• 18.10.2023 10:00

  • von M.Fritzsche, Co-Autoren: O.Puigdemont, X.Yunita, A.Gomez

Mit Guintoli an der Spitze: MotoGP-Fahrervereinigung zeichnet sich ab

Sylvain Guintoli wurde von den MotoGP-Piloten als Interessenvertreter auserkoren und soll künftig eine offizielle Vereinigung anführen - Der aktuelle Stand der Dinge

(Motorsport-Total.com) - Im MotoGP-Fahrerlager werden die Rufe nach einer Fahrervereinigung, wie es sie in der Formel 1 gibt, lauter. Als Vorsitzender und damit Interessenvertreter der MotoGP-Piloten in diversen Fragen, wie beispielsweise Sicherheit, Kalender, Gehalt und mehr, ist der ehemalige MotoGP-Fahrer Sylvain Guintoli im Gespräch. Laut Informationen unserer Kollegen von Motorsport.com Spanien arbeitet Guintoli derzeit an den notwendigen Schritten.

Titel-Bild zur News: Gruppenfoto: Alle Piloten und Bikes für die MotoGP-Saison 2023

Gruppenfoto: Alle Piloten und Bikes für die MotoGP-Saison 2023 Zoom

Grundsätzlich gibt es die Idee eine MotoGP-Fahrervereinigung schon seit Jahren. Aber erst in der laufenden Saison 2023 hat das Thema genügend Fahrt aufgenommen, dass ein Inkrafttreten einer solchen Vereinigung in offizieller Form nur noch eine Frage der Zeit ist.

Am Rande des Katalonien-Wochenendes Anfang September in Barcelona fand diesbezüglich ein erstes Meeting statt. Als ersten Schritt haben sich die MotoGP-Piloten darauf verständigt, eine WhatsApp-Gruppe zu gründen, in der sie untereinander Gedanken und Ideen austauschen.

"Bis jetzt sind wir Fahrer eine Gruppe, aber keine Vereinigung", sagt der aktuelle MotoGP-Weltmeister Francesco Bagnaia und merkt an, dass eine Fahrervereinigung "sicherlich hilfreich wäre, um unsere Gefühle mitzuteilen. Wir haben zwar grundsätzlich keine Probleme, aber manchmal ist es einfach besser, gemeinsam zu sprechen, bevor etwas entschieden wird".

Vorgeschmack am Indien-Samstag

Als einen Vorgeschmack sieht Bagnaia, wie sich der Großteil der MotoGP-Piloten am Samstag des Indien-Wochenendes (23. September) einig war, dass man den Sprint bei Regen nicht starten würde. Vorher hatte es keine Möglichkeit gegeben, auf dem für die Motorrad-WM neuen Buddh International Circuit bei Regen zu fahren, weil es erst kurz vor der geplanten Startzeit des Sprints zu regnen anfing.

Als Kompromiss wurde ein 15-minütiges Sondertraining auf abtrocknender Strecke angesetzt. Der Sprint selber wurde eineinhalb Stunden nach hinten verschoben. Letzten Endes ging das kurze Samstagsrennen auf komplett trockener Strecke über die Bühne. Die Verschiebungen im Zeitplan waren das Ergebnis aus der Unterhaltung in der WhatsApp-Gruppe der MotoGP-Piloten.

MotoGP-Bikes in der Boxengasse des Buddh International Circuit in Indien

Am Indien-Samstag wurde von den MotoGP-Fahrern einiges bewirkt Zoom

Besagtes Indien-Wochenende war es auch, an dem der Name Sylvain Guintoli ins Spiel gebracht wurde. "Ich weiß nicht mehr, wer es war, der Sylvains Namen vorgeschlagen hat", erinnert sich Aleix Espargaro, "aber er ist ein guter Kandidat. Er ist ein guter Kerl, der über viel Erfahrung verfügt, der gut Englisch spricht und der die Weltmeisterschaft sehr gut kennt".

Worum es den MotoGP-Fahrern geht

Fabio Quartararo sagt: "Wir brauchen in Situationen wie etwa der in Silverstone, als bei Regen gefahren wurde, einfach jemanden, der sagt: 'Das ist sehr riskant'. Momentan ist es so, dass wir als Fahrer zwar immer wieder um etwas bitten, aber keine Antwort bekommen. Wenn es in Zukunft jemanden gibt, der die Richtung verkündet, über die sich alle einig sind, dann ist das sicherlich eine große Hilfe."

