Ducati: Der für 2015 angestrebte Sieg rückt in weite Ferne

Andrea Iannone lässt Teamkollege Andrea Dovizioso auch in Brünn alt aussehen - Die GP15 hat den Anschluss an die Yamaha M1 und die Honda RC213V verloren

(Motorsport-Total.com) - "Ein Sieg", so lautete das Ziel von Ducati-Corse-Chef Luigi Dall'Igna bei der Präsentation der neuen GP15 vor dem Saisonstart. Das ehrgeizige Saisonziel sorgte für hochgezogene Augenbrauen. Nach vier sieglosen Jahren sollte die Desmosedici endlich wieder für einen Sieg gut sein? Doch mit drei zweiten Plätzen in Folge untermauerte Andrea Dovizioso das Potenzial der 2015er-Ducati. Zwischenzeitlich war sogar die WM-Führung in greifbarer Nähe.

Titel-Bild zur News: Andrea Dovizioso

Durststrecke: Seit Ende Mai schaffte es kein Ducati-Pilot auf das Podium Zoom

Doch Ducati verlor das Ziel nach der Rückkehr nach Europa etwas aus den Augen. Nach dem Heimspiel in Mugello taten sich die Werkspiloten schwer. Seit Ende Mai schaffte es kein Ducati-Pilot auf das Podium. In der Meisterschaft rutschte Dovizioso bis auf Position sechs ab. Teamkollege Andrea Iannone ist dank konstanter Ergebnisse immerhin WM-Vierter. Zudem scheint der junge Italiener teamintern zur Nummer eins aufzusteigen. Bei den vergangenen sechs Rennen kam Iannone vor Dovizioso ins Ziel.

Auch in Brünn setzte sich Iannone durch. "Es war ein sehr guter Tag, denke ich", bemerkt er nach Platz vier. "Ich hatte ein sehr gutes Gefühl für das Motorrad und kam gut zurecht. Ich konnte sehr stark pushen und war sehr motiviert. Wir konnten das Motorrad verglichen mit den vergangenen fünf Rennen an diesem Wochenende stark verbessern. Das ist sehr wichtig für die Zukunft."


Fotos: Ducati, MotoGP in Brünn


"Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Mein oberstes Ziel ist es, bester Ducati-Pilot zu sein", betont Iannone. "Doch ich möchte natürlich auch mit den schnellsten Fahrern kämpfen können. Dovi ist ein sehr starker Fahrer. Ich denke, er ist stärker als die aktuellen Ergebnisse zeigen. Ich konnte im Rennen mit ihm mithalten und war in den Bremszonen stärker. Das half mir, mit ihm zu kämpfen. Ich bin sehr froh, dass ich vor ihm ins Ziel kam."

Dovizioso sucht das Gefühl vom Saisonbeginn

Während Iannone mit dem Gefühl für seine Desmosedici zufrieden war, stufte Dovizioso den Tag als Enttäuschung ein: "Ich hatte im Rennen kein gutes Gefühl für das Motorrad. Dafür ist das Ergebnis nicht so schlecht", erklärt er nach Platz sechs beim Tschechien-Grand-Prix. "15 Sekunden Rückstand sind nicht allzu schlimm."

Andrea Dovizioso

Andrea Dovizioso freut sich auf den Test in Misano und möchte Lösungen finden Zoom

"Ich habe nicht das Gefühl für das Motorrad, das ich zu Saisonbeginn hatte. Ich kann nicht am Limit pushen und dabei sanft genug fahren. Es wäre aber sehr wichtig, so zu fahren", betont der MotoGP-Routinier. "Es war ein weiteres wichtiges Wochenende, um das Motorrad zu entwickeln und zu verstehen. Die Bedingungen im Rennen waren für alle Fahrer schwierig. Wir haben es gut gemeistert. Unser Motorrad ist gut, doch es reicht nicht, um an der Spitze zu fahren."

