Lorenzo: "Wir haben beide einen Fehler gemacht"

Jorge Lorenzo spricht über seinen Sieg auf Phillip Island und nimmt bei der Kollision mit Marc Marquez eine Teilschuld auf sich

(Motorsport-Total.com) - Jorge Lorenzo (Yamaha) siegte heute beim Großen Preis von Australien in einem Rennen, das die MotoGP so schnell nicht vergessen wird. Denn zum ersten Mal gab es ein sogenanntes "Flag-to-flag"-Rennen mit einem vorgeschriebenen Boxenstopp, da Reifenlieferant Bridgestone, der vom neuen Asphalt auf Phillip Island überrascht wurde, nur für maximal zehn Runden die Sicherheit der Reifen garantieren konnte. "Es war ein verrücktes, chaotisches Rennen", lautet Lorenzos Fazit. "Das war für alle Beteiligten sehr schwierig, wie mussten auf alle Eventualitäten vorbereitet sein."

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo, Marc Marquez

Jorge Lorenzo machte heute 25 Punkte auf Marc Marquez gut Zoom

Doch der Reihe nach: Lorenzo gelang von der Pole-Position aus wieder einmal ein Blitzstart, mit dem er die Führung übernahm. Der amtierende Weltmeister wollte anschließend seine übliche Taktik anwenden und die Flucht nach vorne antreten, doch die aufgrund des hohen Zeitenniveaus gelang ihm dies nicht. "Die Strecke war sehr schnell, wir sind tiefer 1:28er Zeiten gefahren, nicht weit von der Pole-Zeit entfernt. Marc und Dani waren sehr schnell, ich konnte keinen großen Vorsprung herausfahren", sagt er.

Nach einem Fahrfelder war selbst der geringe Vorsprung vor Marc Marquez und Dani Pedrosa dahin. "Ich wäre dann in einer Kurve im ersten Gang fast gestürzt und musste die Kupplung betätigen, woraufhin Marc wieder an meinem Hinterrad war", berichtet Lorenzo. So kam dem Pflichtboxenstopp eine rennentscheidende Bedeutung zu. "Wir haben den Wechsel des Motorrads oft trainiert, was einer der Schlüssel zum Sieg war", sagt Lorenzo. "Im Warmup war ich noch sehr langsam, aber dann haben wir die Strategie verändert, wodurch ich mich sehr verbessert habe."

Schuldfrage bei Kollision 50:50

Trotz des erfolgreichen Stopps sollten Motorradwechsel im Trockenen nach Ansicht von Lorenzo nicht die Regel werden. "Für mich ist das keine gute Option. Ich wäre fast gestürzt, weil meine Karbon-Bremse zu kalt. Alles ist schlechter. Die Bremsen, die Reifen, die Boxenstopps - alles ist gefährlicher als in einem normalen Rennen."

Eine Runde nach Lorenzo kam auch Rivale Marquez an die Box. Als der Honda-Pilot die Box verließ, wurde es zwischen ihm und Lorenzo enger, als beiden Fahrern lieb war. "Wir kamen im gleichen Moment in der ersten Kurve an. Ich bremste zu spät und kam von der Linie ab. Er ist nach der Linie aber auch sehr schnell auf die Strecke zurückgekommen. Es war unmöglich, die Kollision zu vermeiden", sagt Lorenzo.

Die Schuldfrage sieht Lorenzo in diesem Fall bei 50:50. "Wir haben beide einen Fehler gemacht." Allerdings findet der Yamaha-Pilot, dass Marquez etwas zu aggressiv aus der Box auf die Strecke zurückgefahren ist. "Wenn man aus der Box kommt, sollte man schon darauf achten, wer in der Kurve ist. Und der Fahrer auf der Strecke hat Vorfahrt." Unter dem Strich zählt für den Spanier jedoch: "Zum Glück ist niemand gestürzt, aber es hätte schlimmer ausgehen können."


MotoGP auf Phillip Island

Meisterschaft ist wieder offen(er)

Rückblickend betrachtet war die brenzlige Situation sogar überflüssig, denn Marquez war eine Runde später als vorgeschrieben an die Box gefahren, woraufhin er von der Rennleitung mit der schwarzen Flagge disqualifiziert wurde. "Wir hatten Glück, ohne diesen Fehler wäre Marc Zweiter oder Erster geworden, denn er war sehr stark", atmet Lorenzo auf.

Durch den Fehler seines Konkurrenten spielt der 26-Jährigen nun im Kampf um die WM wieder eine größere Rolle. "Die Meisterschaftssituation hat sich völlig verändert. Vor dem Rennen hatten wir kaum noch eine Chance, vielleicht zwei oder drei Prozent. Jetzt sind die Chancen vielleicht auf 20 oder 30 Prozent gestiegen", schätzt Lorenzo. Bei noch zwei ausstehenden Rennen ist sein Rückstand auf 18 Punkte geschrumpft.

Dennoch sieht der Spanier weiterhin seinen jungen Landsmann in der Rolle des Favoriten: "Marc ist auf allen Strecken sehr konkurrenzfähig, selbst wenn er Zweiter oder Dritter wird, kann er die Meisterschaft gewinnen. Wir müssen versuchen, in Motegi und Valencia zu gewinnen und müssen dann abwarten, was passiert."