"Für mich stellt sich die Frage nach dem Warum gar nicht", sagt Aleix Espargaro über eine sich abzeichnende MotoGP-Fahrervereinigung. "Dass sich die Sportler zusammenschließen, das gibt es in jedem Sport. Es geht dabei nicht um ein Warum, sondern das ist einfach notwendig. Ich halte es für eine gute Idee, eine Fahrervereinigung zu haben."

Sylvain Guintoli

Führt Sylvain Guintoli bald eine MotoGP-Fahrervereinigung an? Es sieht danach aus Zoom

Als Kernpunkte, die in einer MotoGP-Fahrervereinigung besprochen würden, nennt Espargaro "Kalender" und "Sicherheit". Johann Zarco ergänzt: "Es geht darum, dass wir Ideen für das Technische Reglement einbringen können. Bislang läuft das ja ausschließlich über die Teams. Es geht dabei auch um das Thema Sicherheit und das Thema Überholen. In diesem Jahr ist das Überholen nahezu unmöglich geworden."

Und Zarco spricht noch einen anderen Punkt an: "Wir fahren mittlerweile 40 Rennen im Jahr und haben jede Menge Arbeit für das Fernsehen zu erledigen. Dafür wollen wir ein gewisses Grundgehalt. Das ist zumindest für die Fahrer in Satellitenteams ein Thema."

Zum Thema Mindestgehalt meint Luca Marini: "Wenn es so kommt, dann wären alle glücklich, nicht zuletzt ich. Ich glaube zwar, dass es sehr schwierig wird, so etwas durchzusetzen. Aber es stimmt schon, dass der Stress und der Zeitaufwand unglaublich geworden sind. Als MotoGP-Fahrer hast du es heutzutage am Wochenende wirklich nicht leicht."

"Wenn das Motorrad gut funktioniert", so Marini weiter, "dann ist der Job einfacher. Wenn du aber Probleme hast und Stunden in der Box verbringen musst, dann brauchst du einfach auch mal vier, fünf Stunden, in denen du nicht in der Box bist. Die aber sind inzwischen sehr schwer zu bekommen".

GPDA der Formel 1 als Vorbild

"Insgesamt geht es einfach darum, einen besseren Sport, eine bessere Show für alle zu erzielen", sagt Marini zum Thema Fahrervereinigung und bestätigt: "Es gibt Gespräche, denn das ist ja auch in unserem Interesse."

Das Vorbild für eine MotoGP-Fahrervereinigung ist die Fahrervereinigung in der Formel 1, die GPDA (Grand Prix Drivers' Association). Der Vorsitzende der GPDA ist seit 2014 der ehemalige Formel-1-Pilot Alexander Wurz. Der aktuelle Fahrervertreter der GPDA nach außen ist Mercedes-Pilot George Russell.

Alexander Wurz

In der Formel 1 ist Alexander Wurz der Vorsitzende der Fahrervereinigung GPDA Zoom

Von Formel 1 auf MotoGP übertragen, würde Sylvain Guintoli die Rolle übernehmen, wie sie Alexander Wurz bekleidet. Guintoli war zwar am zurückliegenden MotoGP-Wochenende in Indonesien nicht vor Ort, plant aber am Malaysia-Wochenende in Sepang (10. bis 12. November) vor Ort zu sein.

Bis dahin will Guintoli laut Informationen unserer Kollegen von Motorsport.com Spanien ein Dokument aufsetzen, das die Verantwortlichkeiten definiert und das idealerweise von allen MotoGP-Piloten unterzeichnet wird.

In seiner aktiven MotoGP-Karriere war Guintoli in der Saison 2007 für Tech3-Yamaha, in der Saison 2008 für Pramac-Ducati am Start. Im Zeitraum 2017 bis 2019 war der Franzose als Testfahrer bei Suzuki angestellt und hat in diesen drei Jahren noch zehn MotoGP-Rennen bestritten, die meisten davon mit einer Wildcard. Guintolis bestes MotoGP-Ergebnis ist ein vierter Platz, den er in Motegi 2007 für Tech3-Yamaha eingefahren hat.

Seine größten Erfolge als Fahrer feierte Guintoli abseits der Motorrad-WM. So wurde er im Jahr 2014 als damaliger Aprilia-Werkspilot Weltmeister in der Superbike-WM (WSBK). Im Jahr 2021 errang Guintoli für Yoshimura-Suzuki gemeinsam mit Xavier Simeon und Gregg Black den Titel in der Motorrad-Langstrecken-WM (FIM EWC).

Sylvain Guintoli

Guintolis letztes MotoGP-Rennwochenende als Fahrer: Motegi 2019 für Suzuki Zoom

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