Gegen Rennende lief Honda-Werkspilot Dani Pedrosa auf Dovizioso auf und konnte sich durchsetzen. "Der Kampf war nicht besonders toll, denn ich war zu dem Zeitpunkt nicht mehr konkurrenzfähig und konnte keine hohen Kurvengeschwindigkeiten fahren", bedauert Dovizioso. "Ich war beim Bremsen und auf den Geraden stark, doch um mit Dani zu kämpfen, musste ich sehr hart in die Kurven bremsen. Dabei verlor ich sehr viel Tempo im Kurvenscheitel."

Kurvengeschwindigkeiten zu niedrig

"Die Schwachstelle war das Tempo im Kurvenscheitel", unterstreicht "Dovi", der einige Runden hinter der Yamaha von Valentino Rossi fuhr. "Als ich hinter Valentino fuhr, konnte ich unsere Probleme in den Kurven gut erkennen. Unterm Strich war er nicht besonders schnell, doch im Kurvenscheitel war er deutlich schneller. Unser Motorrad lenkt nicht so gut ein wie die Yamaha und die Honda. Wenn die Haftung niedrig ist, wie hier in Brünn, dann wird es für uns noch schwieriger."

Valentino Rossi

In den Kurven konnten Dovizioso und Ianonne nicht mit Rossi mithalten Zoom

Iannone bestätigt diese Eindrücke: "Vale war im Kurvenscheitel schneller als ich. Es ist aber normal, dass die Yamaha in der Mitte der Kurve sehr schnell ist. Das Motorrad hat am Kurvenausgang beim Aufrichten sehr viel Traktion. Auf den ersten Metern ist die Yamaha beim Beschleunigen schneller. Diesen Bereich wollte ich mit meinen Ingenieuren verbessern, weil das die Stärke meines Fahrstils ist. Es ist einfacher für mich, wenn das Motorrad in diesem Bereich stark ist."

"Durch den starken Motor bin ich aber nach einem oder zwei Gangwechseln schneller und kann vorbeiziehen", lobt Iannone den V4-Motor seiner Desmosedici. In Brünn erhielten die Ducati-Werkspiloten neue Verkleidungsteile. Diese sollten den Topspeed weiter verbessern. "Ich kann nicht genau beurteilen, welchen Anteil die Verkleidung hat. Wir sind auf den Geraden sehr schnell. Ich weiß aber nicht, ob das an der Verkleidung liegt oder einfach nur auf den kraftvollen Motor zurückzuführen ist", grübelt Dovizioso.

Ducati liefert neue Teile

Neben der neuen Verkleidung gab es auch eine neue Sitzeinheit. "Ich probierte in Brünn zwei unterschiedliche Sitzpositionen aus. Zudem testete ich eine umfassende Änderung am Chassis. Der neue Sitz ist etwas tiefer. Ich probierte ihn beim Test in Misano zum ersten Mal", berichtet Iannone. "Ich hatte hier ein gutes Gefühl mit dieser Neuerung. Dieser Sitz fordert eine andere Chassis-Abstimmung, damit er richtig funktioniert. Beim Bremsen konnte ich mich stark verbessern. Das Motorrad lässt sich deutlich besser verzögern."

Andrea Iannone

Andrea Iannone denkt, dass Ducati in Silverstone konkurrenzfähiger ist Zoom

Als Vorbereitung für das zweite Heimrennen der Saison in Misano wird Ducati erneut auf dem Kurs testen. Dovizioso fiebert dem Test besonders entgegen: "Ich freue mich, am kommenden Montag in Misano zu testen. Dieser Test ist eine Vorbereitung für das Rennwochenende in Misano. Wir werden den Test aber auch nutzen, um mein Gefühl für die Maschine zu verbessern."

Silverstone sollte der Ducati besser liegen. Hohe Topspeeds sind auf dem Kurs sehr wichtig. Kann die Desmosedici ihre Stärke ausspielen und Iannone und Dovizioso wieder in Podestnähe bringen? "Silverstone hat lange Geraden. Die Geschwindigkeiten sind dort sehr hoch. Ich hoffe, dass wir durch den neuen Motor näher dran sind", so Iannone.