• 08.08.2008 17:18

Furusawa: "Rossi ist ein Genie!"

Im Teaminterview bilanziert Yamaha-Chef Masao Furusawa die erste Saisonhälfte: Entwicklung der M1, weitere Ziele und Lob für die Fahrer

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Was war die größte Änderung an der M1 in diesem Jahr?"
Masao Furusawa: "Im Vergleich zur 2007er-M1 haben wir an der 2008er-Maschine einiges geändert und wir haben sie sehr verbessert. Valentino Rossi ist mit unserer Arbeit bisher zufrieden. Die größte Veränderung hat nur Valentino betroffen - der Wechsel des Reifenlieferanten. Nach dem Wechsel hat er sich zunächst schwer getan, das Beste aus den neuen Reifen herauszuholen und natürlich hatten wir keine Daten. Valentino hatte jedoch schon im vergangenen Jahr vorausgesagt, dass der Wechsel der Reifen für ihn richtig sei und er hat Recht behalten, auch wenn wir nicht vorhersagen konnten, wie anders sich die Reifen verhalten würden."

Titel-Bild zur News: Masao Furusawa

Masao Furusawa zieht eine positive Bilanz der ersten Saisonhälfte

Frage: "Was haben Sie an Valentinos Maschine noch verändert?"
Furusawa: "Wir mussten viel am Chassis-Setting arbeiten und wir haben auch die Geometrie geändert, um mit den Reifen eine gute Balance zu bekommen. Da wir statt 990 nun 800 Kubikzentimeter haben, war ein höherer Kurvenspeed nötig, um bessere Rundenzeiten zu fahren und gewinnen zu können. Deshalb haben wir viele Chassis-Settings ausprobiert, um die beste Geometrie, den besten Schwerpunkt, die beste Sitzposition, den besten Radstand, die beste Steifheit und so weiter zu finden."#w1#

Das richtige Set-Up gefunden

Frage: "Waren die Entwicklungen seit dem Saisonstart erfolgreich?"
Furusawa: "MotoGP-Maschinen sind keine Serien-Motorräder und deshalb sage ich immer, dass Valentino, Jorge (Lorenzo; Anm. d Red) und alle anderen MotoGP-Piloten eigentlich übermenschlich sind! Valentino war mit jedem Rennen zufriedener und wir haben das ideale Set-Up für ihn gefunden, mit dem er dreimal in Folge gewinnen konnte. Seitdem haben aber auch Casey Stoner und sein Team neue Lösungen gefunden, mit denen sie einen großen Schritt nach vorn gemacht haben. Die restlichen Rennen werden jetzt natürlich sehr hart, auch wenn wir nach dem tollen Sieg in Laguna Seca immer noch einen komfortablen Vorsprung von 25 Punkten haben."

"Die tolle Performance unseres Gegners motiviert uns alle, unsere M1 weiter zu verbessern." Masao Furusawa

Frage: "Was ist hinsichtlich der Entwicklung das Ziel für den Rest der Saison?"
Furusawa: "Die tolle Performance unseres Gegners motiviert uns alle, unsere M1 weiter zu verbessern, vielleicht sogar noch mehr als das im Winter der Fall war. Ich würde vor allem gern beim elektronischen Kontrollsystem und bei der Motorleistung Fortschritte machen. Am Chassis müssen wir im Augenblick nicht weiter arbeiten, auch wenn das etwas ist, auf das wir uns für die kommende Saison wieder konzentrieren müssen. In letzter Zeit hatten wir Probleme beim Herausbeschleunigen aus den Kurven, deshalb müssen nicht nur an der Entwicklung der Motorkontrolle, sondern auch an Geometrie und Chassis-Setting arbeiten."

Unfälle bereiten Sorgen

Frage: "Was denken Sie über die Elektronik in der MotoGP? Müssen die Regeln geändert werden?"
Furusawa: "Darüber wird im Moment viel diskutiert und wir beobachten die Situation auch und fragen uns: Muss das Reglement geändert werden? Es stimmt, dass es in diesem Jahr viele Unfälle gegeben hat. Betroffen waren auch Jorge, der eine üble Serie von Unfällen hatte, und Dani Pedrosa. Die Frage ist, ob diese Unfälle etwas mit der aktuellen Technologie zu tun haben. Wir sind von 990 auf 800 Kubiszentimeter übergegangen, um sicherere Maschinen zu haben, aber die neuen Maschinen haben eine höhere Kurvengeschwindigkeit und das könnte für manche Fahrer gefährlich werden."

