• 24.08.2009 16:34

  • von Roman Wittemeier

LCR und das neue Sponsorkonzept

LCR-Teamchef Lucio Cecchinello geht bei der Akquise von Sponsoren ganz eigene Wege: Wie der Playboy-Hase auf die Honda sprang

(Motorsport-Total.com) - LCR-Honda hat 2009 mit seinem Piloten Randy de Puniet nicht nur mit sportlich guten Leistungen auf der Strecke auf sich aufmerksam gemacht, sondern rückte aufgrund eines Sponsorkonzepts in den Fokus. Die Mannschaft war bei vielen Grands Prix von hübschen Frauen umschwärmt, auf der Kunden-Honda prangte der berühmte Playboy-Hase. Dieser Deal ist einem neuen Sponsorkonzept zu verdanken, welches Teamchef Lucio Cecchinello für 2010 weiter verfeinern möchte.

Titel-Bild zur News: Randy de Puniet

Randy de Puniet muss sich bei vielen Rennen auf neue Farben einstellen

"Als wir 2006 in die MotoGP kamen, war es ein ganz schwieriger Zeitpunkt", erinnert sich der Italiener auf 'motogpmatters.com'. In jenem Jahr durften die Tabakkonzerne zwar noch Sponsoring im Motorsport betreiben, "aber doch haben alle abgelehnt, weil sie nach einem Jahr sowieso Abschied hätten nehmen müssen". Cecchinellos Problem: Die Global Player waren anderweitig vergeben. Banken, Versicherungen, Getränkehersteller - alle hatten sich entweder an die Formel 1, die Fußball-Weltmeisterschaft oder Olympia gebunden.#w1#

"Wir sind als Team über die kleine und mittlere Klasse aufgestiegen. Also hatten wir auch nur Kontakte zu kleinen und mittleren Unternehmen als Sponsoren. Jetzt sollten wir plötzlich ohne Erfahrung die großen Unternehmen angehen. Das hat nicht funktioniert", erklärt der LCR-Teamboss. "Ich habe mir dann mal die Unterlagen der Dorna (MotoGP-Vermarkter; Anm. d. Red.) genauer angesehen. Dort sah ich, dass man die Namensrechte der Grands Prix einzeln vermarktet."

Jedes einzelne Rennen als Sponsoring-Plattform

Diese Idee übernahm Cecchinello fortan. "Ich dachte, ein solches Konzept kann man auch mit kleinen und mittleren Sponsoren stemmen. Mit den Leuten musste man nicht über ein extrem teures Gesamtpaket verhandeln, sondern über deutlich weniger. Ich möchte mal Zahlen nennen: Wir mussten dann nicht über 3,5 Millionen Euro sprechen, sondern nur über 200.000 Euro. Außerdem konnte wir zielgenauer auf die jeweiligen Märkte reagieren."

Randy de Puniet

In Laguna Seca war GIVI als Hauptsponsor auf der LCR-Honda präsent Zoom

Cecchinello machte also jenen Unternehmen mit Kernmarkt USA die beiden nordamerikanischen Grands Prix schmackhaft, in Europa waren beispielsweise hier ansässige Firmen im Fokus. "Der Vorteil ist auch, dass wir noch mehr Firmen die Vorzüge unseres Angebotes zeigen können. Wir konnten jeweils mit Firmen Deals abschließen, die genau am Rennort wichtige Kontate pflegen müssen und wollen. Wir haben damit einen Markt geöffnet, der vorher gar nicht da war."

Auf diesem Wege fand auf der Playboy-Hase seinen Weg auf die Kunden-Honda. Cecchinello schloss keinen Jahresvertrag mit dem Hauptgesellschafter, sondern legte einzelnen Landesverlagen des Playboy jeweils einen Vertrag für ein einzelnes Rennen vor. Das funktionierte. "Nachteil dieser vielen kleineren Deals ist natürlich, dass wir keinen klaren Markenauftritt haben. Wir versuchen das mit unserer Startnummer auf gelbem Grund und mit unseren weißen Rädern irgendwie zu kompensieren und eine Identität zu schaffen."

Ducati ist rot, Yamaha blau, Honda orange - so einfach ist es bei LCR-Honda nicht. Die Teamkleidung sieht eher aus wie eine mit Din-A-4-Zetteln zugeklebte Litfasssäule. "Aber es hat auch viele Vorteile", erklärt Cecchinello: "Wir haben die Last auf viele Schultern verteilt. Wenn ich einen Hauptsponsor habe, der mir mit 3,5 Millionen Euro rund 60 Prozent meines Budgets abdeckt, dann bin ich sehr abhängig. Wenn der den Stecker zieht und ich nicht schnellstens Ersatz finde, dann bin ich tot."

Sicherheit im finanziellen Bereich

Sollte sich einer jener kleinen oder mittleren LCR-Sponsoren überraschend verabschieden, "dann bin ich verletzt, aber nicht tot", meint der erfahrene Teamchef. "Außerdem ist es so, dass ich einen aktuellen Sponsor leichter davon überzeugen kann, noch ein Rennen dranzuhängen, anstatt bei einem anderen portenziellen Partner bei Null anfangen zu müssen." LCR hat unter anderem mit ELF, Arrow, Rizoma und MotoExpert neue Partner gewonnen.

Randy de Puniet

Am Sachsenring fuhr Randy de Puniet den Playboy-Hasen spazieren Zoom

Für 2010 will Cecchinello den nächsten Schritt gehen: "Ich kann nicht einfach eine E-Mail zu den Entscheidern schreiben und fragen, ob sie uns sponsorn möchten. Das geht nicht, ist nicht professionell und kein guter Stil." Also geht der LCR-Chef einen anderen Weg, um neue Kontakte zu knüpfen: "Ich habe unendliche viele Werbeagenturen angeschrieben. Ich habe ihnen klargemacht, was wir bieten können und wer wir sind. Ich habe ihnen geschrieben, dass sie sich melden sollen, wenn ein Partner in unserem Umfeld etwas machen will."

Für die Kontaktpflege mit den Werbeagenturen will LCR demnächst eine eigene Internetseite schalten, um dort alle Fragen um ein mögliches Engagement zu beantworten. Nächster Schritt: "Wir stellen das im September genauer vor, aber schonmal kurz vorab: Wir planen ein zweiteiliges Sponsoring. Wir sprechen da von einem Drittel als Sockelbetrag. Die anderen zwei Drittel ergeben sich erfolgsabhängig von der Präsenz im Fernsehen. Wir werten das aus und rechnen dann die entsprechende Sponsorsumme aus. Das ist natürlich gedeckelt, damit es nicht ins Uferlose geht, falls wir Weltmeister werden sollten. Ich bin sicher, ein solches Konzept wird von anderen Teams bald kopiert. Leider kann man sich so etwas nicht patentieren lassen."