• 08.06.2016 14:18

  • von Sebastian Fränzschky & David Emmett

Herve Poncharal frustriert: Tech 3 nur noch dritte Wahl

Der Tech-3-Teamchef sorgt sich um die Zukunft der Privatteams, weil sich die jungen Talente nur noch für die Werksteams interessieren

(Motorsport-Total.com) - Tech-3-Teamchef Herve Poncharal ist sauer. Der Franzose muss sich für die kommende MotoGP-Saison zwei neue Fahrer suchen, weil Bradley Smith und Pol Espargaro das Team aus eigenem Antrieb verlassen. Mit Jonas Folger fand Poncharal bereits einen Nachfolger für Smith. Unklar ist, wer Espargaros Yamaha erhalten wird.

Titel-Bild zur News: Bradley Smith

Das Tech-3-Team übt auf die jungen Moto2-Talente keinen großen Reiz aus Zoom

"Ich bin momentan sehr unzufrieden. Ich bin ein wirklich unzufriedener Teammanager. Bradley verloren wir bereits zu Saisonbeginn, Pol hat sich jetzt entschieden, uns zu verlassen", berichtet Poncharal und betont: "Ich bin ein bisschen besorgt." Der Tech-3-Teamchef muss sich gegen die Werksteams von Suzuki, Aprilia und KTM durchsetzen.

"Die Verantwortlichen leisten tolle Arbeit. Es geht in die richtige Richtung. Die Einheitselektronik war richtig. Wir haben ein Motorrad, dass so nah dran ist an der Werksmaschine wie noch nie", lobt Poncharal, warnt aber gleichzeitig: "Wir haben uns bemüht, Hersteller in die MotoGP zu locken. Das gelang uns. Es gibt nun vier Hersteller, die vor uns liegen. Zwei weitere Hersteller werden mit Sicherheit bald aufschließen."

Die Gründe für die Probleme

"Aus irgendeinem Grund gibt es jetzt einen Trend. Obwohl wir ein Motorrad haben, das sehr nah an der Werksmaschine dran ist, wollen alle jungen Fahrer für ein Werksteam fahren. Das ist schwierig für uns. Wir waren vor einigen Jahren B-Teams, doch jetzt sind wir C-Teams", stellt Poncharal fest. "Wir haben ein sehr starkes Motorrad, doch niemand möchte damit fahren."

Als bei Yamaha ein Nachfolger für Jorge Lorenzo gefunden werden musste, schauten sich die Verantwortlichen nicht bei Tech 3 um. Pol Espargaro reizte die Yamaha-Verantwortlichen nicht. "Ich sagte immer, dass wir für Yamaha eine Art Juniorteam sind. Doch das ist aktuell nicht mehr so, denke ich. Wann wechselte zuletzt ein Tech-3-Pilot ins Yamaha-Werksteam? Das war 2010, als Ben Spies für uns fuhr. Er war aber kein normaler Tech-3-Pilot, sondern stand bei Yamaha unter Vertrag", blickt Poncharal kritisch zurück.

Herve Poncharal

Teamchef Herve Poncharal sucht nach einem starken zweiten Fahrer Zoom

Espargaro sah sich nach einer Alternative um und unterschrieb genau wie Smith bei KTM. "Das verdeutlicht, welche Anziehungskraft die Werke haben", bemerkt Poncharal. "Keiner konnte die KTM sehen oder fahren. Es ist unklar, wie viel Zeit sie benötigen, um den Anschluss zu finden. Beide bevorzugten es, Neuland zu betreten, um eine Werksmaschine zu fahren, anstatt eine werksunterstützte Yamaha zu fahren, die beinahe auf dem Niveau der Werksmaschinen ist."

Poncharal ist ratlos

"Was können wir machen, um ein junges Talent zu überzeugen? Ich könnte es verstehen, wenn unsere Fahrer zu Yamaha, Honda oder Ducati wechseln. Geld spielt sicher auch eine Rolle, das kann man keinem verübeln", grübelt der Tech-3-Teamchef, der sich um das Standing seines Teams sorgt: "Ich erinnere mich an 2012, als wir acht Podestplätze pro Jahr einfuhren. Das hat sich geändert. Es ist ein Teufelskreis. Ich sorge mich um die Zukunft der Privatteams. Ich weiß nicht, was wir tun können."

"In unserem Sport machen die Fahrer den Unterschied aus. Alle Fahrer, die um Siege oder Podestplätze kämpfen könnten, interessieren sich ausschließlich für die Werksteams. Das ist eine harte Zeit", betont Poncharal, der von Yamaha gutes Material erhält. Dennoch tut sich der erfahrene Franzose schwer, Fahrer für sein Team zu begeistern.

Pol Espargaro

Pol Espargaro folgt Bradley Smith nach der laufenden Saison zu KTM Zoom

"Wir konzentrierten uns immer auf das Material und wollten immer die aktuellsten Komponenten bereitstellen. Die Fahrer machen den Unterschied aus. Das wissen wir. Deswegen hat Ducati sehr viel Geld investiert", spielt er die Verpflichtung von Lorenzo an. "Die Spitzenfahrer haben sehr hohe Gehälter. Die Fahrer sind entscheidend. Unsere Zukunft sieht nicht besonders rosig aus, weil wir diese Fahrer nicht verpflichten können. Was wir tun können? Ich weiß es nicht."