"Ich denke immer noch, dass die M1 die beste Maschine ist." Masao Furusawa

"Ich denke, dass wir etwas unternehmen müssen. Das größte Problem ist das elektronische Kontrollsystem. Klar ist auf jeden Fall, dass wir bei Yamaha ein immer besseres ECS entwickeln müssen, um unsere Gegner zu schlagen. Ich denke immer noch, dass die M1 die beste Maschine ist, auch wenn Casey eine Reihe beeindruckender Ergebnisse geholt hat."

Das spezielle Verhältnis zu Rossi

Valentino Rossi

Valentino Rossi kann seinen Chef immer wieder begeistern Zoom

Frage: "Valentino hat seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert und hat als einen der Hauptgründe, warum er bei Yamaha bleibt, sein gutes Verhältnis zu Ihnen angegeben. Wie sehen Sie das Verhältnis zu ihm?"
Furusawa: "Der Grund, warum ich immer zuversichtlich bin, ist dass ich Valentino so sehr vertraue! Ich mag seine Denkweise, er ist immer positiv eingestellt und das reißt alle anderen mit. Er beschwert sich nie und kritisiert nichts; im Gegenteil, er schaut immer nach vorn und sucht nach neuen Lösungen! Er geht Probleme genauso an wie ich. Wie ich denkt er immer positiv und logisch. Er hat einen tollen Sinn für Humor und das mag ich. Ich mag ihn auch als Mensch sehr. Es ist wirklich schade, dass ich fast doppelt so alt bin wie er, aber unsere Denkweise ist die gleiche! Der einzige Unterschied ist, dass er erst 29 ist. Als ich 29 war, habe ich nie über Taktik und Strategie nachgedacht! Ich habe großen Respekt vor ihm. Er ist das Genie, das hinter der Maschine steht."

"Ich bin sicher, dass Jorge in Zukunft in der MotoGP dominieren wird." Masao Furusawa

Frage: "Welchen Eindruck haben Sie bisher von Jorge?"
Furusawa: "Ich mag Jorge sehr gern, er ist ein toller Kerl und ein sehr guter Fahrer. Um ehrlich zu sein, ist er ganz anders als ich erwartet hatte, bevor er zu Yamaha kam. Ich war beeindruckt von seiner Reife und seinem fließenden Englisch. Er ist sehr klug, klüger als ich erwartet hatte! Ich bin sicher, dass Jorge in Zukunft in der MotoGP dominieren wird. Wir sind ohne Ambitionen in die Saison gestartet, wir dachten, dass es für ihn zu früh wäre, ein Rennen zu gewinnen, da er ja noch ein Rookie war. Er sollte einfach seine M1 kennenlernen. Aber dann hat er uns mit drei Pole Positions in Folge und seinem Sieg überrascht. Alles kam viel schneller, als wir erwartet hatten. Seine Saison hat bisher alle Erwartungen übertroffen, aber er hat natürlich auch seine Probleme, an denen wir arbeiten."

Kein Druck auf Lorenzo

Frage: "Wie hat Jorge auf seine Unfälle reagiert?"
Furusawa: "Nach seinen schweren Unfällen hat er seinen Fahrstil etwas verändert. Er wollte mehr Vertrauen in die Elektronik gewinnen. Vor dem Unfall in Laguna Seca hat er sich erholt und hat angefangen, einen anderen Umgang mit einer MotoGP-Maschine zu finden. Es war sehr schade, dass er in Laguna wieder einen Unfall hatte, das war großes Pech und ein weiterer Rückschlag. Aber ich bin für den Rest der Saison weiter zuversichtlich. Wir werden nun allerdings keinen Druck auf ihn ausüben, in seinem Lernprozess besteht kein Grund zur Eile."

"Valentino ist die Gegenwart und Jorge ist die Zukunft." Masao Furusawa

Frage: "Was denken Sie über das aktuelle Team?"
Furusawa: "Mit Jorges neuem Crew-Chief, Ramon Forcada, der in diesem Jahr zu uns gekommen ist, bin ich sehr zufrieden. Ebenso wie Jeremy Burgess ist er ein guter Crew-Chief. JB ist ein umgänglicher und intelligenter Kerl, er schert sich nicht um politische Korrektheit - wie ich! Er und Ramon bringen ihre Erfahrungen mit der neuen Technologie sehr gut zusammen. Vor allem was Jorges Maschine angeht, bin ich immer gut informiert, denn ich spreche viel mit Ramon darüber, was er macht."

"Unser gesamtes Team besteht aus guten Leuten und harten Arbeitern! Was unsere Fahrer angeht, haben wir starke Waffen: Valentino ist die Gegenwart und Jorge ist die Zukunft."