, warum es keine Maßnahmen gab."

Rins sieht Nakagami als Wiederholungstäter

"Schon in Mugello sagte ich zu Freddie (Spencer, Vorsitzender des Stewards Panel), dass so etwas genauso hart bestraft werden müsste wie bei Öncü im Vorjahr. Es ist verrückt. Heute haben alle gesehen, dass die Stewards nicht auf dem Niveau der MotoGP sind."

Zur Erklärung: Moto3-Pilot Deniz Öncü war 2021 für zwei Rennen gesperrt worden, nachdem er beim Grand Prix of the Americas in Austin eine verheerende Kettenreaktion ausgelöst hatte. Drei Fahrer kamen damals unverschuldet zu Sturz.

Dass nicht auch in der MotoGP so hart durchgegriffen wird, ärgert Rins. "Wir fahren mit 350 km/h. Das ist kein Spiel", sagt er. "Zunächst einmal hat Taka die Strecke (beim Start) etwas aggressiv überquert. Er hätte leicht andere Fahrer treffen können. Zweitens hat er so spät gebremst, dass ihm das Vorderrad wegklappen musste."

In der Sicherheitskommission am Freitag habe Rins das Thema bereits angesprochen - in Anwesenheit von Renndirektor Mike Webb. "Was den Vorfall in Mugello angeht, waren die Fahrer geteilter Meinung, wer schuld hatte", verrät der Suzuki-Pilot.

"Aber als es um die Stewards ging, waren sich alle einig. Sie machen ihre Arbeit nicht gut, das ist offensichtlich. Ich werde da mit Sicherheit Druck machen." Am liebsten würde er alle drei Rennkommissare austauschen: "Es braucht jüngere Leute, die in der neuen Ära gefahren sind und vielleicht schon zurückgetreten sind."

Bagnaia in der WM jetzt endgültig chancenlos?

Besonders bitter für Rins: Für ihn war nach dem Crash nicht nur das Rennen vorbei. Er hatte sich auch verletzt: "Mein linkes Handgelenk scheint gebrochen zu sein. Wir müssen das noch checken lassen, aber es sieht schlecht aus, denn ich kann es kaum bewegen."

"Jetzt bin ich verletzt, und weil ein anderer Fahrer mich abgeräumt hat, ist meine Chance auf den Titel endgültig dahin. Das gilt auch für Pecco. Er hatte eine Chance auf die Meisterschaft, aber ich glaube nicht, dass er in diesem Jahr noch darum kämpfen kann."

Hatte Bagnaia mit seinem Sieg in Mugello in der Gesamtwertung zuletzt Boden gutmachen können, warf ihn der unverschuldete Nuller nun wieder zurück. Satte 66 Punkte fehlen dem Ducati-Piloten nach neun Rennen auf WM-Leader Fabio Quartararo (Yamaha).

Francesco Bagnaia

Vom Gegner abgeschossen: Francesco Bagnaia war ähnlich wie Rins machtlos Zoom

"Ich bin nicht wütend, einfach nur enttäuscht", sagt Bagnaia nach seinem frühen Aus in Barcelona und schließt sich den Worten von Leidensgenosse Rins an: "Zunächst bin ich froh, dass Taka einigermaßen okay ist, denn der Sturz war heftig. Aber ich bin nicht einverstanden mit der Rennleitung, die nichts tut."

"Er (Nakagami) macht so etwas immer wieder. Von einem professionellen Fahrer wie ihm sollte man mehr erwarten können, als am ersten Bremspunkt in der ersten Runde zu stürzen, nachdem er von Platz zwölf gestartet ist und jeden gleich in der ersten Kurve überholen wollte. Ich weiß nicht, was er sich gedacht hat."

Fahrer einig: Darf kein normaler Rennunfall sein

Bagnaia wolle das Gespräch mit Nakagami suchen, wenn der LCR-Pilot wieder zurück ist, findet für dessen Fahrweise aber ähnlich klare Worte wie Rins: "In Mugello und auch hier war es derselbe Fahrer, der Stürze ausgelöst hat, und das ist nicht akzeptabel."

Schließlich gehe es auch um das Thema Sicherheit. Hier sieht Bagnaia die Rennkommissare in der Pflicht. "Aus meiner Sicht haben sie heute einen Fehler gemacht. Zumal es ja schon einen Vorfall in Mugello gab", betont der Ducati-Pilot. "Dass auch diesmal nichts weiter unternommen wurde, ist für mich unbegreiflich."

"Er kam von so weit hinten angeschossen. Ich will mir Takas Daten gar nicht ansehen. Schon die TV-Bilder allein reichen aus, um zu wissen, dass er den Bremspunkt verpasst hat. Insofern ist es schwer zu verstehen, warum so entschieden wurde", so Bagnaia.

Die Kollision als normalen Rennunfall zu werten, hält auch Suzuki-Teammanager Livio Suppo für falsch. Er verrät: "Wir haben einen Protest an die Stewards geschickt. Sie haben den Vorfall überprüft, für sie war es ein Rennunfall. Für mich ist das nicht akzeptabel."

"Ich denke, sowohl Alex als auch Pecco haben es verdient zu erfahren, wie groß der Fehler war, den er (Nakagami) gemacht hat. Es war eindeutig ein Fehler. Man kann anhand der Daten ja leicht überprüfen, wie viele Meter nach dem üblichen Bremspunkt er gebremst hat. Dazu kommt, dass er von links nach rechts gefahren ist."

"Wenn die Rennleitung denkt, dass so etwas ein normaler Unfall ist, müssen wir darüber nachdenken. Für uns ist das nicht akzeptabel. Ein Fehler kann passieren, aber dieser war wirklich groß", hält Suppo fest. Das letzte Wort scheint da noch nicht gesprochen.

Nakagami selbst konnte sich zu dem Vorfall unmittelbar nach dem Rennen nicht äußern, da er sich zu Untersuchungen im Krankenhaus befand. LCR-Honda gab via Twitter bekannt, dass keine schweren Kopfverletzungen festgestellt worden seien. Nakagami spüre Schmerzen in der rechten Schulter, das Schlüsselbein sei aber in Ordnung.